Mehr Arten im Essener Naturschutzgebiet Heisinger Aue
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Essen. Die Heisinger Aue ist das größte Naturschutzgebiet der Stadt Essen. Eine Bestandsaufnahme belegt: Die Artenvielfalt nimmt zu.
Als plötzlich ein Tiefflieger im leuchtend blauen Federkleid seine Kreise über dem alten Ruhrarm in der Heisinger Aue zieht, gerät Joachim Schmitting ins Schwärmen. „Schauen Sie, ein Eisvogel“, ruft der Biologe und wird ganz still: „einfach nur genießen“.
Der Eisvogel zählt zu den prominentesten Bewohnern der Heisinger Aue. Früher war er ein seltener Gast. Inzwischen sind gleich mehrere Brutpaare heimisch in Essens größtem Naturschutzgebiet, das die Europäische Union Anfang dieses Jahrtausends in den Rang eines FFH-Gebietes erhoben hat.
Nun 36 statt 13 Libellenarten
FFH – die drei Buchstaben stehen für Flora, Fauna, Habitat. Sie beschreiben einen natürlichen Lebensraum, wie er in Mitteleuropa kaum noch zu finden ist. Dass die Heisinger Aue sich binnen eines Jahrzehnts prächtig entwickelt hat, weiß Schmitting zu berichten. Nicht nur der Eisvogel ist hier zuhause, sondern diverse bedrohte Arten aus der Tier- und Pflanzenwelt. Allein 36 verschiedene Libellenarten wurden gezählt – 13 Arten mehr als noch in den 1980er-Jahren. Das freut nicht nur den Mitarbeiter der Unteren Landschaftsbehörde. Naturfreunde schätzen ausgedehnte Spaziergänge entlang der Ruhr zwischen Maria-Juchacz-Brücke im Norden und dem Baldeneysee im Süden des Naturschutzgebietes.
Die Heisinger Aue
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Ein beliebtes Naherholungsgebiet war die Heisinger Aue lange bevor Brüssel zum Ritterschlag ausholte. Bis Mitte der 1950er-Jahre stürzten sich Badende im Strandbad Rellinghausen in die Ruhrfluten. Bis zum Jahr 2002 schlugen Dauercamper dort ihre Zelte auf wie auch einige Kilometer flussabwärts an der Roten Mühle. Beide Campingplätze mussten weichen; bei den Betroffenen flossen Tränen – es war der Preis für den Bau der Kläranlage Essen-Süd des Ruhrverbandes.
Neuer Auenwald an der Alten Ruhr, stille Gewässer erholt
Aus Sicht des Naturschutzes war dieser Preis nicht zu hoch. Der Anteil besonders schutzwürdiger Flächen ist seit der letzten Kartierung im Jahr 2002 deutlich gewachsen von damals 19 Prozent auf nunmehr 29 Prozent. Die Rede ist von Auenwäldern, stillen Gewässern und Grünland.
An der Alten Ruhr, dem renaturierten Campingplatz auf einer Ruhrinsel, ist ein junger Auenwald empor gewachsen; Silberweiden und Schwarzerlen wiegen im Spätsommerwind. Jenseits des Altarmes, wo das Erdreich nicht so schnell unter Wasser steht, sind sie aus härterem Holz: Eichen, Feldulmen und Eschen ragen ihre dort dichten Kronen in die Höhe.
Auch die stillen Gewässer, die zu verschlammen drohten, haben sich erholt, seit ein störender Damm abgetragen wurde und sich das Hochwasser im Frühjahr wieder ungestört ausbreiten kann.
Kanadagänse und Hunde sind in der Heisinger Aue unerwünscht
Steht also alles zum Besten in der Heisinger Aue? Leider nicht. Die Glatthaferwiesen – auch sie sind eine Seltenheit in diesen Breiten – wird man länger sich selbst überlassen dürfen. Nur noch zehn verschiedene Arten konnte Schmitting auf den Wiesen nachwiesen. Bis zu 50 sollten es sein. „Das ist ein Indikator dafür, dass der Zustand nicht optimal ist“, weiß der Biologe. Hornklee, Wiesenknopf und Wiesenkerbel sollen deshalb aufgebracht werden; Saatgut aus der Region. Nur gilt es zu verhindern, dass sich Kanadagänse daran satt essen. Die Wiesen in der Heisinger Aue zählen zu den bevorzugten Ruheplätzen der gefiederten Besucher. Erwünscht sind die Gäste dort nicht. Das gilt auch für freilaufende Hunde, denn die Glatthaferwiesen sind der bevorzugte Lebensraum von Offenlandbrütern wie dem seltenen Feldschwirl. „Der kommt hier gar nicht mehr vor“, bedauert Schmitting.
Deshalb sein Appell an Hundebesitzer und alle anderen: Bitte auf den Wegen bleiben, damit die Heisinger Aue bleibt, was sie ist: ein sehens- und schützenswertes Fleckchen Erde und das mitten in einem der größten Ballungsräume Mitteleuropas.
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