Essen. Das Essener Krupp-Krankenhaus schließt die Frauenklinik samt Geburtshilfe: Dort wird es keine Geburten mehr geben. Was mit dem Team geschieht.
Das Alfried Krupp Krankenhaus schließt endgültig seine Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Wie das Krankenhaus am Montag (13. Juni) mitteilt, wird die Arbeit betriebsbedingt bereits zum 30. Juni 2022 eingestellt. In Essen gibt es damit nur noch zwei Geburtskliniken: die Uniklinik und das Elisabeth-Krankenhaus. Das „Krupp“ als kleinste Geburtsklinik der Stadt hatte in den vergangenen Jahren schon mehrfach den Kreißsaal für einige Tage schließen müssen. Das Krankenhaus hatte bis zuletzt vergeblich versucht, Fachpersonal zu gewinnen und sich nun schweren Herzens zu dem Schritt entschieden.
So betont Geschäftsführer Dr. med. Günther Flämig: „Es ist eine Entscheidung, die uns sehr schwergefallen ist. Wir sind aufgrund anhaltender struktureller Einschränkungen im Personalbereich gefordert, eine Klinik mit langer Tradition aufzugeben, auf die wir sehr stolz sind.“ Es handle sich um einen einschneidenden Schritt für das Krupp-Krankenhaus. „Ein Schritt, der uns alle sehr beschäftigt und schmerzt.“
Tatsächlich hatte die Nachricht intern einen Schock ausgelöst, bei einigen Betroffenen flossen Tränen. Flämig erklärt dazu, dass der Mangel an Fachärzten und die große Schwierigkeit in der Geburtshilfe, weitere erfahrene Hebammen in notwendiger Anzahl ans Haus zu binden, der Leitung „keine andere Wahl“ gelassen habe. Gescheitert seien schließlich auch intensive Versuche, über Neueinstellungen und Kooperationen mit Krankenhäusern der Region, die Versorgung in der Klinik weiter sicherzustellen.
Keine Geburten mehr im Essener Krupp-Krankenhaus
Flämig erklärte, dass die jetzige Entscheidung auch und gerade dem Wohl der Patientinnen geschuldet sei: „An unserem Haus ist es erstes Gebot, unsere Patienten bestmöglich medizinisch zu versorgen und zu therapieren.“ Diesen Anspruch werde man auch in Zukunft erfüllen. Im Bereich der Frauenheilkunde und Geburtshilfe konnte das Krupp-Krankenhaus offenbar nicht mit anderen hochspezialisierten Krankenhäusern in Essen mithalten.
So habe der Schwerpunkt der Frauenklinik in den vergangenen Jahren fast ausschließlich in der Behandlung gutartiger gynäkologischer Erkrankungen gelegen. Die Geburtsklinik am Krupp nahm werdende Mütter ab der 36. Schwangerschaftswoche auf. Für Risikoschwangerschaften, Früh- und Mehrlingsgeburten waren in Essen seit langem die Uniklinik sowie das Elisabeth-Krankenhaus als größte Geburtsklinik der Stadt zuständig. Im Krupp waren die Geburtenzahlen seit Jahren zurückgegangen: Kamen dort im Jahr 2018 noch mehr als 1000 Kinder zur Welt, waren es zwei Jahre später nur noch knapp 750.
Beide Häuser stehen dem Krupp-Krankenhaus nun zur Seite: „Gemeinsam mit der Geschäftsführung des zur Contilia-Gruppe gehörenden Elisabeth-Krankenhauses und dem Uniklinikum haben wir nach einer tragfähigen Lösung für unsere Mitarbeiter und den Medizinstandort Essen gesucht“, sagt Günther Flämig. Im Ergebnis hätten beide Geschäftsführungen angeboten, den von der Schließung der Frauenklinik betroffenen Ärzten und Hebammen einen Einstellungsvertrag zum 1. Juli 2022 anzubieten. Das bedeute nicht nur eine nahtlose Weiterbeschäftigung, sondern ermögliche den Mitarbeitern sogar, „als Team zu wechseln“, so Flämig. So könne das medizinische Fachpersonal dem Gesundheitsstandort Essen erhalten bleiben.
Andere Krankenhäuser werben um das scheidende Klinikpersonal
Tatsächlich hätten bereits weitere Frauenkliniken signalisiert, den Hebammen und Ärzten des Krupp-Krankenhauses gern Stellenangebote zu machen. Doch zunächst stellt sich schon am Dienstag (14. Juni) ein Team des Elisabeth-Krankenhauses im Krupp-Hörsaal vor: Geschäftsführung, Klinikleitung, Personalabteilung und Pflegedienstleitung werben dann um die begehrten Fachleute.
Das Krupp-Krankenhaus gibt sich zuversichtlich, dass Patientinnen der Gynäkologie ebenso wie werdende Mütter trotz der Schließung der Klinik am Krupp-Krankenhaus in Essen und den Nachbarstädten „weiterhin gut versorgt“ werden. Allerdings hatte schon die Schließung des Marienhospitals Altenessen vor zwei Jahren die Befürchtung ausgelöst, dass es in Essen bald zu wenige Geburtskliniken geben könnte. Der Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe an der Uniklinik Essen, Prof. Dr. Rainer Kimmig, bestritt das schon damals. „Es ist vielmehr so, dass wir lange Zeit eine massive Überversorgung bei der Frauenheilkunde hatten.“ Mit nur noch drei Geburtskliniken bewege sich Essen „allmählich auf einem normalen Niveau“, die Versorgung könne jederzeit sichergestellt werden.
Seither sah sich freilich auch die Uniklinik gelegentlich gezwungen, aus Personalmangel den Kreißsaal zu schließen. Schon deswegen dürfte man die scheidenden Mitarbeiter aus dem Krupp-Krankenhaus nun gern aufnehmen.