Essen. . Stand-up-Comedian Hennes Bender aus Bochum ist älter geworden. Sein vorlautes Mundwerk lässt er sich deshalb aber nicht nehmen. Ein Interview.
Den cholerischen Kampfzwerg hat er hinter sich gelassen: Hennes Bender (51) ist erfolgreich in den mittleren Jahren angekommen. Der Stand-Up-Comedian aus Bochum lässt es sich aber immer noch nicht nehmen, an Gesellschaft, Politik und dem generellen Stimmungsbild im Land herumzumäkeln. Ende September feiert er die Premiere seines neuen Programms „Ich hab‘ nur zwei Hände!“ in Essen. Bevor die große Tournee durchs Land startet, wollte Katrin Simoneit wissen, worauf sich die Zuschauer freuen können.
Herr Bender, was steckt hinter dem Titel „Ich hab‘ nur zwei Hände“ Ihrer neuen Show?
Hennes Bender: So wie bei all meinen Programmen habe ich bewusst einen offenen Titel gewählt. Schließlich musste der Titel wegen der Planung schon Anfang des Jahres feststehen, da wusste ich noch gar nicht, was am Ende dabei herauskommt. „Ich hab‘ nur zwei Hände“ ist ja erst einmal ziemlich offensichtlich: Menschen sagen das, wenn sie zu viel zu tun haben. So geht es mir jetzt im Alter auch langsam. Und das im Zeitalter von Rasenrobotern und Handy-Uhren. Trotzdem hindert uns die Technik mehr oder weniger daran, die Sachen zu tun, die man tun will.
Wie lange haben Sie am neuen Programm gearbeitet?
Ich war schon immer der Junge, der seine Hausaufgaben im Bus gemacht hat. So ist es bis heute – dieses Mal war ich für meine Verhältnisse aber schon früh dran und habe im Mai angefangen. Aber keins meiner Programme ist jemals wirklich fertig. Ständig passieren neue Dinge und die Programme ändern sich mit der Zeit. Sonst wird es mir auch zu langweilig. Unzufriedenheit ist mein Credo.
Die Premiere wird im Essener Stratmanns Theater stattfinden. Warum haben Sie sich für die Mitte des Ruhrgebiets entschieden?
Das klingt jetzt vielleicht banal, aber es ist für mich einfach praktischer. Ich bin jetzt in einem Alter, wo ich froh bin, abends im eigenen Bett zu liegen. Und Bochum liegt direkt neben Essen, also keine stundenlange Heimfahrt. Die Zeiten, in denen ich mich über lange Tourneen und viele Tage in Hotelzimmern freuen konnte, sind vorbei. Es gehört zum Job, aber ich genieße es nicht mehr so wie früher.
Auf der Bühne sprechen Sie oft über die Unzufriedenheit in der Gesellschaft.
Genau. Ich versuche im Kern zu verstehen, warum wir eigentlich alle so unzufrieden sind. Denn angeblich geht es uns wirtschaftlich doch so gut – wieso dann ständig dieser Hass aus allen Ecken? Ich glaube wirklich, dass es uns zu gut geht durch diesen ganzen Konsum. Und dadurch entstehen vielleicht auch rechte Bewegungen in der Bevölkerung. Diese Dinge beschäftigen mich, besonders nach der Landtagswahl. Da werde ich auch wieder laut im Programm, weil ich finde, dass wir so etwas nicht bringen können.
Werden Sie denn im Alter gelassener oder regen Sie sich immer noch schnell auf?
Mein Körper sagt mir schon, dass ich ruhiger machen soll. Ich nehme auch Blutdrucktabletten und so ein Zeug. Aber dann passieren so Dinge wo ich sage: Nein, solange ich noch kann, muss und werde ich sagen, was mir nicht passt. Ich bin in einem Alter wo ich merke, Körper und Geist gehen in zwei komplett unterschiedliche Richtungen, aber ich möchte trotzdem authentisch bleiben. Aber reines Motzen bringt natürlich nichts. Deshalb nutze ich die Bühne, um darauf aufmerksam zu machen – mit der richtigen Portion Humor. Auch wenn es dann mal Ärger von Einzelnen auf Twitter gibt, das juckt mich überhaupt nicht. Faschos ärgern macht schon Spaß, die verstehen halt gar keinen Humor.
Wie stehen Sie denn im Allgemeinen zum Thema Digitalisierung? Freund oder Feind?
Es gibt viel Kram, der mal als digitaler Durchbruch gefeiert wurde. So wie jetzt diese E-Roller. Ich glaube nicht, dass sich das am Ende rechnen wird. Die Dinger stehen überall nur im Weg, das wird die Leute am Ende nerven. Über Technologie lustig gemacht habe ich mich schon immer. So viele Leute haben jetzt ein Handy als Uhr und sind nicht mehr zu erreichen. Das ist doch Quatsch. Die Industrie löst mit neuen Gadgets irgendeine Hysterie aus, die selten hält. Bevor man sich ein E-Auto kauft, sollte man sein altes Auto auch vielleicht erst einmal fahren, bis es kaputt geht. Und überhaupt habe ich bereits vor 20 Jahren gesagt, dass die Formel 1 mit diesem sinnlosen Im-Kreis-fahren abgeschafft gehört. Das wäre doch auch mal was für die Ökobilanz. Wieso hört eigentlich nie jemand auf mich? (lacht)
Mit den Kollegen Torsten Sträter und Gerry Streberg produzieren Sie den Podcast „SBS“. Stellt sich die Comedy-Szene im Zeitalter der Digitalisierung neu auf?
Wir machen diesen Podcast ja bereits seit über fünf Jahren. Klar ist der lustig, aber Comedy ist nicht das Hauptthema. Wir verstehen uns gut und sprechen über Serien, Filme und allerhand Nerd-Kram. Außerdem ist es schön, die Kollegen trotz vollem Zeitplan regelmäßig zu sehen. Aber ohne jetzt überheblich zu klingen: Es war lustig mit anzusehen, wie viele Comedy-Kollegen mit der Zeit nachgezogen haben. Da waren wir schon die Vorreiter.
Als alter Hase im Geschäft haben Sie sicherlich auch ein Auge auf den Nachwuchs. Gibt es eine neue „Generation Humor“?
Es sind viele junge Talente nachgekommen, die allerdings einen anderen Zugang und Geschäftsgedanken zum Beruf haben. Viele junge Comedians setzen sich Ziele wie Klickzahlen, Zuschauer und Arena-Auftritte. Wir Alten sitzen dann da und denken uns: Darum geht es aber nicht, es geht um den Spirit. Einige mit dieser Einstellung sind allerdings auch schon wieder in der Versenkung verschwunden. Doch die neuen Sternchen mit den frischen Ideen gibt es, auch wenn es oft Männer sind. Ich würde mir gerade in Mix-Shows mehr Frauen wünschen, denn es gibt viele. Und viele Gute.
Wie sieht es denn mit Ihrer anderen Leidenschaft, dem Theater aus? Sind Sie noch aktiver Schauspieler?
Das ist momentan leider kein Thema. Dafür habe ich eine Kinder-CD mit meiner Frau Fritzi aufgenommen. Bei „Zwergenlala“ bin ich aber ganz dezent im Hintergrund und habe die Musik zugesteuert. Gitarre, Ukulele und Klavier. Das war mal eine ganz andere Erfahrung und hat viel Spaß gemacht.
Nebenbei übersetzen Sie auch noch Asterix-Comics ins Ruhrpott-Deutsch. Wie gehen Sie da vor?
Tatsächlich sind die Asterix-Übersetzungen mittlerweile Teil meines täglichen Lebens geworden. Oft arbeite ich an zwei Bänden parallel, tausche Gags aus und gucke, wo was am besten passt. Es ist eine Herausforderung, altbekannte Geschichten ganz neu zu erzählen, um den Fans etwas zu bieten. Den nächsten Band habe ich schon fast fertig. Der soll dann im Oktober 2020 erscheinen.
Als Ruhrpott-Sprachvirtuose haben Sie doch sicherlich ein Lieblingswort?
Kawenzmann. So nenne ich in den Asterix-Comics die Hinkelsteine. Ich mag die Power hinter dem Wort. Ich liebe es aber auch, Sachen wie „einzigste“ in meinen Sprachgebrauch zu integrieren. Klar ist das falsch – aber streng genommen ist jeder Dialekt falsch. Ich feiere die Sprache im Pott und finde, wir sollten stolz darauf sein.
Als bekennender Film- und Serien-Nerd darf die Frage nicht fehlen: Haben Sie eine aktuelle Netflix-Empfehlung?
Meine Frau und ich schauen gerade „The Dark Crystal: Age of Resistance“. Ich bin hin und weg und total fasziniert. Unbedingt reinschauen.
>> Hennes Bender auf Tour
Karten gibt’s aktuell für diese Termine: 27.+28.9. Essen (Stratmanns Theater), 2.10. Castrop-Rauxel (Residenz), 4.10. Rheinberg (Schwarzer Adler), 5.10. Wesel (Scala), 6.10. Kreuztal (Krombacher Brauerei), 8.10. Dortmund (Spiegelzelt an den Westfalenhallen), 26.10. Velbert (Historisches Bürgerhaus Langenberg), 8.12. Mönchengladbach (Theater im Gründerhaus), 12.12. Witten (Werk-Stadt Bühne), 18.1. Gevelsberg (Filmriss Kino), 23.1. Duisburg (Grammatikoff), 24.1. Gelsenkirchen (Kaue), 6.3. Essen (Stratmanns Theater).
Karten gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen und in den Spielstätten. Die Preise starten bei 16 Euro. Alle Infos und Termine unter
www.hennesbender.de.