Essen. Open-Air-Auftritte sollen der Essener Kulturszene wieder auf die Beine helfen. Für die Ertüchtigung der Spielorte gibt es Geld von Stadt und Bund

Vor dem Spiel ist nach dem Spiel: Denn egal, wie sich die National-Elf im Dienstag-Spiel gegen England schlagen wird: Im Grugapark, wo die Vorrunden-Kicks der deutschen Mannschaft bislang als Public-Viewing übertragen wurde, wird im Juli auf jeden Fall meisterlich weitergespielt, wenn der Essener Musikkabarettist Timm Beckmann am 14. Juli seine „Liga der außergewöhnlichen Musiker“ im Musikpavillon auflaufen lässt.

Singer-Songwriterin Alin Coen ist dann dabei, der Musikkabarettist Lennard Schilgen und die A-Cappella-Formation Slixs. Der Open-Air-Auftritt der erfolgreichen Musikkabarett-Reihe ist der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Freiluft-Veranstaltungen, die der Essener Kulturszene nach langer Corona-Pause endlich wieder die Rückkehr auf die Bühne ermöglichen will. Mit Corona-konformem Hygieneschutzkonzept und kostenlos bereit gestellter Bühnentechnik.

Der Kennedyplatz verwandelt sich im Juli in eine große Open-Air-Disco.
Der Kennedyplatz verwandelt sich im Juli in eine große Open-Air-Disco. © Unbekannt | EMG

Für die Aktion hat nicht nur die Stadt Essen Geld in die Hand genommen, die die finanzielle Förderung der Open-Air-Spielstätten im Grugapark übernimmt. Unterstützung kommt auch von der Kulturstiftung des Bundes, die den Essener Kultursommer als eines von 117 bundesweiten Projekten im Rahmen von „Neustart Kultur“ mit 397.000 Euro fördert. Ermöglicht wird damit unter anderem eine Teil-Bespielung der Borbecker Dubois-Arena, ein Open-Air-Programm der Altenessener Zeche Carl und die zunächst für Juli geplanten Kopfhörer-Discos auf dem Kennedyplatz, so sieht es der bewilligte Antrag von Essener Kulturamt und Essen Marketing GmbH (EMG) unter dem Motto „Wir machen der Kultur Mut!. Drei Spielstätten, drei Partner, ein StraßenKunstSommer – und viele Optionen“ vor. Der umständliche Titel macht allerdings schon klar, dass die Gemengelage aus verschiedenen Finanz-Töpfen, unterschiedlichen Veranstaltern und Zuständigkeiten nicht ohne Herausforderung ist und unter Zeitdruck nun manches gleichzeitig angeschoben werden muss.

Viele Beteiligte, das bedeutet aber eben auch viel Abstimmungsbedarf. Und so langsam sorgt sich der ein oder andere Essener Kulturanbieter schon, ob sich all die schönen, für die nächsten Wochen geplanten Projekte noch rechtzeitig herumsprechen und ihr Publikum finden. Eine größer angelegte Citylight-Poster-Aktion soll zumindest bald von der Vielfalt der sommerlichen Kulturangebote künden und die „Dachmarke Kultursommer“ stadtweit bekannter machen.

In der Essener City soll der Straßenkunstsommer starten

Deren Vermarktung liegt in der Obhut der Essener Marketing GmbH, die auch für die Ertüchtigung und die kostenlose Technik-Bereitstellung der Bühnen verantwortlich zeichnet. Die Bewerbung und der Ticket-Verkauf für die Auftritte bleibt jedem einzelnen Veranstalter überlassen, was das Marketing des breitgefächerten Angebots nicht unbedingt erleichtern dürfte. Manchem fehlt dabei eine Übersicht.

Im Kulturamt Essen spricht man derzeit von einem „laufenden Prozess“. Nach monatelanger Lähmung durch die Pandemie sei man nun dabei, eine ganze Reihe großer Projekte gleichzeitig zu stemmen, erklärt Kulturamts-Leiterin Margrit Lichtschlag. Denn auch der bereits mehrfach verschobene „Straßenkunstsommer“, bei dem Musiker, Clowns und Akrobaten in der City wieder für mehr Belebung sorgen sollen, wird Anfang Juli an den Start gehen. Dass kulturelles Leben nun auf so vielen Ebenen wieder möglich werde, sei ein wichtiges Signal von Stadt und Bund, findet Lichtschlag

„Wir wollen unsere Rückkehr auf die Bühne zelebrieren“

„Wir wollen unsere Rückkehr auf die Bühne zelebrieren“, verspricht jedenfalls Musikkabarettist Timm Beckmann, dessen „Liga der außergewöhnlichen Musiker“ am 14. Juli am Start ist. Das Musikkabarett-Format hat in den vergangenen Jahren Karriere gemacht und bespielt neben der Zeche Carl mittlerweile auch die großen Theatersäle von Mülheim bis Dortmund. Bis Corona kam. Viele Shows mussten seither ausfallen, der Open-Air-Auftritt soll ein Neustart sein. Alle Künstler seien euphorisch, endlich wieder auf der Bühne zu stehen und „den Leuten zu zeigen, dass es weitergeht“, sagt Beckmann.

Doktor Stratmann kommt mit seinem Best-of-Programm in den Grugapark.
Doktor Stratmann kommt mit seinem Best-of-Programm in den Grugapark. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Auch das „Stratmanns Theater“ hat sein Sommergastspiel im Grugapark fest geplant. Am 12. und 14. August wird im Musikpavillon unter anderem Doktor Stratmann sein Abschiedsprogramm „Dat Schönste zum 25.“ spielen, hauseigene Produktionen wie der „Mädelsabend“ sind ebenso am Start wie Gast-Auftritte von Hennes Bender (15. August), der A-Capella-Formation Basta (18. August) sowie einem heiter-medizinischen Zusammentreffen von Réne Steinberg und Doc Esser (17. August). „Wir wollen in Verbindung mit der Stadt etwas anbieten“, sagt Theaterbetreiber Philipp Stratmann. Durch die kostenlose Bereitstellung der Bühnentechnik sei das Risiko minimiert. Stratmann legt sogar ein eigenes Festivalticket auf (3 Shows für 65 Euro) und hofft auf ein kulturhungriges Publikum, denn die maximal 500 Plätze pro Vorstellung im Musikpavillon müssen erst einmal gefüllt werden.

Eine Größe, die manche freie Bühne am Ende wohl doch gehindert hat, beim Kultursommer mitzumachen und stattdessen lieber das eigene Theater wieder mit Leben zu füllen. Immerhin: Das sonst traditionell im Schauspiel Essen ausgerichtete Programm-Vorkosten der freien Essener Bühnen, die „Theaterhäppchen“, sollen diesmal Open-Air über die Bühne gehen. Auch das Rathaus-Theater will dem Vernehmen nach im Musikpavillon zumindest ein sommerliches Intermezzo geben. Denn noch weiß keiner, wie viel Normalität in den Häusern ab Herbst wieder möglich ist.

Hier gibt’s Tickets

Unterschiedliche Veranstalter, unterschiedliche Ticket-Anbieter. Karten für Veranstaltungen der Zeche Carl wie die „Liga der außergewöhnlichen Musiker“ am 14. Juli gibt es online über www.zechecarl.de oder über www.reservix.de

Tickets für das Stratmanns-Open Air im Musikpavillon (26 €) gibt es unter Tel. 8204060 oder im Netz unter www.stratmanns.de. Das Festival-Ticket (drei Shows: 1 Komödie, 1 Doktor Stratmann, 1 Gaststar nach Wahl) ist für 65 Euro zu haben