Essen. Zeche Zollverein: Umgebaute Halle 8 wird zum Ausstellungsort. Land NRW unterstützt künstlerische Profilierung. Festival für Digitales in Planung.

Eigentlich hätte die Zeche Zollverein in diesem Jahr einigen Grund zum Feiern. Vor 20 Jahren wurden Zeche und Kokerei Zollverein als „Industriekomplex Zeche Zollverein“ in die Welterbeliste der Unesco aufgenommen. Um Jubiläumspartys steht es derzeit bekanntlich schlecht. Und doch zeigt sich Zollverein 2021 in Präsentations-Laune. Denn mit der Fertigstellung der Halle 8 geht die wohl längste Umbaugeschichte auf dem Areal zu Ende. Nach vielen Plänen, die seit Ende der 1990er Jahre verschiedene Nutzungen des Gebäudes – unter anderem auch als Verwaltungsgebäude der ehemaligen Entwicklungsgesellschaft Zollverein durchgespielt haben – hat die ehemalige Kompressorenhalle nun ihre endgültige Bestimmung gefunden: als Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst.

Den Probelauf als Ausstellungsraum hat die monumentale Halle mit ihrer knapp 13 Meter hohen Saal-Decke längst hinter sich. Die Kunstmesse Contemporary Art Ruhr., kurz C.A.R., hat die Halle 8 schon mehrfach bespielt. Neben dem Schau-Betrieb auf Zeit soll es nun allerdings auch dauerhaftere Projekte geben. Mindestens einmal pro Jahr wird es nach Angaben von Theodor Grütter, Ruhr-Museums-Chef und Vorstandsmitglied der Stiftung Zollverein, in der Kompressorenhalle eine große Kunstausstellung geben. Vor allem für die Präsentation zeitgenössischer Kunst – von Skulpturen über Installationen bis Fotografie – dürfte sich das mächtige, rund 450 Quadratmeter große Obergeschoss mit seinem kathedralartigen Raumgefühl empfehlen.

Zum Auftakt wird eine große Beuys-Schau gezeigt

Um in Zukunft für den Einzug „großer Kunst“ gerüstet zu sein, musste aber nicht nur ein neuer Fahrstuhl eingebaut werden. Doppelfenster und Dämmung sorgen dafür, dass die Halle nun auch in Sachen Raumklima museale Standards erfüllt. Erstes Ausstellungs-Highlight ist ab Mai die Beuys-Schau „Die unsichtbare Skulptur“, die sich in das große, landesweite Jubiläumsprogramm zum 100. Geburtstag des gefeierten Fett-und Filz-Großmeisters einreiht.

Neben Ruhr Museum und Design-Museum baut Zollverein seine Bedeutung als Kunststandort von überregionaler Ausstrahlung damit weiter aus. Eine Entwicklung, die auch das Land NRW mit der Einrichtung und personellen Ausstattung eines eigenen Kunstbüros auf dem Welterbe-Areal unterstützt. Die Förderung ist zunächst auf drei Jahre angelegt. In Vorbereitung ist unter anderem ein Festival für Digitale Künste in Europa, das unter dem Titel „New Now“ ab Ende August in der Mischanlage der Kokerei Zollverein starten soll.

Festival für Digitale Künste zieht in die Mischanlage

Die Vergangenheit soll sichtbar bleiben. Der Eingangsbereich der umgebauten Halle 8 wurde nicht glattsaniert.
Die Vergangenheit soll sichtbar bleiben. Der Eingangsbereich der umgebauten Halle 8 wurde nicht glattsaniert. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Virtuelle Landschaften und 3D-Skulpturen inmitten der spektakulären Bunkerräume sollen zeigen, wie sich Bergbau-Vergangenheit und digitale Zukunftsprojekte auf dem Welterbe-Areal kreativ verbinden lassen. Schließlich soll der Besucher auch weiterhin den besonderen industriellen Charme spüren, der in den Mauern der von Schupp und Kremmer entworfenen Zollverein-Architektur steckt.

Gerade im Eingangsbereich der sanierten Halle 8 wurden dafür Teile der alten Maschinen stehen gelassen. Nicht glatt und gesandstrahlt, sondern bewusst roh und authentisch wird der Besucher so im Erdgeschoss empfangen. Da das Gebäude in direkter Nachbarschaft zum Red Dot Design Museums liegt, soll bei großen Ausstellungsprojekten wie der jährlichen Kürung der Red-Dot-Gewinner eine Kooperation möglich sein. Dank der baulichen Verbindung könnte die Ausstellungsfläche verdoppelt werden, erklärt Grütter. Aber auch kurzzeitige Vermietungen seien in Zukunft denkbar. Nach Corona wird das Gebäude von bis zu 300 Personen nutzbar sein.

Nach der Halle 8 wird das große Schaudepot eröffnet

Mit der Sanierung der Halle 8 ist die bauliche Ertüchtigung der Schachtanlage XII damit nun komplett abgeschlossen. Die rund 2,7 Millionen Euro konnten mit Städtebaufördermitteln sowie mit Geldern aus dem Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat und des NRW-Bauministeriumsaufgebracht werden.

Gebaut wird auf Zollverein aber auch weiterhin: Auf dem benachbarten Kokerei-Areal wird schon in den nächsten Wochen mit dem Umbau der Salzfabrik zum großen Schaudepot ein weiteres zentrales Umbauprojekt abgeschlossen.