Essen-Rüttenscheid. Zwei Bäume im Christinenpark in Essen-Rüttenscheid sind gefällt worden – obwohl gerade Brutzeit ist. Diese Gründe nennt die Stadt.
Wer einen Spaziergang durch den Rüttenscheider Christinenpark unternimmt, der hat seit über zwei Wochen freie Sicht auf den Grenzbereich zur Käthe-Kollwitz-Schule. Wo früher zwei große Bäume standen, fällt der Blick nun auf rote, mit Graffitis besprühte Backsteine. Am 8. Juni hat die Stadt die beiden Bäume, eine (nicht geschützte) Sumpfzypresse und eine Linde, gefällt – zum Erstaunen einiger Parkbesucherinnen und -besucher, die später an den Erdlöchern vorbeiliefen. Was ist geschehen?
„Ich finde es einfach nur traurig, dass hier im dicht besiedelten Rüttenscheid schon wieder Infrastruktur zur Erholung und Freizeitgestaltung für Kinder bis Senioren reduziert wurde“, ärgert sich eine Anwohnerin. Denn so fehlten nun zumindest fürs Erste wertvolle Schattenspender. „Das ist doch unser Park. Man fragt sich schon, warum die Stadt hier nach dem Tabula-Rasa-Prinzip vorgehen muss.“
Stadt Essen: Abriss muss während der Sommerferien passieren
Auf Anfrage erklärt die Stadt, dass die Baumfällungen in Zusammenhang mit den Bauarbeiten an der neben dem Christinenpark gelegenen Käthe-Kollwitz-Schule stehen. Dort wird ein Ersatzneubau errichtet. Dafür muss zunächst das ehemalige Hausmeister- und Toilettengebäude abgerissen werden. Das Gebäude grenzt direkt an den Christinenpark. Laut Stadt ist die Baumfällgenehmigung für die Linde, bei der es sich um einen geschützten Baum handelt, durch Grün und Gruga erteilt worden. Darüber hinaus sei die Fällung durch eine Artenschutzsachverständige begleitet worden.
„Um Einschränkungen des laufenden Schulbetriebs zu vermeiden, hat der Abbruch innerhalb der Sommerferien 2022 zu erfolgen“, sagt Stadtsprecher Burkhard Leise. Weil die Bäume mit einem Abstand von unter zwei Metern zu nah am unterkellerten Bestandsgebäude stehen, müssten sie weichen: „Durch den Abriss wäre die Stand- und Verkehrssicherheit der Bäume nicht mehr gegeben gewesen.“
Grün und Gruga Essen stimmte Fällung trotz Brutzeit zu
Es bleibt die Frage, warum die Fällung während der Brutzeit erfolgen durfte. Denn wie Stadt bestätigt, hat der Gesetzgeber im Bundesnaturschutzgesetz Baumfällungs- und Rodungsmaßnahmen insbesondere zum Schutze der Vögel in der Brutzeit für den Zeitraum vom 1. März bis zum 30. September grundsätzlich untersagt. Innerhalb dieser Zeit würden jedoch auf Antrag und in Ausnahmefällen Baumfällungen und Rodungen genehmigt. Burkhard Leise erklärt: „Der Maßnahme wurde durch Grün und Gruga Essen zugestimmt. Es wurde eine Gutachterin beauftragt, die die betroffenen Bäume auf etwaige Niststätten überprüft und zur Fällung freigegeben hat.“
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Ein Schulbetrieb sei während der Abbruchmaßnahme nicht möglich, da unter anderem die Zufahrt zum Gelände vollständig gesperrt werden müsse, so Leise. Aufgrund des Projektumfangs kämen nur die sechswöchigen Sommerferien in Betracht. „Das Fällen der Bäume war daher während der Brutzeit ist daher bedauerlicherweise alternativlos“, sagt der Stadtsprecher.
Grünen-Fraktion in der Essener BV II bedauert Fällung, begrüßt aber neuen Schulraum
Für Verwunderung sorgte die Tatsache, dass Planungsdezernent Martin Harter noch Anfang des Jahres davon ausgegangen war, für die Bauarbeiten an der Schule müssten keine Bäume weichen. Das sagte er bei der Sitzung der Bezirksvertretung (BV) II am 27. Januar auf Nachfrage von Malte Lantin, Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Stadtteilparlament. Wie es zu dieser Einschätzung kam, kann die Stadtpressestelle urlaubsbedingt noch nicht beantworten.
Man bedauere, dass es offensichtlich doch nicht möglich gewesen sei, auf Baumfällungen zu verzichten, sagt Lantin. „Gleichzeitig begrüßen wir, dass endlich der dringend benötigte Schulraum geschaffen wird“, so der Grünen-Politiker weiter. „Wir legen aber Wert darauf, dass wie zugesichert der Christinenpark in seinem aktuellen Umfang wiederhergestellt wird und Ersatzpflanzungen für die gefällten Bäume vorgenommen werden.“