Essen-Rellinghausen. Johannes Stoll zeigt in seinem Kalender für Essen-Rellinghausen Fotos aus der Vergangenheit des Stadtteils. Vieles ist heute noch zu erkennen.

Der Rellinghauser Kalender für 2023 mit 13 teils wenig bekannten historischen Fotos ist fertig und ab sofort in Geschäften in Essen-Rellinghausen und Stadtwald zu kaufen. Erstellt hat ihn Johannes P. Stoll, der frühere langjährige Vorsitzende der Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald, der sich seit vielen Jahren mit der Geschichte der Stadtteile beschäftigt. Er zeigt dabei Seiten seiner Wahlheimat, die vielen nicht bekannt sein dürften.

Etliche der historischen Schwarz-Weiß-Fotos haben mit der Bergbauvergangenheit der Stadtteile zu tun, sie sind teils unter Tage, teils über Tage entstanden. Das Titelbild des Kalenders zeigt einen Blick auf die Zeche Langenbrahm II / IV im Morgennebel, drei Jahre vor deren Schließung. Vom gewählten Standort der Aufnahme auf der Brücke an der Rellinghauser Straße sieht man auch heute noch ein Zechengebäude.

Johannes P. Stoll präsentiert seinen neuen Kalender für das kommende Jahr vor der Annenkapelle in Essen-Rellinghausen.
Johannes P. Stoll präsentiert seinen neuen Kalender für das kommende Jahr vor der Annenkapelle in Essen-Rellinghausen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Der Bergbau in und unter Rellinghausen lieferte Motive für zwei weitere Fotos, die auf den Blättern für Januar und Februar zu sehen sind. Eines zeigt den Schacht Otten der Kleinzeche Jungmann unterhalb von Schloss Schellenberg, die zwischen 1948 und 1959 etliche Arbeitsplätze bot. „Das andere ist eine Aufnahme der Unterwelt der Bergbaustruktur in mehr als 600 Metern Tiefe, wie sie nur der Bergmann, der tatsächlich einfuhr, erlebte“, so Johannes Stoll, der eigentlich aus dem Allgäu stammt, sich aber seit Jahren mit der Geschichte seiner jetzigen Heimat befasst.

13 alte Fotos zeigen die Vergangenheit des Essener Stadtteils Rellinghausen

Generell stammt die Mehrzahl der ausgewählten 13 Fotos aus der Zeit von 1945 bis 1960, mit zwei Ausnahmen. Der Baubeginn der Kläranlage Rellinghausen, der deutlich früher liegt, ist für Stoll ein interessantes Zeitdokument. Der Fotograf habe die (nicht) vorhandene Aushubtechnik des Jahres 1912 erfasst. Alles musste damals in Handarbeit erledigt werden. Obwohl der Fels dort offenbar nicht allzu hart war, war das für die Arbeiter eine Mammutaufgabe. Die Anlage war laut Stoll die erste biologische Kläranlage auf dem europäischen Festland. Nur in England habe es damals bereits eine solche gegeben.

Hier ist der Kalender erhältlich

Der Rellinghauser Kalender kostet zehn Euro.

Er ist ab sofort an der Tankstelle Goldmann, Frankenstraße 74, bei Lotto/Toto Schlüsener, Frankenstraße 202, und in der Buchhandlung Heger, Stadtwaldplatz 3, erhältlich.

Die Kläranlage wurde dann um die Jahrtausendwende durch die Großkläranlage in der Heisinger Aue ersetzt, die auch für das Abwasser aus Steele zuständig ist. Unweit der Stelle, wo die Arbeiter auf dem Foto mit dem Bau der alten Kläranlage beschäftigt sind, entstanden später die sogenannten „Faul-Eier“ im Annental, eine moderne Klärschlamm-Behandlungsanlage.

Im Hintergrund der Annenkapelle ist ein Gasometer zu erkennen. Er diente als Vorratsspeicher und ist längst abgebrochen. An der Stelle befindet sich heute die Wasserwirtschaftliche Sammlung des Ruhrverbandes.
Im Hintergrund der Annenkapelle ist ein Gasometer zu erkennen. Er diente als Vorratsspeicher und ist längst abgebrochen. An der Stelle befindet sich heute die Wasserwirtschaftliche Sammlung des Ruhrverbandes. © Fotoarchiv Ruhr Museum

Die für den Kalender verwendeten Fotos gehen teils weit in der Geschichte zurück. Eine der vermutlich allerersten Fotografien von Rellinghausen, ein Blick aus dem Walpurgistal auf das höher gelegene Rellinghausen, gibt die Bebauung des landwirtschaftlich strukturierten Walpurgistals gut wieder, erklärt Stoll. Fotos aus dem Zentrum Rellinghausens runden das Bild der 1950er und 1960er Jahre ab.

Beim Bau der Kläranlage Rellinghausen musste 1912 fast alles in mühevoller Arbeit von Hand erledigt werden.
Beim Bau der Kläranlage Rellinghausen musste 1912 fast alles in mühevoller Arbeit von Hand erledigt werden. © Fotoarchiv Ruhr Museum

Vor einiger Zeit war der Hobbyhistoriker auf ein Foto von Alfried Krupp gestoßen, der nach dem Krieg über die Frankenstraße in seine mehrjährige Gefangenschaft gebracht wurde. Nach der Veröffentlichung habe er vielen Rückfragen erhalten, so Stoll. Deshalb zeige er im Kalender jetzt ein weiteres Foto der Fahrt Alfried Krupps. Dabei sei zufällig die vorerst letzte Fahrt der Straßenbahnlinie 105 fotografiert worden, die danach für einige Monate eingestellt wurde.

Ausbau der Wuppertaler Straße im Bereich der Ruhrallee

Auch ein Foto von der Kreuzung Wuppertaler/Frankenstraße aus den 1960er Jahren ist Teil des Kalenders. „Dort sieht man, dass die Wuppertaler Straße Richtung Heisingen schon vierspurig war, Richtung Ruhrallee lief damals gerade der Ausbau im Bereich der Zornigen Ameise“, erläutert Stoll, der jedes der Kalenderfotos mit Erklärungen zum Motiv versehen hat.

Die winterliche Ruhr in Essen-Rellinghausen in den 1930er Jahren mit der Stelle, an der früher die angeblichen Hexen „getauft“, das heißt getötet, wurden.
Die winterliche Ruhr in Essen-Rellinghausen in den 1930er Jahren mit der Stelle, an der früher die angeblichen Hexen „getauft“, das heißt getötet, wurden. © Fotoarchiv Ruhr Museum | Willy van Heekern

Der Wahl-Rellinghauser hatte in den vergangenen Jahren bereits Kalender veröffentlicht und auch an denen der Bürgerschaft Rellinghausen-Stadtwald mitgewirkt. Er sieht seinen Kalender als Ergänzung zu den Kalendern der Bürgerschaft, die in der Vergangenheit in den Jahren mit gerader Jahreszahl erschienen waren.

Die Veröffentlichungsrechte für die Fotos des aktuellen Kalenders, die größtenteils beim Ruhr-Museum liegen, habe er erworben und sich die Verwendung schriftlich genehmigen lassen, so Stoll. Er arbeite bereits an einem Kalender für Bergerhausen, der ebenfalls historische Motive beinhalten und in etwa zwei Monaten erscheinen soll.