Essen-Altenessen. Contilia hatte eine Essener Kirche gekauft, um dort ein Krankenhaus zu errichten. Das wurde jetzt rückgängig gemacht - alles gut ist aber nicht.

Nach dem gescheiterten Krankenhausneubau in Altenessen hat die Pfarrei St. Johann Baptist nach jahrelangem Ringen jetzt ihre Pfarrkirche, das Pfarrzentrum und das Pfarrhaus an der Johanneskirchstraße zurückerhalten. Im Gegenzug erstattet die Kirchengemeinde der zum Krankenhausträger Contilia gehörenden Katholisches Klinikum Essen GmbH (KKE) den Kaufpreis von 1,1 Millionen Euro, abzüglich einer Pauschale für bereits erfolgte Planungen und andere Kosten. Ende vergangener Woche gab es dafür Brief und Siegel vom Notar.

Unklare Rechtslage über Nutzung der Kirche in den vergangenen Monaten

„Zusammen mit vielen unserer Gemeindemitglieder in Altenessen bin ich sehr froh, dass die Kirche und die beiden weiteren Gebäude nun wieder unserer Pfarrei gehören“, sagt Michael Dörnemann, als Pfarradministrator Leiter der Gemeinde. Coronabedingt hätten die Abstimmungen mit der KKE länger gedauert als geplant, „aber jetzt ist alles unter Dach und Fach“. Zwar habe es für die Pfarrei auch in den vergangenen Monaten keinerlei Einschränkungen in der Nutzung der Gebäude gegeben, betont Dörnemann, „aber die unklare Rechtslage hat zuletzt doch viele Menschen belastet“. Die Nutzungsrechte für die Gebäude waren nämlich schon ausgelaufen, bevor der Vertrag rückabgewickelt war.

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Nach intensiven Diskussionen und langem Ringen hatte die Pfarrei das Kirchengrundstück 2019 an die KKE verkauft, die seinerzeit einen Klinikneubau – samt neuer Kirche – auf den benachbarten Grundstücken von Kirche und Marienhospital plante. Spätestens im Januar 2020 wurden die Planungen jedoch gestoppt, als die KKE-Mutter Contilia verkündete, den Krankenhausverbund im Essener Norden verkaufen zu wollen. Ein halbes Jahr später zog Contilia auch diesen Plan zurück und verkündete stattdessen, das Marienhospital und das Stoppenberger St.-Vincenz-Krankenhaus schließen und das Philippusstift in Borbeck zum zentralen Krankenhaus für den Essener Norden ausbauen zu wollen.

„Rettet St. Johann“ kämpfte leidenschaftlich für die Kirche

Die Krankenhausschließungen hatten in Essen - besonders im Norden - für viel Protest gesorgt, der noch immer anhält. Der Verkauf der 159 Jahre alten Kirche, die auf dem Gelände des ursprünglich geplanten Neubaus steht, bildete für viele das i-Tüpfelchen. Der Verein „Rettet St. Johann“ kämpfte leidenschaftlich für das Gotteshaus, schließlich gab es auch immer jene, die an dem Verkauf der Kirche festhalten wollten. Offene Briefe, Gespräche, Fehden vor Ort, Rechtsbeistand, Eingaben bei Bistum und Vatikan: Der Streit um St. Johann zog tiefe Gräben durch die Gemeinde, lange Freundschaften zerbrachen an diesem Thema, viele Gemeindemitglieder waren frustriert.

Das sind die Krankenhaus-Pläne für den Essener Norden

Als Krankenhaus im landläufigen Sinne gibt es im Essener Norden nur noch das Philippusstift in Borbeck. Dort soll ein mehrstöckiger Erweiterungs-Komplex entstehen. Die Psychiatrie soll bis 2027 in das leerstehenden Marienhospitals verlagert werden.

Die Stadt entwickelt derzeit zudem ein bisher beispielloses Musterkrankenhaus, das folgende Reihenfolge in der Versorgung der Patienten vorgibt: digital vor ambulant vor stationär. Wie das genau aussehen soll, erörtert die Stadtverwaltung derzeit mit Experten. Erste Ergebnisse sollen im Sommer präsentiert werden.

Was mit dem geschlossenen St.-Vincenz-Krankenhaus passieren soll, ist unklar. Nach Angaben der Stadt wurden von Seiten der Contilia-Gruppe die Gespräche über einen Verkauf des Grundstücks ausgesetzt.

Schließlich berief sich der Kirchenvorstand von St. Johann Baptist auf das in den Kaufvertrag aufgenommene Recht zum Rücktritt vom Kirchenverkauf, der nun besiegelt worden ist. „Das Krankenhausprojekt und der Kirchenverkauf haben in der Gemeinde St. Johann Baptist für viel Streit und tiefe Verletzungen gesorgt“, sagt Dörnemann, der seit dem vergangenen Herbst die Pfarrei leitet. „Nun hoffe ich, dass die Klärung dieser letzten rechtlichen Fragen mit dazu beiträgt, dass wir auch als Gemeinde – trotz aller Corona-Beschränkungen – wieder stärker zusammenrücken.“ Dörnemann hatte das Amt und somit auch diese sensible Baustelle von Domprobst Thomas Zander übernommen und eine versöhnende Stimmung mitgebracht. Auch Gerd Urban, Sprecher der Initiative „Rettet St. Johann“ betont: „Das Ziel ist erreicht. Ich bin erleichtert und froh, dass alle Unklarheiten beseitigt sind.“ Jetzt gelte es, nach vorne zu schauen und das Gemeindeleben wieder lebendig zu gestalten.

Auch Michael Dörnemann erklärt, dass jetzt ein „Gesprächs- und Begegnungsprozess“ beginnen werde, allerdings erst, wenn persönliche Treffen in etwas größeren Kreisen wieder möglich sind. Gerd Urban schaut dem erwartungsvoll entgegen: „Bisher hat es zwischen Michael Dörnemann und mir noch kein einziges Gespräch gegeben.“