Essen. Die Zahl der Blutspender sinkt, Blutkonserven werden knapp. In Essen spricht das Deutsche Rote Kreuz seit 20 Jahren Passanten an – mit Erfolg.

Sie gehören zum Straßenbild in der Essener Fußgängerzone: Seit 20 Jahren sprechen Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Passanten an und bitten sie ins Blutspendezentrum an der Kettwiger Straße – mit Erfolg. 260.000 Spenden habe man in zwei Jahrzehnten an dem zentralen Standort gesammelt, sagt der kaufmännische Leiter des DRK-Blutspendedienstes West, Michael Diekmann. „Blutspenden, auf die wir dringend angewiesen sind“, wie Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen auf der Feier am Dienstag (13. Dezember) betonte.

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Nach eigenen Angaben deckt das DRK etwa 75 Prozent des Blutkonservenbedarfs der deutschen Krankenhäuser. Selbst große Häuser wie die Uniklinik Essen sind darauf in hohem Maße angewiesen. Aktuell sogar verschärft: Wegen Personalmangels kann die Uniklinik bis nach Weihnachten keine Termine für die Vollblutspende vergeben.

DRK eröffnete das erste Blutspendezentrum in der Essener City

Auch das DRK kämpft mit Grippe- und Corona-bedingten Personalausfällen, kann den Spendenbetrieb an der Kettwiger Straße aber aufrechterhalten. „Die Idee, mitten in einer Großstadt ein festes Vollblutspendezentrum anzusiedeln, war völlig neu, erinnert sich Michael Diekmann, der das Zentrum im Jahr 2002 schon eröffnet hatte.

Ortstermin im DRK-Blutspendezentrum in Essen (von links): Leiterin Susanne Böttcher, Mitarbeiterin Yonca Troudi, Blutspenderin Britta Adam, Oberbürgermeister Thomas Kufen und Michael Diekmann, kaufmännischer Leiter des DRK-Blutspendedienstes West.
Ortstermin im DRK-Blutspendezentrum in Essen (von links): Leiterin Susanne Böttcher, Mitarbeiterin Yonca Troudi, Blutspenderin Britta Adam, Oberbürgermeister Thomas Kufen und Michael Diekmann, kaufmännischer Leiter des DRK-Blutspendedienstes West. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Der Standort Essen habe sich damals gegen Düsseldorf durchgesetzt und bald als richtige Wahl erwiesen. Nachdem am ersten Tag zehn Spender kamen, kletterten die Zahlen stetig. Inzwischen kommen täglich 35 bis 50 Spender, die laut Diekmann von einer „tollen Mitarbeiter-Truppe“ betreut werden.

OB Kufen unterstreicht das Lob, gehen doch jährlich gut 1000 Rathaus-Beschäftigte zum DRK, wo man sie gut empfange „und Ängste nimmt, falls mal jemand eine Spritzenphobie hat“. Um Hürden abzubauen, biete man den eigenen Leuten ein Bonbon, ergänzt Gesundheitsdezernent Peter Renzel: „Wer zur Blutspende geht, hat den Rest des Tages frei.“ Die Stadt weiß ja, dass die Spenderzahlen wegen des demografischen Wandels sinken und Jüngere schwer zu gewinnen sind.

Auch mit über 60 kann man noch mit dem Blutspenden anfangen

Das DRK-Blutspendezentrum liegt an der Kettwiger Straße 5 in der Essener Innenstadt. Es ist Montag bis Freitag von 11 bis 18 Uhr und Samstag von 11 bis 16 Uhr geöffnet. Um Wartezeiten zu vermeiden, ist es erforderlich, vorab einen Termin zu vereinbaren: https://www.drk-blutspende.de/blutspendetermine/termine/246707. Weitere Infos unter: 0201 / 543 793 47.

Wer Blut spenden möchte, muss mindestens 18 Jahre alt sein und mehr als 50 Kilo wiegen. Sofern es die Gesundheit zulässt, kann man Blut spenden, bis man 76 Jahre alt ist. Als Neu-Spender kann man beim DRK bis zum Alter von 68 Jahren einsteigen. Vor der Blutspende gibt es ein Arztgespräch, danach eine kleine Lunch-Tüte.


Der Geschäftsführer des DRK-Blutspendedienstes West, Holger Praßel, wünscht sich auch von anderen Arbeitgebern Unterstützung: „Essen ist die Stadt der Konzerne: Geben Sie Ihren Mitarbeitern fürs Blutspenden frei.“ Auch auf der politischen Ebene werbe man für dieses Instrument zur Sicherstellung des Blutkonservenbedarfs.

Wer Blut spendet, bekommt vom Arbeitgeber Stadt einen freien Tag

Der freie Tag könnte auch Anreiz für Beschäftigte mittelständischer Firmen sein. Die großen Unternehmen böten bereits regelmäßig Blutspende-Tage in ihren Zentralen an, sagt Susanne Böttcher, Leiterin des DRK-Zentrums in der City. Da könne die Belegschaft am Arbeitsplatz gleich Blut spenden – es sei denn, die Mitarbeiter sind im Homeoffice.

„Wir bieten auch Blutspende-Tage in vielen großen Essener Unternehmen an“, sagt Susanne Böttcher, die das Blutspendezentrum des DRK an der Kettwiger Straße in Essen leitet.
„Wir bieten auch Blutspende-Tage in vielen großen Essener Unternehmen an“, sagt Susanne Böttcher, die das Blutspendezentrum des DRK an der Kettwiger Straße in Essen leitet. © FUNKE Foto Services | Julia Tillmann

Ohnehin sammelt das DRK seine Blutspenden nicht allein an der Kettwiger Straße ein: Man sei auch – wenn auch noch nicht wieder auf Vor-Corona-Niveau – an Berufskollegs zu Gast. Und biete im Jahr rund 40 öffentliche Blutspendetermine in den Stadtteilen an.

Passanten lassen sich zur Blutspende überreden

Trotz der Aktionen im ganzen Stadtgebiet gilt das feste Zentrum dem DRK als „Meilenstein für die Blutspende“. Monika Dillen und Snjezana Ljubicic, die seit dem Start dabei sind und heute in leitender Funktion im Zentrum arbeiten, bestätigen aus ihrer Erfahrung: „Die direkte Ansprache fruchtet besser als jede andere Maßnahme.“

Dazu kommen viele treue Spender, die die persönliche Atmosphäre schätzen. Wie Martin Noldus, der am Jubiläumstag zur Blutspende gekommen ist und schon im Premierenjahr dabei war. Fast 30 Mal hat er Blut gespendet, fast immer betreut von Monika Dillen. Theoretisch hätte er häufiger kommen können, doch das ergebe sich nicht immer: „Aber wenn ich dann in der City angesprochen werde, ist das wieder eine Erinnerung für mich.“