Essen. Um Müll aus Einwegverpackungen zu vermeiden, gibt’s seit Jahresbeginn neue Regeln für die Gastro-Branche. So reagieren Essener Restaurants.

Restaurants, Bistros und Cafés müssen ihren Kunden seit dem 1. Januar Speisen und Getränke zum Mitnehmen jetzt auch in Mehrwegverpackungen anbieten. In Essen ist die Branche dabei, die neuen Regeln umzusetzen. Die gängige Praxis: To-go-Gerichte werden in Mehrwegverpackungen gegen eine Pfandgebühr angeboten. Neue Auflagen und bürokratische Vorschriften – da kommt nicht überall Freude auf, aber viele Gastronomen reagieren durchaus verständnisvoll. „Das muss sich alles einspielen, aber Mehrweg wird im To-go-Geschäft die Zukunft sein“, sagt Reinhard Schriever, Inhaber des Hotel-Restaurants Sengelmannshof.

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„Wir haben Mehrweggeschirr angeschafft und erheben dafür eine Leihgebühr“, fügt der Kettwiger Gastronom hinzu. Zugleich betont er, dass der To-go-Anteil in seinem Betrieb eher gering sei. Denn nach der schwierigen Corona-Zeit genießen die Menschen den unbeschwerten Restaurantbesuch wieder mehr als das To-go-Gericht daheim.

In allen acht Essener McDonald’s-Filialen gibt es Mehrwegbehälter gegen Pfandgebühr

Wie hoch das Pfand für geliehene Teller, Schüsseln und Becher ausfällt, hänge vom Gericht ab. Ein Paar, das beispielsweise Rinderrouladen mit Rotkohl, Kartoffeln und einem Dessert bestelle, müsse mit rund 20 Euro Leihgebühr fürs Mehrgeschirr rechnen: Rückgabe nur am Sengelmannshof.

In der McDonald’s-Filiale Eleonorastraße in Rüttenscheid ist Mehrgeschirr schon im Herbst 2022 getestet worden. „Mehrere Monate lang haben wir es erfolgreich ausprobiert“, sagt Anke Schafstall. Sie ist Prokuristin des „Teams Prünte“, das alle acht Essener McDonald’s-Restaurants betreibt und weitere zehn in Wuppertal, Velbert, Ratingen und Mülheim.

Wer Kalt- und Heißgetränke sowie Eis in Mehrwegbechern mitnehmen möchte, muss zwei Euro Pfand pro Behälter zahlen. Angenehm für den Kunden: Er kann die To-go-Gerichte in Essen kaufen und die Behälter überall bei McDonald’s wieder abgeben: egal ob in Steele, in der Nachbarstadt oder in Berlin. „Wir sind mit der Einführung des neuen Systems sehr weit“, sagt die Managerin. Die Limo-Becher sind weiß, Kaffeebehälter gelb und die McFlurry-Becher transparent. Den Big Mac und die Pommes frites gibt’s weiterhin im Pappbehälter und in der Papiertüte.

Gastro-Branche spürt: Kundschaft legt gesteigerten Wert auf Klimaschutz

Der Mehrweganbieter „Recup“ zählt zu den großen Mehrwegsystemen in Deutschland.
Der Mehrweganbieter „Recup“ zählt zu den großen Mehrwegsystemen in Deutschland. © Norman Börner | Norman Börner

Die stichprobenartige Umfrage in Essen zeigt: Ein einheitliches Bild gibt es in der Branche momentan noch nicht. Während die Kette mit dem gelben M auf ein eigenes Mehrwegsystem setzt, hat sich Mitbewerber Burger King „Recup & Rebowl“ angeschlossen, das mit 18.500 Ausgabestellen eigenen Angaben zufolge Deutschlands größtes Mehrwegsystem für die Gastronomie ist. Wer einen Recup-Becher und einen Recup-Deckel mitnimmt, muss jeweils einen Euro Pfand hinterlegen.

Bei McDonald’s in Essen gibt es Mehrweggeschirr seit dem 29. Dezember. „Wir haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angelernt, jetzt müssen sich alle dran gewöhnen“, sagt Anke Schafstall.

Trotz so mancher Stolpersteine in der Anfangsphase sieht der Branchenverband des Gastrogewerbes Dehoga keine Alternative zum Mehrweg. Denn auch der Gast wolle mehr Nachhaltigkeit. „Der Klimaschutz steht oben an, Müllberge durch Einwegverpackungen müssen vermieden werden“, sagt Isabel Hausmann, stellvertretende Geschäftsführerin des für Essen zuständigen Dehoga Nordrhein.

Sie geht davon aus, dass sich das Gros der Gastrobetriebe an Rhein und Ruhr großen Mehrweg-Systemen wie Recup & Rebowl oder dem App-basierten „Vytal“ anschließen wird. Letzteres dürfte eher junge Menschen ansprechen, die mit einer App weitaus leichter umgingen als die älteren Semester, vermutet Isabel Hausmann.

Essener Lieferdienst „Pottsalat“ entwickelt sein eigenes Mehrweg-System

Kunden, die Speisen und Getränken mitnehmen wollen, können seit dem 1. Januar 2023 selbst entscheiden, ob sie eine Mehrwegverpackung wünschen. Der Gastronom muss in jedem Fall ausreichend Mehrweggeschirr bereithalten. Die Dehoga-Sprecherin hält aber nichts davon, dass Behörden schon beim ersten Regelverstoß einen Bußgeldbescheid verhängen. „Dieser Schuss könnte nach hinten losgehen, man muss den Gastronomen und den Kunden die Zeit geben, das neue System zu leben.“ Aufklärung könne gerade in der Startphase sinnvoller sein als Strafe. Was der Dehoga-Nordrhein-Sprecherin missfällt: Kleinere Geschäfte, wie die Imbissbude an der Ecke, sind von der Neuregelung ausgenommen.

Zu den großen Playern im Essener To-go-Geschäft zählt das Unternehmen „Pottsalat“, das als kleines Start-up angefangen hat und nun rasch expandiert. Nach Essen und Dortmund seien allein im vergangenen Jahr neue Standorte in fünf deutschen Städten hinzugekommen, berichtet Mitinhaber Ben Küstner: Düsseldorf, Köln, Mainz, Bochum und Duisburg. Pottsalat setzt auf ein hauseigenes, pfandbasiertes Mehrwegsystem. „Innerhalb der nächsten 14 Tagen wird es installiert sein“, verspricht der Pottsalat-Chef.