Essen. Die Mitarbeiter sind bestürzt: Anfang 2024 schließt Karstadt im Limbecker Platz Essen. Das Center hat sich auf den Tag indes schon vorbereitet.

Das Aus für Karstadt im Limbecker Platz hat bei den Beschäftigten für große Bestürzung gesorgt. „Es ist erschreckend, zumal die Vorzeichen eigentlich ganz gut waren“, sagte die Betriebsratsvorsitzende Sandra Türnau in einer ersten Reaktion. Die Belegschaft hatte offenbar große Hoffnung darin gesetzt, dass die Essener Filiale zu den moderneren Häusern des angeschlagenen Warenhauskonzerns zählt. „Die Filiale hat sich zudem gut entwickelt“, erklärte die Betriebsratsvorsitzende.

Karstadt Essen ist eine von bundesweit 52 Filialen, die der Galeria-Konzern im Zuge der Insolvenz schließen will. Das endgültige Wort hat die Gläubigerversammlung am 27. März, die über den Insolvenzplan entscheiden muss. Essen ist gleich mehrfach betroffen: Neben dem Aus für die letzte Filiale am Stammsitz, soll in der Konzernzentrale an der Theodor-Althoff-Straße massiv Personal eingespart werden. Das Logistikzentrum an der Hafenstraße in Vogelheim mit über 600 Mitarbeitern soll ebenfalls dichtgemacht werden.

Karstadt-Filiale in Essen schloss am Montag 14 Uhr

Im Haus am Limbecker Platz verlieren 125 Karstadt-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter ihre Arbeit. Sie wurden am Montag (13. 3.), 14 Uhr, von der Geschäftsleitung informiert. „Vereinzelt gab es Tränen, aber viele haben es nach der Erfahrung von 2020, als wir schon einmal geschlossen werden sollten, sehr emotionslos aufgenommen“, schilderte Sandra Türnau die Stimmung. Wegen der kurzfristig anberaumten Betriebsversammlung musste die Filiale kurz vor 14 Uhr geschlossen werden und öffnete danach auch nicht wieder. Die Belegschaft durfte nach der Verkündung der bitteren Botschaft nach Hause gehen. Am Dienstag soll das Kaufhaus wieder normal öffnen.

Für die Mitarbeiter werden die kommenden Wochen keine normalen Arbeitstage werden. Zwar haben sie nun endlich die Gewissheit, wie es für sie weiter geht. Aber die Monate des Hauses sind gezählt: Ende Januar 2024 soll im Limbecker Platz Schluss sein. Über diese Zeit die Motivation hoch zuhalten, dürfte für die Beschäftigten schwer sein. Am Ende steht die Frage: Wer ist bis dahin überhaupt noch an Bord? „Jeder, der die Chance hat, etwas Neues zu finden, wird diese nutzen“, schätzt die Betriebsratsvorsitzende.

Oberbürgermeister Thomas Kufen bedauerte die Entwicklung und kündigte Gespräche an mit dem Ziel, vielleicht doch noch eine Lösung zu erreichen, wie sie im Jahr 2020 nach zähen Verhandlungen möglich wurde. Wenn dies nicht möglich sein sollte, werde man nach Kräften eine neue Perspektive für die Karstadt-Flächen unterstützen. Kufen zeigte sich optimistisch, dass die Beschäftigten nicht lange arbeitslos bleiben würden, sollte es beim Schließungsbeschluss bleiben. Auch die Stadt Essen stünde bereit. „Mit ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Kaufhäusern haben wir gute Erfahrungen gemacht.“

Centerbetreiber arbeitet an mehreren Lösungen für Karstadt-Fläche

Die Nachricht vom Karstadt-Aus sorgte auch beim Betreiber des Centers, der ECE, für Bedauern. „Für die Mitarbeiter tut es mir sehr leid“, sagte Centermanager Anastasios Meliopoulos. Eine offizielle Kündigung von Galeria lag dem Center bis Montag nicht vor. Kalt erwischt der Auszug die ECE indes nicht: Schon seit Monaten laufen Planungen für den Fall, dass sich Galeria aus dem Center zurückzieht.

Der Warenhauskonzern ist nicht nur Mieter der ersten Stunde im Limbecker Platz, der 2008 eröffnete. Mit 20.000 Quadratmetern Verkaufsfläche ist Karstadt bis heute der mit Abstand größte Mieter in dem 70.000 Quadratmeter großen Einkaufszentrum. Laut Meliopoulos gibt es mehrere Szenarien, an denen die ECE derzeit arbeite – von einer kompletten Belegung bis hin zu einer Aufteilung der Fläche. „Wir sind in engen Verhandlungen mit mehreren Interessenten“, erklärte der Centermanager. Namen nannte er nicht. Es handle sich um „gestandene Labels“ aus mehreren Branchen.

Gänzlich überraschend kommt die Entscheidung, das Haus zu schließen, dennoch nicht. Bereits bei der vorangegangenen Insolvenz des Konzerns vor fast drei Jahren stand es – wie auch der Kaufhof am Willy-Brandt-Platz – auf der Schließungsliste. Während es für Letzteren keine Rettung mehr gab, wurde Karstadt kurz vor Toresschluss wieder von der Liste heruntergenommen. Der Vermieter des Limbecker Platzes, ein Fonds der Union Investment, und Galeria hatten sich damals doch noch auf eine deutliche Mietreduzierung einigen können. Weiteren Spielraum, die Miete nochmals zu senken, scheint es nun nicht mehr gegeben zu haben.

Gerade ältere Kunden bedauern Aus von Karstadt

Bei den Kunden traf die Nachricht vom bevorstehenden Karstadt-Aus auf geteilte Reaktionen. „Mich überrascht das nicht, wenn man sich die Kundenfrequenz anschaut. Hier ist häufig tote Hose“, sagte der 70-jährige Essener, Wolfgang B. „Früher musste man zu Karstadt, weil man dort alles bekam“, erinnert sich ein 80-Jähriger an frühere Zeiten, als das Warenhaus noch der Besuchermagnet schlechthin war. Dennoch werden Kunden Karstadt auch schmerzlich vermissen: „Wo bekommt man denn sonst noch so ein breites Angebot in Essen?“, fragte eine 79-Jährige, die regelmäßig zum Limbecker Platz fährt. „Mir wird Karstadt sehr fehlen.“

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Die einstige Einkaufsstadt Essen verliert damit ihr letztes verbliebenes Warenhaus. Eine fast 120-jährige Kaufhaus-Ära geht zu Ende, die 1904 mit dem Bau des Althoff-Kaufhauses an der Ecke Limbecker Straße/III Hagen begonnen hatte. Schon im Jahr 1912 entstand dann das bedeutende vergrößerte Althoff-Kaufhaus an der Stelle, an der heute das Einkaufszentrum Limbecker Platz steht.

Die Essener nannten das von bedeutenden Kaufhaus-Architekten Wilhelm Kreis erbaute Warenhaus wegen seiner Dimension „Warenburg“. Schon 1920 wurde Althoff vom Karstadt-Konzern übernommen, die Umbenennung des Essener Kaufhauses geschah aber erst 1963. Im Jahr 2008 wurde das alte Haus unter Protest vieler Bürger dann niedergelegt, um dem Limbecker Platz zu weichen, Karstadt zog dann in das Einkaufszentrum ein.