Essen-Altenessen. Politiker können die Dinge ändern. Die Bezirksbürgermeister in Altenessen sehen Potenzial in Altenessen und erklären, wo Handlungsbedarf ist.

Hans-Wilhelm Zwiehoff (SPD) und Klaus Hagen (CDU) sind die Bezirksbürgermeister in Altenessen. Sie sind erste Ansprechpartner für die Bürger, sie repräsentieren den Stadtteil. Im Interview mit Redakteurin Iris Müller erklären sie, wie sie Dinge verändern wollen und wie sie damit umgehen, dass sie bei Problemen oft Schuld bekommen.

Was zeichnet Altenessen aus?

Zwiehoff: Mich ärgert, wenn Medien so über den Essener Norden berichten, als wenn hier nur Mord und Totschlag herrscht. Sicher gibt es solche Probleme und die Clan-Bildung gefällt mir auch nicht, aber die Menschen hier sind ehrlich und sagen, was Sache ist. Mancher, der jetzt noch die Nase rümpft, wird sich in ein paar Jahren hier ansiedeln. Ich sehe für den Norden Riesenchancen. Auf den Brachflächen und den alten Industrieanlagen kann viel zusammenwachsen.

Hagen: In kaum einem anderen Stadtteil ist Integration und der Wille zum Zusammenhalt so lebendig. Viele Eigenheime sind in den letzten Jahren dazu gekommen und wir haben ein gut funktionierendes Zentrum. Auch in puncto Kultur, Soziokultur und Grün haben wir mehr zu bieten als manchem in anderen Stadtteilen bekannt ist.

Finden Sie, Altenessen ist abgehängt?

Hagen: Noch vor kurzem hätte ich dieser Frage widersprochen, doch die unsägliche Situation um die Gesundheitsversorgung rund um unser Marienhospital hat meine Einschätzung korrigiert. Auch das ÖPNV-Angebot ist längst nicht so gut wie es sein müsste. Darüber hinaus brauchen unsere Kindergärten und Schulen unsere Unterstützung. Nicht alle verfügen über einen solventen Förderverein.

Unerwähnt darf auch nicht meine Sorge bleiben, dass die christlichen Kirchen immer weniger, die islamischen Gebetsräume zahlenmäßig immer stärker in den Vordergrund gerückt sind. Das hat nicht nur bei den älteren Menschen ein mulmiges Gefühl erzeugt.

Dennoch: Wenn ich die vielen jungen Familien sehe, die sich bewusst dafür entschieden haben, in ihrem Heimatstadtteil zu bleiben, ist mir um die Zukunft Altenessens nicht bange.

Zwiehoff : Einen guten Ruf muss man sich lange erarbeiten, einen schlechten Ruf bekommt man über Nacht. Es wird dauern, bis der Stempel von Altenessen als abgehängter Stadtteil verblasst. Wenn die Leute in anderen Stadtteilen mich fragen, warum ich in Altenessen wohne, lade ich die zu mir ein. Dann reißen die die Augen auf und sehen, wie schön es hier ist. Der Egoismus der Gesellschaft zeigt sich allerdings auch beim Thema Mobilität. Der ÖPNV muss verbessert werden.

Das Krankenhaus weggenommen zu kriegen, vermittelt wahrlich nicht das Gefühl von Zugehörigkeit und Wertschätzung. Das Problem ist, dass der Bürger denkt, wir Politiker aus der Bezirksvertretung hätten dem zugestimmt und ist dann frustriert. Wir wurden aber gar nicht gefragt. Ich habe mein Wissen aus der Zeitung.

Werden Sie als Politiker dafür verantwortlich gemacht, dass sich zu wenig ändert?

Zwiehoff : Ja, und das ärgert mich, weil wir als die Kleinen vor Ort oft den Kopf dafür hinhalten müssen, was in Düsseldorf oder Berlin passiert. Fakt ist, dass die Regeln durch die Politik gemacht werden, und da muss man dabei sein. Wer sich versteckt und verschließt, gibt die Kontrolle ab.

Hagen : Um tragfähige Entscheidungen im Sinne der Bürger treffen zu können, bedarf es vieler Gespräche mit Fachleuten der Stadtverwaltung. So verschiebt sich einiges zeitlich. Es ist umso wichtiger, dass man als Kommunalpolitiker vor Ort ansprechbar und authentisch bleibt und nicht jedes Wort auf die Goldwaage legt.