Essen. Aktuelle Zahlen der Verwaltung belegen: Rund 500 Plätze an den Grundschulen fehlen fürs nächste Schuljahr. Wie die Stadt das Problem lösen will.

An den Essener Grundschulen fehlen rund 500 Plätze für das kommende Schuljahr. Das geht aus aktuellen Zahlen der Schulverwaltung hervor. „Der Druck auf unser Schulsystem“, konstatiert die Verwaltung in einer Vorlage, mit der sich zuletzt der Schulausschuss beschäftigt hat, „bleibt unverändert hoch“. Dabei ist die Lage so schwierig wie selten, denn die Zahl der künftigen i-Dötze ist so hoch wie seit 18 Jahren nicht.

Zahl der Anmeldungen auf höchstem Stand seit 18 Jahren

Im Oktober wurden 5525 Jungen und Mädchen, die jetzt noch in den Kindergarten gehen, an einer der 84 Grundschulen im Stadtgebiet angemeldet. Mehr als jede zweite Grundschule hat mehr Anmeldungen erhalten, als freie Plätze zur Verfügung stehen. Hier steht, welche Schulen das sind.

Nach der offiziellen Anmeldephase kamen weitere Nachzügler hinzu – mittlerweile hat die Stadt genau 5833 Anmeldungen registriert. Doch es gibt – das ist der aktuelle Stand – stadtweit nur 5640 Plätze. Rechnet man noch die rund 300 Jungen und Mädchen im entsprechenden Alter hinzu, die in den Bevölkerungsstatistiken auftauchen, die aber immer noch nicht angemeldet wurden, kommt man auf eine Deckungslücke von genau 495 Plätzen, die fehlen. Geht man von einer zugelassenen Maximalgröße von 29 Kindern pro Klasse aus, sind das 17 erste Klassen, für die es derzeit keinen Platz gibt.

Wie viele Kinder pro Klasse? Gesetz regelt die Größen

Wie viele Kinder dürfen in einer Grundschulklasse sitzen beziehungsweise von einer Schule aufgenommen werden? Das Schulgesetz regelt die Einzelheiten der Anmeldezahlen:
bis zu 29 Kinder in einer Klasse
30 bis 56 Kinder in zwei Klassen
57 bis 81 Kinder in drei Klassen
82 bis 104 Kinder in vier Klassen
105 bis 125 Kinder in fünf Klassen

„Wir führen aktuell Gespräche mit der Schulaufsicht über die Einrichtung von zusätzlichen Eingangsklassen und Zügigkeitserhöhungen“, berichtet Andrea Schattberg, die Leiterin der Essener Schulverwaltung. „Zügigkeitserhöhung“ bedeutet, dass in einem Jahrgang eine Klasse mehr eingerichtet wird als eigentlich vorgesehen. Das Problem: Die meisten Grundschulen haben keinen Platz, um neue, nicht geplante Klassen aufzunehmen. „Wir sind voll und können keine weitere Klasse einrichten“, sagt zum Beispiel Anja Warmuth, die Leiterin der Grundschule an der Heinickestraße (Südviertel). Dort wurden 63 Kinder fristgerecht angemeldet, aber es gibt nur Platz für 56 Kinder – also zwei Klassen. Die Folge: „Wir müssen Kinder ablehnen, wie in den Vorjahren auch“, konstatiert Warmuth mit Bedauern.

Muss eine Grundschule Kinder ablehnen, gelten bei Gemeinschaftsgrundschulen der Faktor der Wohnort-Nähe und die Frage, ob schon ein Geschwisterkind auf die Schule geht. Bei städtisch-konfessionellen Schulen (in Essen gibt es zwei evangelische und 20 katholische Grundschulen) gibt es noch einen weiteren, entscheidenden Faktor: Ist das Kind in der entsprechenden Konfession getauft? „Die Eltern haben das Recht auf einen Platz an einer konfessionellen Schule für ihr getauftes Kind“, erklärt Stefanie Müller, Leiterin der städtisch-evangelischen Käthe-Kollwitz-Grundschule in Rüttenscheid. Die Schule ist eigentlich dreizügig (drei Klassen pro Jahrgang), hat aber 113 Anmeldungen erhalten für 81 Plätze und wird nach Angaben der Schulleiterin im kommenden Schuljahr eine weitere Klasse einrichten. Unterm Dach sei dafür noch Platz.

Räume im Offenen Ganztag sollen vormittags Klassenzimmer werden

Grundsätzlich will die Stadt das Problem der zu geringen Platzzahl auch damit lösen, Räume, die nachmittags dem Offenen Ganztag zur Verfügung stehen, vormittags in Klassenzimmer umzuwandeln. „Entsprechende Möbel sind schon bestellt“, berichtet die Schulverwaltungs-Chefin Andrea Schattberg. Sie geht übrigens nicht davon aus, dass es am Ende tatsächlich 500 Plätze zu wenig sind: „Von den 300 Kindern, die noch nicht angemeldet sind, wohnen erfahrungsgemäß gar nicht mehr alle in Essen, oder die Eltern haben ihre Kinder auf einer Schule in einer Nachbarstadt angemeldet.“

Die endgültigen Bestätigungen, dass das Kind angenommen wurde, erhalten Eltern immer erst gegen Ostern – das liegt an den vielen Nachzüglern und Familien, die ihr Kind aus welchen Gründen auch immer nicht rechtzeitig angemeldet haben.

Eltern: Ausbau-Maßnahmen zügig umsetzen

„Die Entwicklung zeigt, wie dringlich der Ausbau ist, den der aktuelle Schulentwicklungsplan empfohlen hat“, sagt Hendrik Härtig, der Vorsitzende des Vereins „Eltern der Essener Schulen“. „Wünschenswert wären hier zeitnahe Konkretisierungen der geplanten Maßnahmen, damit sich die Situation schnellstmöglich entspannt.“ Im Juni hatte der neu aufgelegte Schulentwicklungsplan festgestellt, dass schon kurzfristig fast jede zweite Essener Grundschule vergrößert werden muss. Außerdem wären zehn Neubauten erforderlich.