Essen. Noch mehr Kinder als bislang werden bald in Containern statt in richtigen Klassenzimmern unterrichtet. Der Stadt Essen läuft die Zeit davon.
Die Zahl der Schulen im Essener Stadtgebiet, die ihre Kinder in Containern statt in richtigen Klassenzimmern unterrichten, wächst weiter. Weil die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Essen viel stärker und schneller wächst als angenommen, musste die Stadt jetzt zehn weitere solcher Container bestellen, die auf dem Schulgelände abgestellt werden.
Der Rat der Stadt beschloss zuletzt die kurzfristige Anschaffung von Containern für zehn Schulstandorte, die offiziell noch nicht ausgemacht sind. Damit sollen „die zehn dringendsten Schulraumbedarfe“ provisorisch gelöst werden. Kosten: etwa elf Millionen Euro. Es ist davon auszugehen, dass die Lieferung und das Aufstellen der Metallobjekte so gerade eben zum Beginn des nächsten Schuljahres im August 2023 erledigt sind.
Neuer Höchstwert bei den Anmeldungen an Grundschulen
Schon im November war klar, dass die Zahl der angemeldeten, künftigen i-Dötzchen mit knapp 6100 Jungen und Mädchen – ein neuer Höchstwert – die bestehenden Kapazitäten übersteigt. Es fehlen stadtweit etwa 500 Plätze. Die Stadt ist aber rechtlich dazu verpflichtet, ausreichend Schulraum bereitzustellen. Schon im Frühjahr 2020, bei der Planung des Schuljahres 2020/21, hieß es, dass „künftig Schulplätze nicht mehr in ausreichender Höhe zur Verfügung stehen, so dass die Stadt Essen ihren Schulträgerpflichten nicht mehr hinreichend nachkommt.“
Jetzt wird erstmals auch daran gearbeitet, benachbarte Räume wie jene in Kirchengemeinden oder Bürgerzentren anzumieten. Die Stadt arbeitet außerdem daran, Räume der offenen Ganztagsbetreuung in Klassenzimmer umzuwandeln. Die bisherigen Maßnahmen zur Schaffung von Schulraum – sogenannte Modulbauten aus Fertigbauteilen oder solide Pavillons – reichen nicht aus. Solche sogenannten „festen Baukörper“ würden weder planerisch noch baulich bis zum neuen Schuljahr fertig.
Fast 1000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine
Die jetzt georderten Container haben weder Wasser-, Abwasser- noch Gasanschlüsse. Das Verlegen der Leitungen würde zu viel Zeit kosten.
Auch die „geopolitische Lage“, so die Stadt in einer Beschlussvorlage, zwinge zu extrem kurzfristigem Handeln. Derzeit sind allein wegen des Ukraine-Krieges knapp 1000 Kinder und Jugendliche in Essener Schulen untergebracht. Sie hatte 2021, bei der Fertigstellung des mit viel Aufwand errechneten Schulentwicklungsplans, noch niemand auf der Rechnung. Der Schulentwicklungsplan ging – auch ohne Ukraine-Krieg – davon aus, dass damals rechnerisch acht Grundschulgebäude fehlen. Insgesamt war man damals von 17 neu zu erstellenden Gebäuden (Grund-, Real-, Gesamtschulen, Gymnasien) und 62 Erweiterungsbauten ausgegangen.
Wunsch-Schule ist nicht sicher
Container zur schnellen Abhilfe von Platzmangel sind keine neue Idee der Schulverwaltung. Im Frühjahr 2020 wurden Mietcontainer an den Standorten „Grundschule Haarzopf“ und „Altfriedschule“ (Frintrop) bestellt. Viele andere Schulen leben schon seit Jahren mit Containern. Allein die großflächig realisierte Sanierung von Schultoiletten, seit Jahren eine sprichwörtliche Baustelle bei der Schul- und Bauverwaltung, zwingt derzeit viele Schulen dazu, auf ihre Höfe WC-Container aufzustellen.
Auch, wenn die Stadt es jetzt schafft, rechnerisch genügend Schulraum zu organisieren: Eltern, die mit einer endgültigen Zusage der Anmeldung ihres Kindes an einer Schule erst um Ostern rechnen können, müssen jetzt mit der Ungewissheit leben, dass ihr Sohn oder ihre Tochter nicht an der gewünschten Schule angenommen wird und eine weiter entfernte Grundschule besuchen muss.