Essen. Libanesische Clan-Mitglieder wollten offenbar in Essen mit Knüppeln auf Syrer losgehen. Ein Clan-Experte warnt vor Eskalation der Fehde in Essen.
- Eine Clan-Fehde zwischen syrischen und libanesischen Großfamilien drohte vor wenigen Tagen in Essen zu eskalieren . Wie auf einem kurzen Video zu erkennen ist, haben sich libanesisch-arabische Männer in einem größeren Kreis versammelt. Einige führten lange Knüppel mit sich.
- Die Essener Polizei hat zu den Vorgängen nur wenige Erkenntnisse. Als die Einsatzkräfte in Essen-Altendorf am Sonntag auftauchten – hier ist das Video dem Vernehmen nach entstanden – ,war von einer Eskalation der Clan-Fehde keine Spur. Niemand sei nach Angaben der Polizei angetroffen worden.
- Es ranken sich also Spekulationen um den Vorfall in Essen. Der Berliner Islamwissenschaftler allerdings warnt vor einer Eskalation der Clan-Fehde . „Die Syrer wollen nicht nur das legale Geschäftsmodell der Libanesen übernehmen, sondern auch das illegale“, erklärt Ahmad A. Omeirate.
Eine mutmaßliche Fehde zwischen libanesischen und syrischen Großfamilien drohte vor wenigen Tagen in Essen zu eskalieren. Die Informationen stützen sich in erster Linie auf Zeugenberichte aus dem Clan-Milieu und auf ein Elf-Sekunden-Video, das sich seit einigen Tagen auf sozialen Medien im Internet verbreitet. Die Essener Polizei hat zu den Vorgängen nur wenige Erkenntnisse.
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Das Video zeigt dem Vernehmen nach eine Zusammenrottung von l ibanesisch-arabischen Männern , die in einem größeren Verband im Schutze der Dunkelheit durch die Straßen ziehen. Einige führen lange Knüppel mit sich, die Männer wirken erregt und gewaltbereit. Die Stimmung ist erhitzt. Es werden Drohungen auf Arabisch gegen Syrer ausgesprochen, die Sprache der Männer ist – wie so oft – auch in diesem Fall äußerst vulgär. Dem Vernehmen nach soll die Aufnahme in der Nähe des Lidl-Marktes in Altendorf entstanden sein.
Clan-Fehde: Als die Essener Polizei am Ort des Geschehens eintraf, sei niemand angetroffen worden
Die Essener Polizei bestätigt lediglich, dass es am Sonntagabend (15. November) einen Einsatz auf der Helenenstraße in Essen-Altendorf gegeben habe. Zeugen hätten von einer größeren Menschengruppe berichtet und die Polizei alarmiert, auch von Männern mit Schlagwerkzeugen sei darin die Rede gewesen. Doch als die Polizei an Ort und Stelle auftauchte, sei niemand angetroffen worden: keine Spur von einer Auseinandersetzung, keine Informationen von Passanten, keine Geschädigten.
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war hat die Essener Polizei das Elf-Sekunden-Video gesichtet, aber daraus sei nicht erkennbar, wo oder wann es entstanden sei. „Wenig aussagekräftig also“, sagt der Polizeisprecher. Andererseits könne nicht ausgeschlossen werden, dass Essen Ort des Geschehens gewesen sei.
Syrer und Iraker wollen Stück vom kriminellen Kuchen
Die Essener Polizei beobachtet schon seit geraumer Zeit eine hochbrisante Entwicklung : Syrer und Iraker bedrängten die eingesessenen Clans massiv. Die neue Konkurrenz gelte als besonders gewalttätig – sie scheint sich ein Stück vom kriminellen Kuchen sichern zu wollen.
Auch im ersten Lagebild zur Clankriminalität hält das Landeskriminalamt 2019 fest: „Die kriminellen Angehörigen türkisch-arabischstämmiger Familienverbände sehen sich in den letzten Monaten einem Verdrängungswettbewerb um kriminelle Märkte ausgesetzt, der durch Personen mit Herkunft aus Syrien beziehungsweise dem Irak forciert scheint.“
Insider wollen wissen, dass dem nächtlichen Aufmarsch in Essen wenige Tage zuvor ein Streit in Gladbeck vorausgegangen sein soll. Eine Gruppe von 30 Syrern soll zwei Libanesen geschlagen haben, darunter einen Sohn des in der libanesischen Community beliebten Schlagersängers Rashid Moussa. Ein Künstler, der in Essen bzw. Gelsenkirchen leben soll und gerne für Clan-Hochzeiten gebucht wird – wie etwa bei der Hochzeit der Clan-Familie Ali Khan. Moussa eilt auch der Ruf voraus, den türkischen Machthaber Erdogan in seinen Liedern regelrecht zu verehren. Die Aktion vom vergangenen Sonntag in Altendorf könnte folglich ein geplanter Racheakt gewesen sein. Im Dunkeln bleibt allerdings der Anlass der Fehde.
Clan-Experte warnt vor Eskalation der Fehde zwischen syrischer und libanesischer Community auch in Essen
Noch ranken sich Spekulationen um den nebulösen Vorfall. Trotzdem nimmt der Berliner Wirtschafts- und Islamwissenschaftler Ahmad A. Omeirate die jüngsten Vorgänge sehr ernst und warnt vor einer Eskalation des Konflikts zwischen libanesischer und syrischer Community. „Die Feindseligkeiten haben ihren Ursprung zum Teil im Bürgerkrieg von 1975 im Libanon“, sagt der Clan-Experte. In Essen gehe es auch um Verteilungskämpfe. „Die Syrer wollen nicht nur das legale Geschäftsmodell der Libanesen übernehmen, sondern auch das illegale.“
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Hinzu komme: Die libanesisch-arabische Community, die schon seit den 1980er Jahren in Essen lebt und unter Kettenduldungen leidet, schaue eifersüchtig zu den Syrern herüber, die 2015 als Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen und zum Teil sogar mit unbefristeter Aufenthaltserlaubnis ausgestattet worden seien. Die Zeiten, in denen syrische Flüchtlinge die Lakaien der Libanesen waren, scheinen längst vorbei zu sein. In dem Elf-Sekunden-Video brüllen die Libanesen sinngemäß in Richtung Syrer: Ihr macht die Stadt kaputt und bringt die Ordnung durcheinander. [In unserem lokalen Newsletter berichten wir jeden Abend aus Essen. Den Essen-Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen.]
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