Essen. Der neue „Königshof“ in der Essener Innenstadt nimmt Gestalt an. Allerdings haben mehrere „Überraschungen“ den Umbau verzögert.

Passanten am Essener Willy-Brandt-Platz müssen sich an den Absperrungen entlang schieben. Die Baustelle des künftigen Königshofes dort ist raumgreifend. Der Platz am ehemaligen Kaufhof-Gebäude muss derzeit aufwendig abgedichtet werden. Denn Wasser dringt von der Oberfläche in das Untergeschoss.

Arbeiten, die ursprünglich so nicht geplant waren und den Zeit- und auch den Finanzplan des Immobilien-Eigentümers, der Kölner Koerfer-Gruppe, über den Haufen geworfen haben. Allein diese Abdichtungen verteuern das Projekt um rund sechs Millionen Euro. „Wir kannten die Undichtigkeiten, allerdings nicht in dieser Dimension“, berichtete Geschäftsführer Michael Gluth am Montag (25. 9.) bei einer Baustellenbegehung. Wie hoch am Ende die Kosten liegen werden, will Gluth nicht genau beziffern. Spricht lediglich von einem mittleren bis oberen zweistelligen Millionenbetrag. Ursprünglich hatte die Koerfer-Gruppe 47 Millionen Euro für die Sanierung veranschlagt.

Eröffnung für neuen „Königshof“ in Essen verzögerte sich

Beim Baubeginn Ende 2020 prognostizierte die Koerfer-Gruppe die Eröffnung für das umgebaute Kaufhaus noch für Ende 2023, korrigierte dies später aufs erste Quartal 2024. Doch auch dieser Termin ist angesichts von Überraschungen auf der Baustelle längst nicht mehr zu halten. „Wir werden nach den Sommerferien 2024 eröffnen“, kündigt Gluth nun an. Dann wird die Markthalle mit über 40 Ständen im Erdgeschoss fertig sein; werden Aldi Nord sowie der türkische Supermarkt „Erdemli“ ihre Flächen im Untergeschoss bezogen haben.

Michael Gluth, Geschäftsführer der Koerfer-Gruppe, steht auf der umlaufenden Dachterrasse in der fünften Etage des neuen „Königshofes“. Die oberen Büroflächen mit einem Blick über die Innenstadt, sind noch nicht vermietet, Gespräche aber liefen, heißt es.
Michael Gluth, Geschäftsführer der Koerfer-Gruppe, steht auf der umlaufenden Dachterrasse in der fünften Etage des neuen „Königshofes“. Die oberen Büroflächen mit einem Blick über die Innenstadt, sind noch nicht vermietet, Gespräche aber liefen, heißt es. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

In den oberen Etagen wird es dagegen keinen Einzelhandel mehr geben. Dort entstehen auf 9600 Quadratmetern Büros und „Multifunktionsflächen“. Etwa die Hälfte davon sei vermietet, für den Rest der Flächen liefen Gespräche. Wer außer der schon bekanntgegebenen Zahnklinik noch einziehen wird? Gluth nennt dazu noch keine Namen.

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen erschweren Bürovermietung

Fakt ist, dass die Vermietung der Büroflächen nicht so schnell vorangekommen ist, wie ursprünglich erhofft. Zinsentwicklung und Inflation lassen Unternehmen zurückhaltender werden. Entscheidungen dauern länger. Nicht selten würden zwischen Erstgespräch und Vertragsabschluss zwölf Monate vergehen, berichtet Gluth. Je näher aber nun der Fertigstellungstermin rücke, desto stärker werde das Interesse an den noch freien Büroflächen, so der Koerfer-Chef.

Das steigt auch deshalb, weil der „Königshof“ momentan die einzige Baustelle in der Stadt ist, wo neue Büroflächen entstehen, die noch nicht vermietet sind. „Wer Neubauflächen sucht, kommt an uns nicht vorbei“, sagt Gluth. Corona und die Ausweitung von Homeoffice haben den Büromarkt zwar nicht abgewürgt, aber Unternehmen würden sich tendenziell kleiner setzen und nutzten dies als Chance, umzuziehen. Auch eine höhere Qualität der Büros sei gefragt, weil Unternehmen ihren Mitarbeitern die Rückkehr ins Büro schmackhaft machen wollen. „Was die Vermietung der restlichen Büroflächen angeht, mache ich mir keine Sorgen“, betont Gluth.

Mit „Königshof“ soll auch der Willy-Brandt-Platz belebt werden

Dort, wo früher Rolltreppen die Kunden und Kundinnen des Kaufhofes transportierten, entstand ein großzügiger Lichthof.
Dort, wo früher Rolltreppen die Kunden und Kundinnen des Kaufhofes transportierten, entstand ein großzügiger Lichthof. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Mittlerweile kann sich der Besucher ein gutes Bild machen, wie der „Königshof“ aussehen wird. Das Atrium, das anstelle der ehemaligen Kaufhaus-Rolltreppen entstand, ist fertig und lässt viel Tageslicht ins Innere. Die Fassade in Natursteinoptik, die an das alte Defaka-Haus erinnern soll, ist angebracht. Im Inneren sind die Bauarbeiter dabei, die Gebäudetechnik zu verlegen.

Wenn der „Königshof“ eröffnet, dann soll sich das Leben nicht nur im Inneren abspielen. Mit der neuen Markthalle, die auch ein Brauhaus beherbergen wird, werde es eine größer angelegte Außenbestuhlung geben. „Und ich wünsche mir, dass es ein regelmäßiges Programm auf dem Platz gibt“, so Gluth. Der jetzige Obststand, der bislang auf dem Willy-Brandt-Platz zu finden ist, werde im Übrigen mit in die Markthalle ziehen.

Blick vom Dach des Königshofes. Hier ist gut zu erkennen, wie der Willy-Brandt-Platz derzeit abgedichtet wird.
Blick vom Dach des Königshofes. Hier ist gut zu erkennen, wie der Willy-Brandt-Platz derzeit abgedichtet wird. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Für Oberbürgermeister Thomas Kufen ist der Umbau des ehemaligen Kaufhofes zu einem Büro- und Geschäftshaus ein gutes Beispiel dafür, wie hier die Weichen frühzeitig in Richtung Zukunft gestellt wurden. Auch Michael Gluth meint rückblickend, dass der Rückzug von Kaufhof neue Chancen für die Koerfer-Gruppe eröffnet habe. „Da wir schnell mit dem Umbau begonnen haben, sind wir jetzt gegenüber anderen Standorten, die vor der gleichen Herausforderung stehen, zeitlich im Vorteil“, betont er.