Essen. Wie geht man um mit dem „dritten Geschlecht“? Die erste Essener Schule hat ein „Divers“-WC eingerichtet, eine andere wechselt die Schilder.
Mann, Frau, divers: Eine erste Essener Schule hat eine WC-Anlage der dritten Kategorie eingerichtet. Sie sind für „diverse“ Menschen gedacht, die sich weder eindeutig als Männer noch als Frauen fühlen.
Das allgemein als „divers“ bezeichnete und sogenannte „dritte Geschlecht“ umfasst zum Beispiel, Menschen die langfristig eine Geschlechtsumwandlung anstreben, oder die sich als „non-binär“ definieren, also weder eine eindeutig männliche oder weibliche Identität haben.
Schultoiletten: Spezielle „Divers“-Toilette am Heinz-Nixdorf-Berufskolleg
Am Heinz-Nixdorf-Berufskolleg in Frohnhausen, das kürzlich nach einer siebenjährigen Generalsanierung neu eröffnet wurde, hat man im vierten Stock eine spezielle „Divers“-Toilette eingerichtet. Sie ist durch ein entsprechendes Schild gekennzeichnet. Es sind Sanitärräume sowohl mit Sitzklos als auch mit Pissoirs. Letztere sind durch eine separate Trennwand vom Rest der Räumlichkeiten abgeschieden.
„Es war der Wunsch der Schule, den gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen“, sagt Jörg Gleißnig, der Schulleiter.
„d“-Klos sind ausdrücklicher Wunsch der Stadt
Dass Schulen auch „d“-Klos einrichten – „d“ steht für divers – ist ausdrücklicher Wunsch der Stadt Essen. „Die Entwicklungen im Bereich der Genderthematik (m/w/d) sind zu berücksichtigen“, heißt es in der aktuellen Schulbau-Leitlinie, die jetzt und künftig für alle Neubauten anzuwenden ist.
Mit Unisex-Klos – also einfach Toiletten für alle – wäre es hingegen nicht getan: Die Arbeitsstätten-Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) schreibt vor, dass sowohl für Personal als auch für Schülerinnen und Schüler Toiletten einzurichten sind, die baulich voneinander getrennt sind.
Wird das neue „d“-Klo denn auch benutzt? „Ja, auf jeden Fall“, sagt Jörg Gleißner vom Nixdorf-Berufskolleg. Es seien durchaus Schülerinnen und Schüler bekannt, die eine sogenannte „Gender-Thematik“ hätten; und längst nicht jeder Jugendliche oder junge Erwachsene geht mit diesem Thema offen um.
Normale sanitäre Anlagen, aber „diverse“ Schilder in Schonnebeck
Die neu errichtete Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Schonnebeck, deren Gebäude nach den letzten Sommerferien eröffnet wurde, geht einen anderen Weg, den man durchaus kritisch beurteilen kann: Das Gebäude ist komplett neu errichtet worden – allerdings bevor die neue Schulbau-Leitlinie Essens in Kraft trat. „Dritte Toiletten baulich einzurichten, war nicht möglich“, sagt Julia Klewin, Lehrerin an der Schule und gleichzeitig Ansprechpartnerin für Gleichstellungsfragen.
Also verfuhr man an der „Heinemann“ so: Sämtliche WC-Anlagen – jene für Frauen oder Mädchen sowie für Männer oder Jungen – wurden zusätzlich mit dem Wort „Divers“ gekennzeichnet. In allen Toilettenräumen stehen entsprechend normale Sitz-Klos; bei den Männer-Toiletten kommen Wand-Urinale hinzu.
Zuvor, im alten Schulgebäude, hatte man verabredet, dass Schülerinnen und Schüler mit einer nicht klar zuzuordnenden Geschlechtsidentität die Toiletten für Menschen mit Behinderung aufsuchen dürfen. „Aber das“, sagt Julia Klewin, „war ein Zustand, den niemand gut fand. Wir haben es hier schließlich nicht mit einer Behinderung zu tun.“
Aber was ist nun im Alltag, wenn ein Mädchen, das sich eher wie ein Junge fühlt, eine Jungen-Toilette aufsucht? Oder umgekehrt? Gibt es da nicht Gekreische oder zumindest Irritationen? „Da hat es noch nie Probleme gegeben“, sagt Julia Klewin. Zumal es in jedem Jahrgangs-Trakt separate Toiletten gebe; eine Alters-Durchmischung gebe es auf den WCs nicht.
Die Pädagogin schätzt, dass etwa ein bis zwei Teenager pro Jahrgang“, stärker als andere Menschen mit Fragen ihrer geschlechtlichen Identität beschäftigt seien. Für die Sozialarbeiter an der Schule sei es durchaus ein Thema; sie würden mit solcherlei Vertraulichkeiten durchaus beschäftigt.