Essen. Die Stiftung Universitätsmedizin Essen hat den früheren Unirektor Ulrich Radtke als Vorsitzenden gewonnen. Der Vorgänger war zuletzt umstritten.

Mit einem kleinen Coup kann die Stiftung Universitätsmedizin Essen jetzt aufwarten: Sie hat den früheren Rektor der Universität Duisburg Essen (UDE), Ulrich Radtke, als neuen Vorstandsvorsitzenden gewonnen. Den Posten hatte zuvor Prof. Karl-Heinz Jöckel 16 Jahre lang inne, der zuletzt jedoch umstritten war. Radtke erklärte, er wolle sein Ehrenamt „zum Wohle der Patientinnen und Patienten“ ausüben und die Stiftung weiter als feste Größe im Gesundheitssystem verankern.

Als Uni-Manager des Jahres ausgezeichnet

Sein Amt als Rektor der UDE hatte Radtke 2008 angetreten, gerade mal fünf Jahre nach der Fusion der beiden Standorte Duisburg und Essen. „Der Wandel von einer Gesamthochschule hin zu einer guten Universität ist weitgehend abgeschlossen“, vermeldete er zu Beginn seiner dritten Amtszeit. Da war die Zahl der Studierenden schon von 31.000 bei seinem Amtsantritt auf inzwischen mehr als 40.000 gestiegen, und der Geograf als „Uni-Manager des Jahres“ ausgezeichnet worden.

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In den 14 Jahren an der Spitze der Uni hatte Radtke bereits Berührungspunkte zu seinem jetzigen ehrenamtlichen Aufgabenfeld: etwa als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender an der Universitätsmedizin Essen. Er baute überdies das UDE-Stipendien-Förderprogramm sowie den Freundes- und Förderverein der Uni aus und setzte sich für die Förderung gemeinnütziger Zwecke im Gesundheitswesen ein. Radtke habe Projekte der Stiftungsarbeit besucht und über sein persönliches und berufliches Netzwerk dazu beigetragen, Unterstützung für sie zu organisieren, teilt die Stiftung jetzt mit.

Spenden sollen dem Wohle der Patienten dienen

Man erhofft sich wohl, dass der 67-Jährige als neuer Vorsitzender der Stiftung auf seine vielfältigen Kontakte zurückgreift, um an der Universitätsmedizin Extras zu ermöglichen, die über die Grundversorgung hinausgehen. „Die gesetzliche Finanzierung deckt den medizinischen Versorgungsbedarf ab. Zusätzliche Angebote, die für die Betroffenen einen großen Unterschied machen können, dürfen nicht aus öffentlichen Geldern finanziert werden“, erklärt Radtke. „Die Stiftung darf dieses aber schon: Sie nimmt dafür Spenden entgegen und leitet diese zielgerichtet dorthin weiter, wo sie am dringlichsten benötigt werden.“

Er kenne Patienten, Forschende und Medizinstudierende, die für die Hilfe der Stiftung „außerordentlich dankbar“ seien: Mal gehe es um eine verbesserte Krankenversorgung, mal darum, den medizinischen Nachwuchs und innovative Forschung zu fördern – und damit immer um „Menschen und Schicksale“. In den vergangenen Jahren habe sich die Stiftung Universitätsmedizin zu einem Möglichmacher und Impulsgeber in der Region entwickelt, diese Rolle wolle er stärken. Seinem Vorgänger war das von manchem zuletzt wohl nicht mehr uneingeschränkt zugetraut worden.

Vorgänger fiel mit fragwürdigen Äußerungen zur Corona-Impfung auf

Prof. Radtke, der im März als Uni-Rektor in Pension ging, ist schon im September dem langjährigen Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Jöckel gefolgt. Letzterer hatte Ende 2021 einen umstrittenen Aufruf gegen eine Impfpflicht unterschrieben, der den Sinn des Impfens grundsätzlich in Frage stellte und anzweifelte, dass es in Deutschland eine medizinische Notlage gebe. Damit befand er sich in krassem Widerspruch zur Haltung der Uniklinik Essen. Deren Ärztlicher Direktor, Prof. Jochen Werner, erklärte damals, Jöckel habe rein als Privatmann gesprochen.

Leitete die Stiftung Universitätsmedizin Essen 16 Jahre lang, war aber zuletzt wegen seiner Haltung zur Corona-Impfung umstritten: Prof. Dr. Karl-Heinz Jöckel.
Leitete die Stiftung Universitätsmedizin Essen 16 Jahre lang, war aber zuletzt wegen seiner Haltung zur Corona-Impfung umstritten: Prof. Dr. Karl-Heinz Jöckel. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Dieser Abgrenzung mochte etwa Essens Gesundheitsdezernent Peter Renzel nicht folgen: Er habe keinerlei Verständnis für „Funktionsträger“, die den Wert der Corona-Impfungen anzweifelten – egal, ob sie das „privat oder dienstlich“ täten. Werner räumte zumindest eine „schadhafte öffentliche Wahrnehmung zu einer herausragenden Einrichtung“ ein. Einer Einrichtung, die die Uniklinik allein im Jahr 2021 mit drei Millionen Euro gefördert hat.

Die Ablösung des Stiftungsvorstands fand zunächst geräuschlos statt, inzwischen ist Ulrich Radtke auf einer Vorstandssitzung offiziell in sein Amt gewählt worden. Nun begrüßen die Spitzen von Universitätsmedizin und Stiftung eine Führungspersönlichkeit, die „höchste Reputation, Akzeptanz und Vertrauen“ genieße. Und Prof. Werner sagt: „Ich bin dankbar über die Bereitschaft von Prof. Radtke, diese sehr wichtige ehrenamtliche Aufgabe zu übernehmen.“