Essener Süden. Dem Traditionshaus „Domstuben“ in Essen-Werden droht der Abriss. Die Stadt soll prüfen, ob das Haus schutzwürdig ist. Warum das so wichtig ist.

  • Für das Traditionslokal „Domstuben“ in Essen-Werden stehen die Chancen auf Erhalt 50/50.
  • Die Bezirksvertretung IX hat ein klares Votum für das Gebäude formuliert und fordert von der Stadt die Prüfung des Denkmalschutzes.
  • Denn das historische Haus soll nicht das gleiche Schicksal erleiden wie der „Kaiser Friedrich“ an der Forstmannstraße. Seit dessen Abriss 2017/18 klafft dort eine Baulücke.

Ob Abriss und Neubau oder Sanierung im Bestand: Die Zukunft der ehemaligen Gaststätte „Domstuben“ liegt in den Händen des Eigentümers, der Propsteipfarrei St. Ludgerus. Die Bezirksvertretung IX hat in ihrer Sitzung am 29. September indes ein klares Votum für den Erhalt des Gebäudes am Rande der Werdener Altstadt formuliert: Die Denkmalbehörde der Stadt wird aufgefordert, eine Unterschutzstellung des Hauses Brückstraße 81 zu prüfen.

Die Bezirkspolitiker treibt eine große Sorge um: Welche Funktion das Gebäude gegenüber der Basilika St. Ludgerus auch immer künftig haben wird – das historische Ensemble entlang der Brückstraße solle erhalten bleiben, so die einhellige Meinung der Fraktionen. Ein Neubau würde den Charakter des Straßenzuges sehr verändern.

Wohnhäuser daneben stehen alle unter Denkmalschutz

Die Häuserflucht an der Brückstraße: Das historische Ensemble soll möglichst erhalten bleiben, so der Wunsch der Bezirkspolitiker.
Die Häuserflucht an der Brückstraße: Das historische Ensemble soll möglichst erhalten bleiben, so der Wunsch der Bezirkspolitiker. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die Wohnhäuser rechts und links der „Domstuben“ sind nämlich laut Denkmalliste der Stadt seit 1986 unter Schutz gestellt, während das 1787 unter Abt Bernhard II. Bierbaum als Elementarschule entstandene Gebäude keinen Denkmalschutz genießt. Das Haus ist indes seit Generationen eine „waddische Institution“: 1963 wurde es Kolpinghaus und war später als Gaststätte und Hotel der Treffpunkt für die Werdener Vereine und Veranstaltungsort schlechthin. Seit der Schließung Ende 2019 vermisst die Werdener Bürgerschaft ihre „Domstuben“. Pläne, dass das Franz Sales Haus als neuer Pächter dem Haus wieder Schwung verleiht, wurden bislang nicht konkretisiert. Was unter anderem am Sanierungsbedarf hängt.

Vom Eigentümer gebe es wohl noch keine Entscheidung über den Umgang mit der Immobilie, teilte Ludger Hicking-Göbels, 1. stellv. Bezirksbürgermeister, dem Gremium mit: „Es hieß vor einigen Wochen, die Entscheidung würde noch im September fallen. Seither habe ich nichts mehr gehört.“ Bekannt ist aus einer digitalen Gemeindeversammlung, die im März diesen Jahres stattgefunden hat, dass ein Abriss der „Domstuben“ die Gemeinde genauso viel kosten würde wie eine Sanierung im Bestand: Beides wird auf 3,4 Millionen Euro geschätzt.

Schicksal des Jugendstilhauses „Kaiser Friedrich“ ist mahnendes Beispiel

Ein trauriges Bild durch alle Jahreszeiten hindurch gibt die Baulücke ab, die zwischen Ludgerus- und Forstmannstraße durch den Abriss des Jugendstilhauses klafft.
Ein trauriges Bild durch alle Jahreszeiten hindurch gibt die Baulücke ab, die zwischen Ludgerus- und Forstmannstraße durch den Abriss des Jugendstilhauses klafft. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Im Umgang mit historischer Bausubstanz reagieren die Menschen in Werden sehr sensibel: Das abgerissene Jugendstilhaus an der Forstmannstraße 27, bekannt unter dem Gaststätten-Namen „Kaiser Friedrich“, wird nicht nur im Stadtteil selbst, sondern inzwischen stadtweit als mahnendes Beispiel dafür genannt, wie es nicht laufen sollte. Auch dieses Gebäude stand nicht unter Denkmalschutz, andere Häuser in der Straße jedoch schon.

Dem schlichten „Vergessen“ der Behörde folgte Ende 2016 eine Unterschutzstellung der Fassade, die 2018 aufgrund eines Gutachtens des Eigentümers wieder aufgehoben wurde. Kurzum: Das Gebäude fiel trotz massiver Widerstände von Bevölkerung und Politik zur Gänze. Seitdem klafft eine erhebliche Lücke, denn gebaut wurde trotz umfangreicher Planungen dort bislang nicht.

Denkmal: Brost-Villa wird als bedeutend eingestuft

Eine Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Essen erfolgt nach eingehender Prüfung durch die Untere Denkmalbehörde und in Abstimmung mit dem Landschaftsverband Rheinland. Diese Häuser werden dann den Ratsgremien vorgestellt.Neu aufgenommen werden soll beispielsweise jetzt das Objekt Zeißbogen 28. Die Bungalow-Villa der Eheleute Brost wurde 1953-54 vom Architekten PeterFriedrich Schneider (Erbauer Funkhaus Wallrafplatz in Köln und Essener Hauptbad) erbaut und wird als überbezirklich bedeutend eingestuft. Dort wohnte der Zeitungsverleger Erich Brost mit seiner Familie. Aktuell ist dort die Brost-Stiftung beheimatet.

Baugenehmigung läuft Ende Oktober definitiv ab

Die 2018 von der Stadt Essen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit neun Wohnungen und Tiefgarage läuft nun nach drei Jahren, sprich am 28. Oktober 2021, ab. Im April, so informierte jetzt eine Vertreterin der Verwaltung die Bezirkspolitiker, habe es einen Antrag auf Verlängerung der Baugenehmigung um ein Jahr seitens des Bauherrn gegeben: „Diesem Antrag kann jedoch nicht entsprochen werden, weil die Baugenehmigung nach altem Recht erteilt worden ist.“

Eine neue Bauordnung trat 2019 in Kraft und diese enthalte vor allem bezüglich der Barrierefreiheit etliche Änderungen, die Umplanungen für das Neubauprojekt erforderlich machten. Zu einem Anhörungsverfahren habe sich der Bauherr nicht geäußert, so dass es nun auf eine Ablehnung hinauslaufe. Der Investor müsste folglich einen neuen Bauantrag stellen, wollte er denn an dieser Stelle ein neues Haus bauen.