Essen. Die Stadt zieht Halbzeit-Bilanz bei ihrem großen Schultoiletten-Sanierungsprogramm. Es wird viel teurer als geplant.
Das aufwändige, auf zehn Jahre angelegte Schultoiletten-Sanierungsprogramm der Stadt Essen wird etwa viermal so teuer wie anfangs veranschlagt. Die Verwaltung hat jetzt eine Halbzeit-Bilanz vorgelegt. Nach derzeitigem Stand werden am Ende 147 sanierte Schultoiletten-Anlagen insgesamt 51 Millionen Euro gekostet haben – das macht im Schnitt 350.000 Euro pro Toiletten-Anlage; so viel wie ein Reihenhaus in einfacher Lage.
Vor fünf Jahren, im Sommer 2017, war beschlossen worden: Die Toiletten in Essener Schulen benötigen ein komplettes Sanierungsprogramm. Man schaute sich damals sämtliche Anlagen an und kam zu dem wenig überraschenden Schluss: So gut wie jedes Klo muss saniert werden. Man prognostizierte in weiser Voraussicht, dass die Instandsetzung der Klos rund zehn Jahre in Anspruch nehmen werde, und veranschlagte rund 25 Millionen Euro. Wobei man damals schon erkannte: „Sanierung“ bedeutet in etwa in der Hälfte der Fälle den kompletten Abriss und Neubau der Sanitäranlagen.
Hälfte der Anlagen ist saniert
Jetzt, fünf Jahre später, ist ziemlich genau die Hälfte der Schultoiletten saniert, oder die Arbeiten laufen im Moment. 72 Anlagen sind noch nicht saniert. Für sie werden gegenwärtigen Schätzungen zufolge 32 Millionen Euro bezahlt werden müssen. Die Verwaltung kann derzeit nicht sagen, wann diese Arbeiten abgeschlossen sein werden. Sie sollen, heißt es in einer aktuellen Vorlage der Bauverwaltung, „in enger zeitlicher Folge umgesetzt werden“. Es sei nicht möglich, „seriös einen abschließenden Fertigstellungstermin festzulegen“. Die Gründe sind wenig überraschend: Personalengpässe durch Corona, Lieferschwierigkeiten und Preisexplosionen wegen des Ukraine-Kriegs, dann weitere unvorhersehbare Erschwernisse wie das Hochwasser im Juli 2021 – was auch zur praktischen Folge hat, dass derzeit WC-Container kaum zu haben sind. Sie benötigt man aber zwingend als Ausweich-Möglichkeit, wenn die Bestandstoiletten saniert werden.
Die Kosten für bereits abgeschlossene Maßnahmen liegen teilweise in schwindelerregenden Höhen – die neuen Klos in der Unesco-Schule im Südostviertel zum Beispiel kosteten knapp 600.000 Euro. An der Antoniusschule, einer Grundschule in Freisenbruch, musste ebenfalls mehr als eine halbe Million Euro ausgegeben werden für die Sanierung der Sanitäranlagen. Den bislang teuersten Posten erzielte die Realschule im Bezirk Zollverein an der Gelsenkirchener Straße: Dort wurden die bestehenden Sanitäranlagen im Gebäude aufgegeben; ein neues, frei stehendes WC-Haus auf dem Schulhof wurde errichtet. Das schlug mit knapp 830.000 Euro zu Buche – immer noch billiger als eine Sanierung im Bestand. Das historische Realschulgebäude, das direkt gegenüber der Zeche Zollverein steht, zählt zu den Schulen in Essen, die unter den Folgen des Bergbaus leiden: Es steht schräg, die Türen fallen von selbst zu, beim Gang über die Flure ereilt den ungeübten Besucher ein Schwindelgefühl.
Versteckte Mängel und Keller, die keiner kennt: Warum Kosten explodieren
Auch in Kray an der Joachimschule explodierten die Kosten, am Ende bezahlte man rund 600.000 Euro für die Entkernung der bestehenden Räume, für neues Sanitär, neue Elektroinstallationen, neue Rohre, neue Fenster und Türen. Oder in Frohnhausen an der Diergardtschule: Da wurde die Klo-Sanierung dreimal so teuer wie geplant, bei den Instandsetzungsarbeiten stieß man auf einen nicht zugänglichen Keller. Die Verwaltung fasst die Widrigkeiten in nüchternen Worten zusammen: „Bei den Sanierungen in Bestandsgebäuden wurden oft bis dahin versteckte Mängel erkannt, die die Maßnahmen aufwändiger machten, Kosten erhöhten und Bauzeiten verlängerten.“
Die Verwaltung weist außerdem darauf hin, dass die Umsetzung des Toilettensanierungsprogramms die Stadt auch personell vor „große Herausforderungen“ stelle und gestellt habe; man bekam Unterstützung von der städtischen Beschäftigungsgesellschaft EABG und von der städtischen Immobilienfirma GVE.