Essen-Borbeck. Immer noch spürten sie regelmäßig, dass Männer damit hadern, wenn sie Frauen in Führungspositionen erlebten: Diplomatin und Ministerin berichten.
Gäbe es einen besseren Ort als das Borbecker Mädchengymnasium, an dem Frauen in Führungspositionen über ihren Job sprechen? Wohl kaum: Hohen Besuch empfing die Schule vor wenigen Tagen, als Pauline Kao, Generalkonsulin der USA in Düsseldorf zu Gast war. Ihre kaum weniger prominente Gesprächspartnerin: die amtierende NRW-Schulministerin Dorothee Feller. Doch Frau Kao sprach nicht über außenpolitische Belange und Frau Feller nicht über Aktuelles aus der Schulpolitik. Sondern es ging darum, wie es ist, als Frau eine Führungsposition zu bekleiden, und dass es dabei manchmal immer noch zu Merkwürdigkeiten kommt, auch im Jahr 2023.
Weltfrauentag: Lesen Sie auch diese Artikel:
- Weltfrauentag: Wie Frauen noch heute benachteiligt werden
- Von Topmodels und Angsträumen: Feministische Kunst in Essen
- Rüttenscheiderin (89) rät jungen Frauen: Setzt euch durch
- Mama, Mama, Kind: Regenbogenfamilien in Essen vernetzen sich
- Klinik-Bilderbuch: Männer sind Chefarzt, Frauen Pflegekraft
- Hier finden Sie alle Artikel zum Weltfrauentag
„Als Regierungspräsidentin in Münster war ich oft einzige Frau in Herrenrunden, vor allem unter Landräten“, berichtete Dorothee Feller, die eine lange Karriere in der Bezirksregierung Münster hinter sich hatte, ehe sie vor etwa acht Monaten Schulministerin des Landes NRW wurde. „Natürlich wird es einem nicht direkt gesagt, aber man spürt, dass es bei manchen Männern etwas auslöst, wenn man als Frau in Führungsverantwortung ist“, berichtete die Juristin. Und sie weiß: „Manche Witze werden nicht mehr so gemacht, wenn Frauen den Raum betreten.“
Schülerinnen stellten kluge Fragen
Die Runde wurde durch kluge Fragen von Schülerinnen des Mädchengymnasiums gesteuert, eine der Fragen lautete an die Schulministerin: Was mag sie an ihrem Job nicht? Dorothee Feller musste lange überlegen, doch dann schilderte sie authentisch, wie schwer es ihr falle, zu akzeptieren, als Ministerin häufig kritisiert zu werden, weil die Kritik der Opposition zum politischen Alltagsgeschäft gehöre.
„Man steht in der Politik wesentlich mehr im Rampenlicht als in der Verwaltung“, berichtete die Ministerin. Das sei nicht immer einfach. Außerdem stelle sie in ihrem Amt als Schulministerin fest, „dass noch nicht alle erkannt haben, dass Bildung das wichtigste Thema unserer Gesellschaft ist, weil nur von der Bildung abhängt, ob wir die Probleme von morgen lösen können werden.“
Frage: Wie gehen sie mit dem Vorurteil um, Frauen seien „zu emotional“, um verantwortliche Ämter zu bekleiden? „Wenn man Emotion mit Leidenschaft und Hingabe übersetzt, dann ist Emotion sogar sehr wichtig, um wirklich gut zu sein, in dem, was man tut“, sagte Pauline Kao.
Sie arbeitet als Diplomatin für die USA, obwohl sie in Taiwan geboren wurde. Ohne ein Wort Englisch zu können kam sie als Jugendliche nach Amerika, studierte Jura, sah einen Zettel am Schwarzen Brett der Uni, auf dem für den diplomatischen Dienst geworden wurde. „Dass ich Diplomatin wurde, war mehr oder weniger ein Unfall“, berichtete sie, doch ihre Botschaft an die Schülerinnen an diesem Tag ist eindeutig: „Denkt nicht an die Hindernisse, denkt an die Chancen. Wischt Eure Selbstzweifel weg. Glaubt an Euch und an die Möglichkeiten, die sich Euch bieten.“
Die Unterschiede erlebt die Diplomatin bei ihren eigenen Kindern
Die Generalkonsulin hat zwei Kinder, zweieiige Zwillinge, einen Jungen, ein Mädchen, und sie erlebe voller Faszination, dass die Tochter oft voller Selbstzweifel sei und neidisch auf ihren Bruder: „Ich will so sein wie er!“ „Umgekehrt erlebe ich das nie, dass mein Sohn Selbstzweifel hegt und sich an seiner Schwester orientiert.“
Der berufliche Werdegang von Pauline Kao ist bis heute voller Dynamik – sie begann den diplomatischen Dienst ausgerechnet einen Tag nach dem 11. September 2001. Sie lebte und arbeitete in Brüssel, Tokyo, Berlin und anderen Städten der Welt. „Nutzen Sie Ihre Jugend, in der man weniger auf die Hindernisse schaut, die sich einem in den Weg stellen könnten, sondern eher die Chancen sieht, auch wenn es womöglich manchmal naiv ist“, riet sie den Schülerinnen.