Werden. In Essen-Werden setzt sich eine Initiative gegen Verpackungsmüll ein. Diese Lösungen können Kunden in der Gastronomie schon nutzen.
Im Lockdown wurde in der Gastronomie verstärkt auf To-Go-Produkte zurückgegriffen, oft achtlos weggeworfen. Das wollen engagierte Werdener ändern und bestärken die noch wenigen Nachhaltigkeits-Pioniere in ihrem Tun. Es gibt Licht am Ende des Einwegtunnels: Die Novelle des Verpackungsgesetzes zwingt Restaurants, Bistros und Cafés, spätestens ab 2023 ihre Mitnahmeprodukte in Mehrwegverpackungen anbieten. Das Müllvermeidungs-Team von „Gemeinsam für Stadtwandel Werden“ kämpft gegen den Verpackungsmüll der örtlichen Gastronomie.
Die erste Resonanz im Stadtteil mache Mut, sagt Christiane Gregor: „Wir haben Klinken geputzt und sind bei den Werdener Gastronomen auf offene Ohren gestoßen.“ Als eine Möglichkeit nennt sie das digitale Mehrwegsystem des Kölner Start-Ups „Vytal“. Schalen sind in vier Größen lieferbar, auch Kaffeebecher, Sushi-Box und ein Pizza-Mehrwegbehälter.
Die Rückgabe ist bundesweit bei allen Vytal-Partnern möglich: heute in Köln schlemmen, übermorgen in Berlin zurückgeben. Der Kunde lädt sich eine App herunter und erhält einen persönlichen QR-Code. Alternativ kann eine Offline-Karte gekauft werden. Nach rund 200 Befüllungen werden die Schalen aus dem Kreislauf genommen und recycelt. Bis dahin hat jede Einzelne bis zu 30 Kilogramm CO2 eingespart. Selbst die Auslieferung wird soweit möglich mit dem Lastenfahrrad erledigt.
Kochschule setzt auf den Unverpackt-Trend
In ihrer Kochschule „lecker werden“ an der Ruhrtalstraße setzen Stefanie und Patrick Jabs schon längst auf Nachhaltigkeit. Koch Patrick Jabs zeigt auf einen Stapel mit Frischhalteboxen: „Unsere Mitnahme-Menüs werden in verschiedenen Größen bis zu drei Litern verpackt.“ Die Kunden bekommen bei Rückgabe der Behältnisse von Lock Lock natürlich ihren Pfand zurück, aber viele behalten die Schalen ihrer hohen Qualität wegen.
Jabs geht zu einem hohen Regal: „Wir haben unseren Feinkostbereich erweitert und bieten jetzt auch unverpackte Lebensmittel zum selbst Abfüllen an. Nachhaltig und in Bio-Qualität. „Wir nehmen nur Ware, die in großen Gebinden angeliefert wird, komplett ohne Plastik. Dadurch ist das Produkt günstiger im Einkauf, was wir an unsere Kunden weitergeben können. Einfach die losen Lebensmittel abfüllen in einen mitgebrachten Behälter, auf die Waage stellen und fertig. Alternativ bieten wir Drahtbügelgläser zum Kauf an.“ Das Angebot umfasst Produkte wie Nudeln, Reis, Rohrzucker, Dinkel-Müsli, Leinsaat, Couscous, Mandeln, Mehl auch glutenfrei. „Die Veggie-Bio-Lakritzschnecken sind der Renner“, sagt Jabs.
Der Koch denkt direkt einen Schritt weiter: „Wir müssen das nach und nach ausbauen. Wir haben bisher bei einem Bioversand bestellt und da stammen mir noch zu viele Produkte von zu weit her. Ich könnte mich zum Beispiel schwarzärgern, wenn ich Bio bestelle und der Honig aus China kommt. Das kann es nicht sein, wir möchten regionale Produkte. Unser Honig kommt aus Bochum. Es gibt alles. Man muss nur suchen.“
Mülleimer in Werden sollen nicht überquellen
Noch suchen muss man in Werden die Gastronomen, die nachhaltig mitdenken. Einige hatten bereits nachhaltiges Geschirr und Besteck getestet, sind aber wieder abgesprungen. Beim Café Werntges und an der Aral-Tankstelle wird auf das Pfandsystem „ReCup“ gesetzt. Auch die Bocatería „Sandwich.Coffee“ an der Heckstraße bietet zu belegten Panini den italienischen Kaffee in Mehrwegbechern an.
Betreiber David La Perna: „Das wird super angenommen. Wir geben rund 29 Prozent Leihbecher raus, das ist schon eine ordentliche Quote. Geschäftsleute nehmen die ReCups mit in die Bahn und tauschen sie in Düsseldorf um. Wir haben sogar schon Becher aus Hamburg entgegen genommen. Unsere fußläufige Lage ist ideal, zu uns kommen Schüler, Folkwangstudenten und auch eine klimabewusste ältere Klientel, die Wert legt auf Geschmack und Nachhaltigkeit. Das ist ein cooles System. Es erspart uns viel Müll. Aber noch zu viele Leute sind bequem: Kaffee holen, trinken, Becher wegschmeißen. Das müssen wir ändern. Wir haben doch auch keinen Bock darauf, dass die Mülleimer überquellen.“