Essen. Die Kanalisation in Essen war zuletzt beim Starkregen überlastet. Ein Stadtwerke-Sprecher erklärt jetzt, warum sich das nicht vermeiden lässt.

Die Kanalisation in Essen war beim Starkregen Mitte August hoffnungslos überlastet, das Wasser drückte nach oben, der Feuerwehr flogen auf der Fahrt zum Einsatz die Gullydeckel entgegen. Im Stadtteil Stoppenberg stand das Wasser in der Straße Graitenweg zwischenzeitlich 20 Zentimeter hoch im Erdgeschoss der Häuser.

Im Interview erklärt Roy Daffinger, Unternehmenssprecher für den technischen Bereich der Stadtwerke Essen, wie das Kanalsystem in Essen funktioniert, wie oft es gewartet wird und warum man es nicht einfach vergrößern kann.

Starkregen dieser Art nur alle 100 Jahre in Essen

Wie bereiten sich die Stadtwerke auf Starkregenereignisse in Essen vor?

Daffinger: Das ist nur in sehr begrenztem Maße möglich. Die Kanalisation wird so ausgelegt, dass sie das Regenwasser von Ereignissen einer bestimmten Größenordnung ableiten muss. Diese ergibt sich aus der statistischen Wiederkehrhäufigkeit von Regenereignissen, berücksichtigt aber auch die topographischen und klimatischen Bedingungen am Standort. Außerdem wird in dieser Analyse auch die Entwicklung des Niederschlagsverhaltens über einen langen Zeitraum berücksichtigt. Bis zu diesen Bemessungsgrenzen funktioniert das Kanalnetz.

Wie oft tritt ein Starkregen, wie ihn die Essener in der Nacht zum 17. August erlebt haben, auf?

Nach Auswertung der Niederschlagsaufzeichnungen tritt so ein Ereignis seltener als alle 100 Jahre an einem Ort auf. Innerhalb von etwa 45 Minuten fiel mit 50 Litern pro Quadratmeter mehr als die Hälfte des Regens, der normalerweise im Monat Juli fällt (rund 80 Liter pro Quadratmeter).

Das Kanalnetz war also dafür nicht ausgelegt?

Für Regen dieser Größenordnung ist kein Kanalnetz ausgelegt und kann auch nicht ausgelegt werden. Das Kanalnetz kann bei extremem Starkregen nur eine begrenzte Menge Abwasser ableiten und besitzt darüber hinaus keine wesentlichen Ableitungsfunktionen mehr.

Roy Daffinger, Unternehmenssprecher für den technischen Bereich der Stadtwerke Essen: „Eine optische Kontrolle der Kanäle erfolgt mindestens alle zwei Jahre.“
Roy Daffinger, Unternehmenssprecher für den technischen Bereich der Stadtwerke Essen: „Eine optische Kontrolle der Kanäle erfolgt mindestens alle zwei Jahre.“ © FUNKE Foto Services | Jan Weber

Kanalsystem in Essen wird nach festgelegten Intervallen überprüft

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Manche Kanäle in Essen sind schon sehr alt. Wie stellt Ihr Team sicher, dass die Bauwerke nicht marode sind?

Um die Funktionsfähigkeit der Kanalisation zu gewährleisten, werden Kanäle, Schächte und Bauwerke in festgelegten Intervallen durch die Stadtwerke überprüft. Für die Kanalisation gilt beispielsweise, dass diese mindestens alle 15 Jahre mit einer Kamera befahren wird. Eine optische Kontrolle erfolgt mindestens alle zwei Jahre.

Wie lange hält ein klassischer Abwasserkanal?

Für einen Kanal gehen wir von einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 80 Jahren aus. Im Zuge der Erstellung von Sanierungsplänen werden Bereiche identifiziert, die innerhalb eines vorgesehenen Zeitrahmens saniert werden sollen. Diese Maßnahmen fließen in das Abwasserbeseitigungskonzept der Stadt ein, dessen Umsetzung alle sechs Jahre durch den Rat beschlossen wird.

Wenn die Kanalisation überlastet ist, können Regenrückhaltebecken helfen. Wie viele gibt es in Essen?

In Essen gibt es 75 Rückhalteanlagen, die durch die Stadtwerke Essen betrieben werden. Eine öffentlich zugängliche Karte kann nicht bereitgestellt werden, da es sich hier um Anlagen der kritischen Infrastruktur handelt. Darüber hinaus existieren Rückhalteanlagen der Abwasserverbände Emschergenossenschaft und Ruhrverband.

Sind Kanäle, die neu gebaut werden, größer als früher?

Die Kanäle werden nach aktuell ermittelten Bemessungsfällen dimensioniert. Dies kann – sowohl vor dem Hintergrund der zukünftig zu erwartenden Mehrbelastung durch Niederschläge als auch im Zusammenhang mit Umstrukturierungen im Netz – zu veränderten Kanaldimensionen führen.

Damit Kanäle nicht immer größer und teurer werden müssen, haben sich Städte und Abwasserverbände verpflichtet, die über das Kanalnetz abzuleitende Abwassermenge zu reduzieren. Dazu sollen Flächen, von denen bislang Regenwasser ins Kanalnetz geleitet wurden, abgekoppelt werden. Das Regenwasser muss dann über andere Wege in ein Gewässer abtransportiert werden.

Störungsnotdienst der Stadtwerke

Sollten Anwohnern Störungen im Kanalnetz feststellen, etwa, wenn es aus einem Gullydeckel heraus stinkt, können sie diese an den rund um die Uhr dem Störungsnotdienst der Stadtwerke Essen melden: 0201 85113-99.

Sollten Bürger und Bürgerinnen merken, dass Gullys etwa durch Laub oder Schmutz verstopft sind, können sie das auch über den Mängelmelder der Stadt Essen melden: https://maengelmelder.essen.de/.