Essen-Altenessen. Die Stadt hat Pläne für die Kutel-Bebauung gestoppt. Das Gelände liegt brach. Obdachlose nutzen es als Unterschlupf. Es droht weiterer Verfall.
Ab und zu wird die Feuerwehr zum ehemaligen Milchhof Kutel am Palmbuschweg in Altenessen gerufen. So auch am Dienstag, 9. Mai. In dem Verwaltungsgebäude war ein Teppich in Brand geraten. Zwei Personen mussten nach Angaben der Feuerwehr mit der Drehleiter aus dem Obergeschoss gerettet werden. Sie hatten dort offenbar Unterschlupf gefunden. Ein Wohnhaus ist die Immobilie nicht. Vielmehr liegt das Gelände seit 2001 brach. Pläne für Einzelhandel, Hotelbetrieb und 200 Wohneinheiten hatte die Stadt im vergangenen Jahr gestoppt. Auch in diesem Jahr wird nach Angaben von Baudezernent Martin Harter nichts Sichtbares passieren.
Lost Place Kutel: Unkraut und Gras übernehmen Herrschaft in Altenessen
Autofahrer sehen somit am Palmbuschweg noch den grünen „Kutel“-Schriftzug mit den Kuh-Köpfen auf dem Gebäude hinter dem rostigen, schweren Eisentor. Und sie sehen, wie Gras und Unkraut langsam die Herrschaft auf dem drei Hektar großen Grundstück übernehmen. Falls man einen Sündenbock für diesen Zustand suchen müsste, müsste man allerdings die Verkehrsbelastung und den Autoverkehr selbst benennen. Das ist seit jeher das Hauptproblem rund um den Palmbuschweg.
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Durch die geplante Bebauung würde das Altenessener Verkehrsnetz täglich durch zusätzliche 8450 Autofahrten belastet, hatte die Stadt im vergangenen Jahr erklärt. Selbst unter Zugrundelegung eines Mobilitätskonzeptes und der Annahme, dass sich der Anteil von Autoverkehr, Radverkehr, Öffentlichem Personennahverkehr und Wegen, die zu Fuß zurückgelegt werden, in Zukunft gleichmäßig auf je 25 Prozent verteilt, würden die zulässigen Grenzwerte für die Lärm- und Luftbelastung überschritten. Das vorgelegte Verkehrskonzept überzeugte die Verantwortlichen nicht. Das städtische Umweltamt wie auch die Bezirksregierung Düsseldorf hatten deshalb Bedenken gegen das Bauvorhaben.
Landesumweltamt führt ein Jahr lang Messungen am Altenessener Milchhof durch
Als Folge dessen misst das Landesumweltamt (LANUV) jetzt noch einmal genau nach wie hoch die Feinstaubbelastung tatsächlich ist. Und zwar ein Jahr lang. Die gute Nachricht: Das erste halbe Jahr ist schon fast geschafft. Die schlechte Nachricht: Die Werte sind – wenig überraschend – nicht überragend. Sie bewegen sich an der Grenze dessen, was gesetzlich erlaubt ist. Erst wenn die Ergebnisse eines ganzen Kalenderjahres vorliegen, also Anfang 2024, kann nach Angaben von Stadtsprecher Burkhard Leise weiter über das Bebauungsplanverfahren „Palmbuschweg/Milchhof“ diskutiert werden.
Baudezernent Martin Harter prognostiziert aber schon jetzt: „Eine größere städtebauliche Entwicklung wird an der Stelle schwierig.“ Abgesehen von Hotels, Wohnungen und Gewerbe war dort zuletzt auch die Errichtung eines Berufskollegs im Gespräch. Die Stadt hatte außerdem darüber nachgedacht, dem Investor das Grundstück abzukaufen. Dazu Martin Harter: „Es gibt keine Verkaufsbereitschaft zu einem vernünftigen Kurs.“
Altenessener fordern Vision für ihren Stadtteil
Altenessener fordern schon lange einen – Achtung Reizwort – Masterplan für ihren Stadtteil. Gemeint ist eine Planung aus einem Guss, die vom Stauderkreisel im Norden bis zur Erbslöhstraße im Süden des Stadtteils verschiedene Grundstücke, Pläne und Projekte städtebaulich in den Blick nimmt. Das Potenzial des Stadtteils werde nicht ausgeschöpft, weil Projekte nicht entwickelt werden: „Altenessen-Süd braucht eine neue Mitte“, hatte Peter Arndt-Wülfing, Vorsitzender der Interessensgemeinschaft im vergangenen Jahr gesagt.
In Altenessen gibt verschiedene Ideen für kleinere und große Bauprojekte. Doch einige Pläne stecken noch in den Kinderschuhen, wie das Wohnquartier auf dem Baggerübungsplatz, andere sind noch nicht ausgearbeitet, wie die Zukunft des Recyclinghof-Geländes an der Lierfeldstraße und wieder andere mussten gestoppt werden, wie eben die Pläne für das Kutel-Grundstück.
Auch diesem Masterplan erteilt der städtische Baudezernent Martin Harter im Gespräch mit der Redaktion eine Absage – solange kein vernünftiges Verkehrskonzept vorgelegt werde. Und das könne nur mithilfe der LANUV-Werte erarbeitet werden, auf die gelte es nun zu warten.
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