Essen-Kettwig. Vor 40 Jahren sorgte der Abischerz in Essen-Kettwig für Schlagzeilen. Zum Ehemaligentreffen werden Erinnerungen wach. Zeitzeugen berichten.

Bei Grillwürsten und Kaltgetränken werden am 20. August auf dem Hof des Theodor-Heuss-Gymnasiums sicher so etliche Anekdoten die Runde machen: Ein Ehemaligen-Treffen bietet sich ja geradezu an, Erinnerungen an die gemeinsam verbrachte Zeit auf der „Penne“ Revue passieren zu lassen.

Für den Jahrgang 1982 ist der Erwerb des Reifezeugnisses 40 Jahre her. Und dieser ging in die Annalen der Kettwiger Schulgeschichte ein.

Das sorgte für Schlagzeilen in der Zeitung

„Misthaufen blockierte Schultür. Riesige Fuhre rollte nachts an“ titelte die Kettwiger Stadtteil-Zeitung am 18. Juni 1982. Was war passiert? Zum Abschluss ihrer Schulzeit kippten die Abiturienten den Inhalt eines 7,5 Tonners – stinkender Kuh- und Pferdemist – vor die Türen ihrer Schule. Schon in der Nacht war der damalige Rektor Dr. Klaus Dormanns von der Polizei alarmiert zum Ort des Geschehens geeilt. Aufhalten konnte er die Aktion aber nicht mehr.

Der Schulleiter war nicht amüsiert. Die Schüler mussten die Reinigung bezahlen.
Der Schulleiter war nicht amüsiert. Die Schüler mussten die Reinigung bezahlen. © Tack

„Immerhin hatten wir Folie drunter gelegt“, berichtet Jochen Tack, später Fotograf bei der WAZ, seit 1991 freiberuflich tätig. Die Mist-Idee sei an einem Abend mit „schlechtem Rotwein und vielen Dosen Bier“ im Kreise des Organisationsteams für den Abischerz geboren worden. „Wir wollten was anderes machen, versuchen die anderen Jahrgänge zu toppen.“ Keiner sollte ins Gebäude reinkommen. Eine Schülerin, so Tack, habe Kontakt zu einem Pferdehof gehabt. „Ich habe den Lkw organisiert.“

Die Mistgabel in der Hand ist heute „eher grenzwertig“

„Der Pferdehof lag Richtung Heiligenhaus“, weiß Axel Kruse zu berichten, der mit von der Partie war. Der Steuerberater (und Science-Fiction-Autor) aus Fischlaken hat seine Schulzeit am THG in keiner guten Erinnerung. Die Mistgabel in die Hand zu nehmen, habe ihm schon eine gewissen Genugtuung bereitet, gibt er unumwunden zu. „Die restliche Nacht verbrachte ich mit einem Schulfreund dann im Garten seiner Großeltern.“ Aus heutiger Sicht sieht er das Ganze als „eher grenzwertig“ an. Denn in der Nacht lief einiges anders als geplant.

Kruse: „Einer der Mitschüler hatte wohl mal einen Schlüssel gestohlen. Mit diesem ging er in die Schule und goss eine Flüssigkeit ins Lehrerzimmer. Außerdem steckte jemand Streichhölzer in die Schlösser der Türen und brach sie ab.“

Abiturienten mussten die Reinigung bezahlen

Direktor und Hausmeister waren nicht amüsiert. „Irgendwie fiel mein Name, weil ich ja den Wagen organisiert hatte“, sagte Jochen Tack, der sich erinnert, dass die nicht abgesprochene Sabotage seiner mehr oder weniger alkoholisierten Mitschüler zum Streit bei den Akteuren führte. Tack bekam jedenfalls die Rechnung von der Stadt Essen für die Reinigung aufgebrummt. Die vierstellige Summe kam beim anschließenden Abiball (der dann nicht im THG stattfinden durfte) zusammen. Tack: „Ich hatte kurzerhand eine amerikanische Versteigerung, bei der jeder Bieter zahlen muss, organisiert.“ Dass der Mist-Gag so aus dem Ruder gelaufen sei, darauf sei er nicht stolz. „Aber der Zusammenhang Schule und Mist als Kommentar zur Schulzeit war nicht unsere Intention.“

Das Ehemaligentreffen 2022

Das Theodor-Heuss-Gymnasium (THG) lädt am nächsten Samstag, 20. August, ehemaligen Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer zu sich (Hauptstraße 148) ein. Von 19 bis 23 Uhr besteht bei Getränken und Würstchen die Gelegenheit, alte Schulkameraden wiederzutreffen.

Jazzmusik sorgt für eine passende Untermalung. So können die Ehemaligen gemeinsam in schönen (und vielleicht auch nicht so schönen) Erinnerungen schwelgen und Erlebnisse ihrer Jugend lebendig werden lassen.

Die Veranstaltung findet ausschließlich im Freien statt.

Der ehemalige stellv. Schulleiter Dr. Walter Jahnke, ab 1983 am THG, erinnert sich, dass weitere Abi-Jahrgänge in den 80er-Jahren sehr kreativ waren. Türme aus Autoreifen vor der Schultür oder gar schräg auf der Treppe geparkte Autos seien da zu nennen. „Der Mist blieb aber ungeschlagen.“ Dirk Kurbjuweit, Spiegel-Autor und ebenfalls 82er-Abiturient in Kettwig, habe die Mist-Story übrigens im neuesten Roman „Der Ausflug“ verarbeitet, verrät Jahnke.

Christian Koehn, seit 2018 Schulleiter, kann das alles gelassener sehen. Er wisse zwar nicht alles, aber die Grundzüge ihrer Abi-Scherze würden die Schüler mit ihm abstimmen. „Nervös bin ich trotzdem immer“, sagt er lachend – und freut sich auf viele Ehemalige und ihre Geschichten am nächsten Samstag.