Essen-Altenessen. Der Kirchenvorstand St. Johann wollte die Essener Kirche von den Katholischen Kliniken zurückzukaufen. Der Stillstand führt zu neuem Protest.
Die Katholischen Kliniken Essen (KKE) hatten mit dem Krankenhausbetreiber Contilia auf dem Grundstück des geschlossenen Marienhospitals einen Neubau mit einer modernen Kirche geplant und daher das Grundstück, auf dem die angrenzende Kirche St. Johann steht, für 1,1 Millionen Euro gekauft - unter lautem Protest einiger Gegner. Im Juni 2020 erklärte Contilia, doch keinen Neubau errichten zu wollen. Somit entschied der Kirchenvorstand, den Verkauf rückgängig zu machen. Das ist bisher nicht geschehen, wie Mitglieder des Vereins "Rettet St. Johann" jetzt in einem offenen Brief an den Kirchenvorstand beklagen. Laut ursprünglichem Kaufvertrag endete für die Gemeinde das Nutzungsrecht für die Kirche nebst aller verkauften Gebäude am 15. Januar.
Letzter Präsenzgottesdienst in Altenessen war kurz vor Weihnachten
"Die KKE muss keine Gebäudeversicherung abschließen und auch nicht für Instandsetzungsarbeiten sorgen", klagt Gerd Urban, der mittlerweile seit Jahren erbittert für den Verein "Rettet St. Johann Baptist" kämpft und Sorge um den Erhalt der Kirche hat. Im Oktober 2020 hieß es von Seiten des Kirchenvorstandes, dass das gesamte Verfahren bis spätestens zum Jahresende abgeschlossen sein werde. "Bis zum heutigen Tage gibt es von Ihrer Seite keine öffentliche Information zum aktuellen Stand des Verfahrens", klagt das Rettet St. Johann-Team in dem offenen Brief.
Darin formulieren sie drei zentrale Fragen: "Wurden rechtlich verbindliche Regelungen für eine weitere Nutzung mit der KKE vereinbart? Wie bewertet der Kirchenvorstand das Risiko eines möglichen Gebäudeschadens vor Rückabwicklung und wie wird in diesem Fall mit den Schäden verfahren? Ist die Pfarrgemeinde in der Lage, den vollen Kaufpreis zu erstatten und somit eine Rückabwicklung (...) zu ermöglichen?"
Kirchenvorstand versichert, dass die Kirche bleibt
Domkapitular Michael Dörnemann versucht, die Wochen zu glätten und erklärt, dass er sich einen persönlichen Brief beziehungsweise ein Gespräch gewünscht hätte. Er macht deutlich: "Es ist klar, dass das Grundstück zurückgegeben wird." Pandemiebedingt habe das Prozedere länger gedauert als ursprünglich geplant. Die Rückabwicklung stehe kurz vor der Vollendung. Der Vertrag liege vor, müsse vom Kirchenvorstand noch abgesegnet und schließlich notariell beurkundet werden. "Die Kirche bleibt", so Dörnemann, der die Leitung der Pfarrei im Oktober übernommen hat und die verhärteten Fronten sowie das gegenseitige Misstrauen zu spüren bekommt.
Gemeindemitglieder bemängeln intransparente Kommunikation
Grund für die Verzögerung sei, dass zunächst die Kosten ermittelt wurden, die St. Johann Baptist durch das Verkaufsverfahren entstanden sind. Diese sollen vom ursprünglichen Kaufpreis abgezogen werden. Seit Monaten kursiert das Gerücht, der Kirchenvorstand verfügt nicht über die 1,1 Millionen Euro, um das Geld an die Katholische Krankenhausgesellschaft zurückzuzahlen.
Die Kirche könne auch weiterhin genutzt werden, betont Dörnemann. Präsenzgottesdienste seien aufgrund der Corona-Pandemie ausgesetzt, sonntags könnte aber jeder zum stillen Gebet in die Kirche an der Johanniskirchstraße kommen.
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Gerd Urban bemängelt die intransparente Kommunikation. "Eine Aufarbeitung der entstandenen Konflikte sollte beginnen und dazu Gesprächsangebote übermittelt werden", heißt es in dem offenen Brief an den Kirchenvorstand. Urban: "Es ist überhaupt nichts gut ausgegangen, es ist einfach gar nichts passiert." Aufgrund der Corona-Pandemie musste die letzte Pfarrversammlung als Präsenzveranstaltung im Oktober abgesagt werden, das digitale Format sei laut Urban eine "Farce" gewesen. "Es wurden gar keine Fragen zugelassen."
Kirchenvorstand will Konflikte nicht digital aufarbeiten
Michael Dörnemann erklärte auf Nachfrage, dass er die Mitglieder des Vereins in ihrem Zorn verstehen könne. Den Aussöhnungsprozess digital zu gestalten halte er jedoch nicht für vorteilhaft "in solch einer emotional angespannten Situation". Er will warten, bis sich die Corona-Situation etwas entspannt und sich dann mit den Beteiligten persönlich treffen. "Ich merke, dass es extremste menschliche Verletzungen unter den Altenessenern gibt. Es wird eine große Aufgabe sein, das auf einen ordentlichen Weg zu bringen."
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Nach zwei Jahren als Leiter der Pfarrei St. Johann Baptist endete für Dompropst Thomas Zander Ende Oktober 2020 planmäßig seine Zeit als Pfarradministrator in Altenessen. Domkapitular Michael Dörnemann, Leiter des Dezernates Pastoral im Generalvikariat, hat die Leitung der Pfarrei St. Johann übernommen.
Der Streit über den ursprünglich geplanten Marienhospital-Neubau und den Abriss von St. Johann Baptist hat die Altenessener Gemeinde tief gespalten. In den vergangenen Jahren haben Befürworter und Gegner des Kirchenabrisses alle Register gezogen. Dabei ging es um juristische Konflikte und Klagen bis zu Eingaben bei Bistum und Vatikan.