Essen. Das Veranstaltungsgeschäft leidet unter den Krisen und Preissteigerungen. Die Folge: Die Essen Marketing Gesellschaft braucht mehr Geld.
Erst die Corona-Pandemie, dann der Ukraine-Krieg und nun auch noch die hohe Inflation: Eine Krise jagt die nächste. Das trifft auch Essens Marketing Gesellschaft mit Macht, allen voran als Veranstalter des Weihnachtsmarktes. Die Folge: Die EMG braucht mehr Geld, der städtische Zuschuss soll deshalb deutlich erhöht werden – um 1,157 Millionen Euro auf rund 3,6 Millionen Euro. Das sieht der Nachtragswirtschaftsplan vor, über den Rat der Stadt in seiner Sitzung Ende Oktober abschließend befindet. Dass sich die Zeiten bessern, ist laut EMG-Geschäftsführer Richard Röhrhoff nicht zu erwarten.
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Schon bei der Aufstellung des Wirtschaftsplanes im vergangenen Jahr hatte die EMG einen „corona-bedingten“ Betrag in Höhe von 400.000 Euro eingeplant – zusätzlich zu den rund zwei Millionen Euro, die aus der Stadtkasse fließen sollte. Schließlich war nicht abzusehen, was die Pandemie in diesem Jahr für das Veranstaltungsgeschäft bedeuten sollte. Nun zeigt sich: Das Geld reicht nicht aus. Aus Sicht der Marketinggesellschaft tun sich gleich mehrere Löcher im Etat auf.
Beim Weihnachtsmarkt rechnet die Essen Marketing Gesellschaft mit einem Verlust
Da wäre allen voran der Internationale Weihnachtsmarkt, die umsatzstärkste Veranstaltung im Jahreskalender der EMG. Noch bevor am Christbaum die erste Kerze brennt, steht für die Marketinggesellschaft fest, dass der eigentlich erwartete Umsatz nicht erreicht werden kann.
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Wegen der Bauarbeiten auf dem Willy-Brandt-Platz steht dieser als Veranstaltungsfläche in diesem Jahr nicht zur Verfügung, auch die Rathenaustraße fällt deshalb für den Budenzauber aus. Die EMG spricht von einem massiven Flächenrückgang. Zudem sei die Nachfrage der Händler nach Standplätzen stark rückläufig. Im Vergleich zu 2019, dem letzten Weihnachtsmarkt vor der Pandemie, wird die Zahl der Aussteller um ein Drittel sinken. Wer sein Geld nicht mit Glühwein, Bratäpfeln oder Gegrilltem verdient, überlegt es sich offenbar zweimal, ob er einen Stand eröffnet.
Das schlechte Wetter verhagelte „Essen on Ice“ in diesem Jahr die Bilanz
Überschattet würden die Planungen durch die Energiekrise. Noch geht die EMG davon aus, dass der Weihnachtsmarkt „weitestgehend normal“ über die Bühne geht. Statt mit einem Erlös von rund einer Million Euro, kalkuliert die Marketinggesellschaft aber nur noch mit rund 700.000 Euro. Der finanzielle Aufwand bleibt mit rund 730.000 Euro allerdings in etwa der Gleiche. Statt eines Gewinns erwartet die EMG also einen Verlust.
Auch in Zukunft rechnet die Marketinggesellschaft mit keinen Gewinnen, anders als in früheren Jahren. „Die goldenen Zeiten sind vorbei. Mit dem Weihnachtsmarkt verdient die EMG kein Geld mehr“, sagt Geschäftsführer Richard Röhrhoff und führt dafür steigende Kosten an, insbesondere für Sicherheit.
Die virtuelle Stadtführung „Essen 1887“ kämpfte mit technischen Problemen
Auch „Essen on Ice“ entpuppte sich Anfang des Jahres als Minusgeschäft. Auflagen durch Corona-Pandemie, zusätzliche Kosten für Sicherheit und anhaltend schlechtes Wetter verhagelten der EMG, die erstmals seit 20 Jahren als Allein-Veranstalter auftrat, die Bilanz. Unterm Strich stand schließlich ein Defizit von 125.000 Euro.
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Weil sich Sponsoren bei „Essen Original“ in Zurückhaltung übten, die Kosten in der Veranstaltungsbranche inflationsbedingt aber explodierten, schnitt auch das Stadtfest mit einem Verlust ab, 75.000 Euro fehlten in der Kasse.
Auch die virtuelle Stadtführung durch das historische Essen im Jahr 1887 bescherte der EMG ein Minus. Dabei spielte die als Weltneuheit gefeierte „Mixed-Reality-Tour“ dreimal so viel ein, wie erwartet – statt 80.000 Euro betrug der Erlös 240.000 Euro. Wegen massiver Hardwareprobleme lagen die Investitionskosten mit rund 500.000 Euro allerdings doppelt so hoch wie vorgesehen.
Die Marketinggesellschaft spricht von einer Anschubfinanzierung. Bei Teilnehmern sorgten die technischen Probleme allerdings für Enttäuschung, beste Werbung war das sicher nicht. „Die ersten drei Monate waren schwierig“, sagt Röhrhoff. Inzwischen sei die Hardware ausgetauscht worden. „Es funktioniert.“
Im Bericht der Verwaltung an den für städtische Beteiligungen zuständigen Fachausschuss wird der EMG zugutegehalten, dass alle Veranstaltungen „trotz schwieriger Umstände“ durchgeführt wurden. Wer das nicht wolle, müsse sich ehrlich machen, sagt Röhrhoff. „Aber die Innenstadt ohne Weihnachtsmarkt, will niemand.“