Essen-Werden. Sind die „Domstuben“ zu retten? Der Arbeitskreis Essen 2030 klinkt sich als fachkundiger Berater in die Diskussion ein. Das sind seine Argumente.
Die Zerstörung unwiederbringlicher Baukultur befürchtet nicht nur die Bürgerschaft des Abteistädtchens Werden durch den von der Propsteipfarrei St. Ludgerus angekündigten Abriss der „Domstuben“: Die zuständige Bezirksvertretung IX bekräftigte in ihrer Januar-Sitzung erneut die Forderung nach einem Denkmalschutz für das historische Gebäude, auf Ratsebene fordert die SPD-Fraktion mittlerweile eine Denkmalbereichssatzung für den Stadtteil. Rechtsanwalt Gerd-Ulrich Kapteina, Experte für die Rechtssprechung im nordrhein-westfälischen Denkmalschutz, sieht indes den Ball im Feld des Amtes für Denkmalpflege im Rheinland (LVR-ADR).
Domstuben verkörpern Heimatgeschichte für die Werdener
Die Behörde hat das 1787 als Rektoratsschule erbaute Haus als „erhaltenswerte Bausubstanz“ aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Häuseransicht der Brückstraße eingestuft sowie auf die Möglichkeit einer Denkmalbereichssatzung für Werden hingewiesen, das Gebäude selbst aber nicht unter Schutz gestellt.
Unbestreitbar habe dieses Objekt aber eine historische Aussage für die Menschen in Werden und verkörpere damit ein Stück Heimatgeschichte, erklärt Ulrich Kapteina für den Arbeitskreis Essen 2030, der sich jüngst erfolgreich für den Erhalt der Eyhof-Siedlung und auch für die Villa Ruhnau als fachkundiges Beratergremium in die Stadtentwicklung eingebracht hat.
Kapteina: Denkmalpflege nicht nur wissenschaftlich betrachten
Diese prägende Bedeutung der „Domstuben“ für Stadtteil und Bürger habe das Amt bei der Betrachtung der Denkmalwürde außer Acht gelassen, bemängelt Kapteina. Die Unterschutzstellung eines Hauses dürfe nicht nur davon abhängen, ob an diesem bauliche Veränderungen vorgenommen wurden. „Es gibt im Übrigen kein Haus, das über die Jahrhunderte unverändert geblieben ist“, merkt der Rechtsexperte an.
Der Gesetzgeber gebe ausdrücklich die Möglichkeit, die Denkmalpflege eben „nicht nur wissenschaftlich zu betrachten wie das Rheinische Denkmalamt“, sondern vielmehr den Kontext zu betrachten, in dem die Architektur sich befinde.
„Die Werdener erkennen den Kontext, den die Domstuben im Ensemble mit den anderen Häusern der Brückstraße darstellen.“ Erst im zweiten Schritt des Verfahrens sei der Umgang des Eigentümers mit der Immobilie zu behandeln.
Einheitlich gestaltete Gebäudezeile an der Brückstraße
Den städtebaulichen Aspekt als wichtigen Faktor betont auch Jörg Heimeshoff. Der Historiker war bis 2017 Leiter des Instituts für Denkmalschutz und Denkmalpflege in Düsseldorf und als solcher mit der Beurteilung zahlreicher Baudenkmäler befasst. Auch mit Denkmalbereichssatzungen kennt er sich aus: Mit diesem Mittel seien etliche historische Strukturen im Stadtbild der Landeshauptstadt erhalten geblieben. Als gebürtiger Werdener hat Heimeshoff noch mal einen anderen Blick auf die „Domstuben“.
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Er selbst habe Anfang der 1980er Jahre für die Stadt Essen eine Vorschlagsliste für denkmalwürdige Objekte erstellt. Nicht in jedem Fall seien die Denkmalbehörden diesen Vorschlägen gefolgt. „Die Domstuben stehen ja nicht unter Schutz, die beiden angrenzenden Gebäude sehr wohl.“
Gebäude haben wesentliche Bedeutung für das Stadtbild
Heimeshoff erinnert an den Begleittext in der Denkmalliste für das Wohnhaus Nummer 75-79: „Mit dieser Gebäudezeile stellt sich eine der am einheitlichsten und geschlossensten gestalteten Zeilen dar. Die Gebäude sind von wesentlicher Bedeutung für das Stadtbild.“
„Wir als Arbeitskreis Essen 2030 halten die Denkmalbereichssatzung nicht für den richtigen, weil den schwächeren Weg“, hakt Ulrich Kapteina ein. Er sehe die Stadt in der Pflicht, explizit das ehemalige Kolpinghaus in seiner Substanz (zumindest von der Fassade her) zu erhalten und dies beim Rheinischen Denkmalamt anzustoßen.