Essen. Viele Covid-19-Patienten und hohe Krankenstände belasten die Kliniken. Essens Uniklinikchef regt nun an, auch infiziertes Personal einzusetzen.
Angesichts massiver Personalausfälle infolge von Corona-Infektionen betont der ärztliche Direktor der Uniklinik Essen, man werde bei den Quarantäne-Regeln „nicht um einen Strategiewechsel herumkommen“. Beschäftigte ohne Symptome und Beschwerden sollten unter strengen Hygieneauflagen früher an den Arbeitsplatz zurückkehren können. Andernfalls könne die Patientenversorgung in Gefahr geraten. Denn die Uniklinik erlebt derzeit wie alle Essener Kliniken, dass die Zahl der Covid-19-Patienten wieder deutlich zunimmt und gleichzeitig Personal krankheitsbedingt lange ausfällt.
Das habe schon jetzt Folgen für den Klinikalltag, sagt Werner: „Uns fehlen, wie an allen anderen Krankenhäusern, Fachkräfte, vor allem im Bereich der Pflege. Deshalb müssen wir Betten schließen und Operationen verschieben.“ Sowohl Krankenstand als auch Personalausfälle seien aktuell „ungewöhnlich hoch“. Neben der – wie derzeit überall – steigenden Zahl von Covid-19-Infektionen habe man es zum Herbstanfang mit einer hohen Zahl grippaler Infekte zu tun; das ergebe eine „tückische Mischung“.
Zahl der Covid-19-Patienten hat sich in einem Monat fast verdoppelt
Bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mit einer Sars-CoV-2-Infektion gebe es symptomatische wie asymptomatische Fälle. Nach den geltenden Regeln müssen sich die einen, wie die anderen zeitweilig isolieren. „Daraus resultieren also eine ganze Reihe von Quarantänen, aktuell allein zwischen 65 und 100“, so Werner. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Covid-19-Patienten an der Uniklinik binnen eines Monats von 47 auf 92 fast verdoppelt; 17 von ihnen müssen auf einer Intensivstation behandelt werden. Alle Infizierten benötigen einen „erheblich erhöhten Betreuungsaufwand“, betont die Uniklinik.
„Zudem spüren wir deutlich, wenn andere Krankenhäusern wegen Personalmangels ihre Notaufnahmen schließen und mehr Patienten zu uns kommen.“ Zeitweilig übersteige die Zahl der Anfragen die Bettenkapazitäten, „weswegen dann auch wir diesen Bettenbetrieb nicht in gewohntem Maße aufrechterhalten können“.
Mitarbeiter fallen quarantänebedingt teils wochenlang aus
Die Uniklinik sei aufmerksam und vorbereitet und habe nach zweieinhalb Jahren Pandemie intensive Erfahrungen mit dem Virus und den Erkrankungen gesammelt, betont der Uniklinik-Chef. „Hierzu gehört natürlich auch, dass man sich auf aktuelle Gegebenheiten und Herausforderungen einstellt und entsprechend reagiert.“ Aktuell bedeute das, dass man um einen Strategiewechsel bei den Quarantäne-Regelungen nicht herumkomme, damit man den Patienten in der kalten Jahreszeit weiter gerecht werden könne. Zumal im Winter die Zahl der Covid-19-Patienten weiter steigen werde. „Schon jetzt müssen wir in Einzelfällen mehrere Wochen auf Mitarbeitende verzichten, bis diese wieder freigetestet sind.“
In dieser Lage müsse man Risiken und Nutzen sehr genau abwägen und mit Blick auf die Patientensicherheit entscheiden. „Wir haben keinen Puffer mehr, bei einem die Patientenversorgung gefährdenden Personalmangel.“ Werner betont in diesem Zusammenhang, dass eine Infektion mit der Coronavirus-Variante vom Typ Omikron, die aktuell vorherrscht, vom Krankheitsbild nicht mit den Erkrankungen gleichzusetzen sei, wie man sie mit den ersten Varianten bis zum Typ Delta erlebt habe. Darauf müsse man reagieren, fordert Werner: „Hierzu gehört auch, dass man erneut hinterfragt, ob infizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die keine Symptome und Beschwerden mehr haben, in definierten Bereichen des Krankenhauses mit FFP2-Masken wieder arbeiten können.“
Personalmangel kann Patientensicherheit gefährden
Angesichts des strikten Corona-Regimes, an dem die Uniklinik seit Beginn der Pandemie festhält, mutet der Vorschlag radikal an. So müssen bis heute alle Besucher und Besucherinnen der Uniklinik einen maximal 24 Stunden alten, negativen Antigentest vorlegen. Werner verweist darauf, dass zunehmende Personalausfälle im Klinikalltag schwer zu verkraften sind und „nicht unerhebliche Risiken für Patientinnen und Patienten“ verursachten – oder in Einzelfällen ein Behandlungsplatz erst gar nicht zur Verfügung stehe.