Essen. Essener Livekultur kämpft gegen Besucherschwund: Prominente Akteure wie Frank Goosen und Mirja Boes sind Teil der Aktion. Start in der Lichtburg.
Essens Kulturszene zeigt Gesicht – beispielsweise das von Herbert Knebel, Essens stadtbekanntem Berufsrentner. Oder das von Schauspielerin Tatjana Clasing – langjähriges Essener Ensemblemitglied und „Alles was zählt“-Serienstar. Auch weitere prominente Künstler wie Komiker Ingo Appelt, Jochen Malmsheimer, Comedienne Mirja Boes oder die „Banda Senderos“ sind mit dabei, wenn es darum geht, Essens Livekultur neu ins Scheinwerferlicht zu stellen.
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„Back2.Live“ heißt die Kampagne, die vom 17. Oktober bis 30. November mit Plakaten, Flyern und Aktionen auf die problematische Situation der Kultur- und Kreativszene aufmerksam machen will. Prominente „Paten“ von Kult-Autor Frank Goosen bis Schauspielerin Katja Heinrich kommen dafür in die Häuser – lesen, spielen oder verkaufen Popcorn vor Ort. Ziel der Aktion ist zum einen, die Sichtbarkeit zu erhöhen und neue Aufmerksamkeit für Livekultur zu wecken. Das soll aber vor allem auch in einen langfristig angelegten Denkprozess münden.
Denn eines ist vielen Akteuren mittlerweile klar. „Wir können nicht weiter machen wie bisher“, sagt Reiner Besel, künstlerischer Leiter im Theater Freudenhaus. Wie es weitergehen kann, soll bei der Auftaktveranstalter am Montag, 17. Oktober, ab 19 Uhr, in der Lichtburg diskutiert werden. Nicht nur alle Essener Kulturschaffenden, Institutionen sind eingeladen, sondern vor allem auch das Publikum, das man mit der großangelegten „Charming-Offensive“ zurückerobern möchte, so Besel.
Manche Theater verzeichnen Umsatzrückgänge von bis zu 70 Prozent
Corona, Krisen, Krieg: Die Ursachen für die momentane Zurückhaltung des Publikums mögen vielfältig sein. Die Organisatoren der Kampagne glauben, dass es ein ganzes Bündel von Gründen gibt, „die das Freizeitverhalten verändert haben, so „Back2.Live“-Mitinitiatorin Anne Falk. Die Folgen könnten gravierend sein: Schon jetzt sind die Besucherzahlen in fast allen Sparten drastisch eingebrochen und Umsatzrückgänge von bis zu 70 Prozent zu verzeichnen.
Die aktuelle Weltlage dürfte die Situation der freien Szene wirtschaftlich nicht verbessern. Die Existenz von Einrichtungen könnte auf Sicht gefährdet sein, die kulturelle Vielfalt der Stadt leiden. Wie man künstlerisch gegen Zukunftsangst, Depression und Perspektivlosigkeit ansteuern kann, wird die Herausforderung der Zukunft sein. Ernste Themen seien derzeit schwierig zu verkaufen, der leichte Schwank aber auch kein echter Publikumsrenner, berichtet Rainer Besel vom Theater Freudenhaus. Die Suche nach einem Weg aus der Krise will man nun gemeinsam angehen.
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Alle sollen sich also mitgenommen fühlen, wenn das „Back2.Live“-Programm am kommenden Montag mit einem großen Lichtburg-Event startet. Dabei würde schon die Datenschutzverordnung die Vernetzung der vielen verschiedenen Akteure nicht gerade erleichtern, bedauert Frank Fuchs von der Essener Volksbühne. Für den Auftaktabend immerhin wurden Vertreter ganz verschiedener Sparten gefunden. Teilnehmer wie Schauspiel-Intendant Christian Tombeil oder Gemma Russo-Bierke, Geschäftsführerin im Kulturzentrum Grend, werden über die Situation der Kultur- und Kreativschaffenden nach der Pandemie sprechen. Theater-Prinzipal Christian Stratmann und Kulturdezernent Muchtar Al Ghusain sind mit dabei, wenn es um die Frage geht, wie die Kultur- und Kreativszene in zehn Jahren aussieht.
Freilich wird nicht nur diskutiert, sondern auch getanzt, gesungen, Theater gemacht. Aalto-Sängerin Mercy Malieloa ist ebenso dabei wie Tobias Reisige von der Bläser-Band „Wildes Holz“ oder die Tänzerin Eloisa Mirabassi. Der Eintritt ist frei und die Hoffnung groß, das Publikum nicht nur für einen Abend zurückzuholen.