Essen. Noch immer liegen in Essen Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg in der Erde. Ein Experte erklärt, warum die Explosionsgefahr größer wird.
- Regelmäßig werden in Essen Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden. So auch am 30. Januar 2025.
- Dieser Artikel ist zum ersten Mal im Februar 2023 erschienen, aus aktuellem Anlass veröffentlichen wir ihn hier erneut.
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Bauarbeiten in Essen bergen häufig das Risiko eines Kampfmittelfundes – noch immer liegen viele Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg in der Erde. Die Gefahr, die durch die Weltkriegsmunition ausgeht, steigt mit den Jahren. Ein Experte aus Ostdeutschland sprach gegenüber der Nachrichtenagentur dpa von einer steigenden Explosionsgefahr durch Korrosionsprozesse, die die Zünder im Laufe der Zeit empfindlicher machen.
Das bestätigt auch die für Essen zuständige Bezirksregierung Düsseldorf auf Nachfrage dieser Redaktion: „Korrosion kann bei Kampfmitteln zu einer Gefahrenerhöhung führen. Gleiches gilt für andere stoffliche Veränderungen der Explosivstoffe und Alterungsprozesse der verwendeten Materialien“, teilt Sprecherin Beatrix Van Vlodrop mit. Wie wahrscheinlich es sei, dass Korrosion eine Explosion auslöse, könne nicht beziffert werden. Von einem erhöhten Risiko müssen Behörden, Kampfmittelräumdienst und Tiefbaufirmen in Zukunft der Expertenmeinung nach aber wohl ausgehen.
Bombenfunde sind ein Risiko bei Tiefbauarbeiten in Essen
„Die Kollegen des Kampfmittelräumdienstes müssen zu jeder Zeit und in jeder Situation mit äußerster Vorsicht und Aufmerksamkeit agieren“, so Van Vlodrop. „Es ist der Lage vor Ort und dem Zustand des Kampfmittels geschuldet, ob ein Fund vor Ort entschärft und sicher abtransportiert werden kann oder gesprengt werden muss. Ist der Zündmechanismus beziehungsweise die Sicherung beispielsweise durch Korrosion beschädigt, ist eine Entschärfung vor Ort manchmal nicht möglich und eine Sprengung notwendig.“
Sprengmeister Frank Stommel hatte zuletzt Anfang Januar eine Bombe in Altenessen sprengen müssen. Gefunden wurde sie bei Arbeiten auf dem Gelände des Nachwuchsleistungszentrum von Rot-Weiss-Essen an der Seumannstraße 55. Da eine Entschärfung nicht möglich war, wurde die Bombe mit rund 250 Tonnen Sand bedeckt und aus sicherer Entfernung von etwa 150 Metern gesprengt. Je nach Lage eines Blindgängers fällt die Evakuierung entsprechend umfangreich aus. Nach dem Fund zweier Bomben in Rüttenscheid etwa hatten im Sommer 2021 fast 10.000 Menschen in Sicherheit gebracht werden müssen.
Bevor es zu einem solchen Einsatz des Kampfmittelräumdienstes kommt, stoßen häufig Bauarbeiter auf die Munition. Zum Beispiel die der Essener Firma Arnolds. „Es kommt ungefähr drei bis vier Mal im Jahr vor“, sagt Prokurist Wolfgang Potthast. „Wir werden vorher darüber informiert, ob es einen Verdacht gibt. Allerdings sind im Ruhrgebiet die meisten Areale Verdachtsflächen.“
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Laut Bezirksregierung wurden im Zweiten Weltkrieg etwa 2,7 Millionen Tonnen verschiedener Art bei den Bombardierungen von Städten abgeworfen, davon fielen etwa die Hälfte auf deutsches Reichsgebiet und davon nochmals knapp die Hälfte auf Ziele im heutigen Nordrhein-Westfalen – mehr als eine halbe Million Tonnen also.
Die Gründe sind klar: In Ruhrgebiet und Rheinland lagen nicht nur Industriekomplexe, die für die deutsche Rüstung wichtig waren, die Zerstörung der Städte war für die alliierten Bomber auch risikoärmer, da man wegen der geografischen Nähe zu den Flughäfen in England nicht allzu tief in feindliches Gebiet eindringen musste. Entsprechend höher war dann eben auch die Zahl der Blindgänger.
„Wir müssen immer damit rechnen, auf einen Blindgänger zu stoßen“, sagt Wolfgang Potthast von der Firma Arnolds. „Insofern arbeitet ein Baggerfahrer nicht voller Angst, es gibt eine gewisse Routine.“ Sehr gut eingespielt sei auch die Zusammenarbeit mit den Behörden.
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Äußerst selten kommt es zu Explosionen. Eine Gefahr besteht beim Fund von Blindgängern und bei der Entschärfung, aber theoretisch auch durch Erschütterungen des Bodens. „Es gibt Zündsysteme, die durch Erschütterungen ausgelöst werden können“, so Bezirksregierungssprecherin Van Vlodrop. „Kritisch sind in dieser Hinsicht chemisch-mechanische Langzeitzünder. Darüber hinaus ist es aber auch möglich, dass diese Zünder ausschließlich aufgrund von Alterungsprozessen auslösen. Dies kommt jedoch äußerst selten vor.“
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