Essen. Für Gastronomie-Betriebe gilt die Mehrwegpflicht. Warum es in Essen noch einige Hürden bei der Müllvermeidung gibt.
Die Mehrwegpflicht gilt seit Beginn des Jahres 2023: Gastronomie-Betriebe müssen ihrer Kundschaft im To-Go-Geschäft seitdem wiederverwendbare Becher und Schüsseln anbieten. So soll in Zukunft Müll vermieden werden. Eine stichprobenartige Umfrage in Essener Betrieben zeigt, dass es auf dem Weg dahin noch einige Hürden gibt. Gastronomen sehen noch Luft nach oben, wenn es um die Praxistauglichkeit der Mehrwegsysteme geht und sprechen von einer noch eher geringen Nachfrage seitens der Kunden.
Vergleichsweise hoch ist die Quote nach eigenen Angaben beim Lieferdienst „Pottsalat“. Das Essener Unternehmen hat sich für ein eigenes Mehrwegsystem entschieden – einer der ausschlaggebenden Gründe war das möglichst geringe Gewicht der To-Go-Boxen. „Wir nehmen ein Pfand von sechs Euro pro Schüssel“, erklärt Mitinhaber Ben Küstner. Die Schüsseln können in allen Filialen zurückgegeben werden. Und das komme auch gut an: „Ungefähr 10 bis 20 Prozent der Kundschaft bestellt in Mehrwegschüsseln.“
Bei McDonald’s in Essen ist die Nachfrage nach Mehrwegbechern noch gering
Damit ist der Anteil an Mehrwegverpackungen dort bereits deutlich höher als etwa bei McDonald’s: Je nach Standort schwanke die Quote in den Filialen bisher zwischen zwei und fünf Prozent, berichtet Gebietsleiter Torsten Rolf. „Die Nachfrage muss erst wachsen“, meint er. Dass sie noch wachsen werde, davon sei er überzeugt.
Wer sein Getränk bei McDonald’s im Mehrweg-To-Go-Becher kauft, zahlt zwei Euro Pfand, ob mit oder ohne Deckel. Die Becher können in allen Filialen zurückgegeben werden, ein „Refill“, also ein Wieder-Auffüllen des bereits verwendeten Bechers, sei aus hygienischen Gründen nicht vorgesehen. Wer einen Mehrwegbecher zurückbringt und gleich wieder ein neues Getränk auf diesem Weg mitnehmen möchte, dessen Becher wird ausgetauscht. Ausreichend Mehrwegbecher seien in den Filialen vorhanden und die Kundschaft werde auch darauf hingewiesen, das neue System müsse sich aber langsam etablieren, so Rolf.
Essener fordern einheitliches Mehrwegsystem in der Gastronomie
Bereits einige Erfahrung mit Mehrwegsystemen haben die „Kumpir Kumpels“ gesammelt. „Aus Überzeugung bieten wir schon seit ungefähr drei Jahren Mehrwegschüsseln an“, sagt Betreiber Sami Eleuch. Die „Kumpir Kumpels“ haben sich für den Anbieter „Rebowl“ entschieden, der sei in Essen ansonsten aber kaum vertreten. Das sei möglicherweise eine Erklärung dafür, warum der Anteil der Auslieferungen in Mehrwegschüsseln auch hier nur bei etwa fünf Prozent liege. Wer sich für eines der Gefäße entscheidet, muss das Pfand von fünf Euro in einer der Kumpir-Filialen einlösen und das im Alltag einplanen, eventuell sogar eigens dafür einen Umweg zurücklegen.
Praktischer und niederschwelliger wäre es, wenn das in vielen anderen Betrieben der Stadt ginge, meint Eleuch: „Es wäre eigentlich gut, wenn es ein einheitliches System in der gesamten Gastro-Branche gäbe, so dass die Kunden ihre Behälter überall wieder abgeben könnten.“ Er und Mitinhaber Adam Assidi wollen sich auf der Hamburger Gastro-Messe „Internorga“ über die verschiedenen Systeme informieren, die aktuell auf dem Markt sind und eventuell noch einmal umstellen. Vom Prinzip Mehrweg als Beitrag zur Müllvermeidung seien sie grundsätzlich überzeugt.
Einwegverpackungen sorgen für tonnenweise Müll
Laut Bundesumweltministerium werden in Deutschland stündlich rund 320.000 Einweg-Becher für heiße Getränke verbraucht. Jeden Tag entstünden 770 Tonnen Abfall an Einweggeschirr und To-Go-Verpackungen, hochgerechnet auf das Jahr sind das 280.000 Tonnen. Die Änderung des Verpackungsgesetzes und die damit verbundene Mehrwegpflicht sind eine weitere Maßnahme gegen die Müllberge. Ausgenommen von der Pflicht sind kleinere Betriebe mit einer Ladenfläche von weniger als 80 Quadratmetern sowie mit maximal fünf Beschäftigten.
Je kleiner der Betrieb, desto kleiner ist in der Regel auch die To-Go-Nachfrage, ins Café Livres im Essener Südviertel zum Beispiel kommen laut Betreiber fast nur Gäste, die sich auch dort aufhalten möchten. Sich einem der großen Mehrwegsysteme wie zum Beispiel Recup beziehungsweise Rebowl anzuschließen und dafür Gebühren zu zahlen, lohne sich daher nicht. „Ich habe mich entschieden, die restlichen Pappbecher aufzubrauchen und jetzt nur noch Getränke in selbst mitgebrachte Becher auszuschenken“, sagt Betreiber Johann Stephan Sasse. Außerdem hat er einen eigenen Café-Livres-Becher ins Sortiment aufgenommen, den Gäste für 9,50 Euro kaufen und immer wieder mitbringen können.