Essener Hotels erleben ein Desaster: Viele Leute haben ihre Zimmer storniert. Grund sind die steigenden Corona-Zahlen und die schärferen Auflagen.

Verunsicherte Gäste, frustrierte Hoteliers: Die Hotels in Essen erleben eine regelrechte Stornierungswelle. Seit die Stadt am vergangenen Wochenende zum Risikogebiet erklärt wurde und zudem bundesweit über Beherbergungsverbote diskutiert wird, geben die Gäste reihenweise ihre Hotelzimmer zurück.

„Es läuft schlecht. Es stornieren viele Leute“, heißt es auf Nachfrage im Webers Hotel im Ruhrturm. Ähnlich ist die Situation im Ghotel Hotel & living an der Hachestraße. „Bei uns sind allein an diesem Wochenende die Hälfte der Anreisen weggefallen“, sagt Empfangsleiterin Johanna Szafarz. Man spüre vor allem, dass in der Stadt private Feiern in öffentlichen Räumen seit Montag nur noch mit bis zu 25 Personen erlaubt sind. „Viele Feste wie Hochzeiten oder Taufen werden deshalb abgesagt und damit auch die geplanten Übernachtungen“, so Johanna Szafarz.

Die Stornierungen hätten nochmals zugelegt, nach der Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch. Darin hatte sie eindringlich an die Bevölkerung appelliert, dass in dieser „entscheidenden und kritischen Phase“ alle mitmachten und die Regeln befolgten. Merkel rief auch auf, von nicht notwendigen Reisen abzusehen, insbesondere aus den Hotspots.

Hotelier übt Kritik an Beherbergungsverboten

Kritik am derzeitigen Krisenmanagement übt der Direktor des Hotels „Essener Hof“, Emre Sinanoglu. „Die Politik spricht immer nur von Verboten, bietet aber keine Lösung an“, sagt der Manager. Die Hotels hätten Hygienekonzepte perfekt umgesetzt. Es sei nicht bekannt, dass sich Menschen in Hotels angesteckt hätten. Dennoch schüre die Diskussion über Beherbergungsverbote die Unsicherheit bei den Reisenden. „Die Politik sollte besser da eingreifen, wo man sich nicht an die Regeln hält.“

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Für seine Branche bedeute die aktuelle Entwicklung, dass es keine Planungssicherheit gebe. „Schickt man die Mitarbeiter in Kurzarbeit. Schließt man ganz? Die Hotels sind wieder in eine Lage zurückgeworfen worden, wie vor einigen Monaten. Wir gehören neben der Veranstaltungsbranche zu denen, die von Corona am meisten gebeutelt sind. Aber ich habe den Eindruck, dass das bei der Politik noch nicht angekommen ist.“

Auch Sinanoglu musste in dieser Woche mit ansehen, wie Gäste vermehrt ihre Buchungen zurückgaben. „Momentan gehe ich davon aus, dass wir im Oktober einen Umsatzrückgang von 70 bis 80 Prozent zum Vorjahr haben werden“, sagte er. Im November und Dezember rechnet er mit ähnlichen Einbrüchen.

Für die Hotelbranche ist das ein herber Rückschlag: Nach dem katastrophalen Frühjahr mit dem wochenlangen Lockdown gab es für die Herbergen zuletzt einen kleinen Silberstreif am Horizont. Die Buchungen zogen im Sommer an – sie waren zwar noch längst nicht so hoch wie vor einem Jahr. Aber es kamen wieder mehr Gäste nach Essen.

Übernachtungszahlen in Essen erholten sich im Sommer

Emre Sinanoglu, geschäftsführender Direktor im „Essener Hof“.
Emre Sinanoglu, geschäftsführender Direktor im „Essener Hof“. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Das Statistische Landesamt meldete am Freitag die Übernachtungszahlen für August. Demnach buchten Touristen und Geschäftsreisende im August insgesamt 80.245 Übernachtungen. Das waren zwar immer noch fast 38 Prozent weniger als vor einem Jahr. Allerdings war die Lücke zum Vorjahr schon deutlich kleiner als kurz nach dem Lockdown.

„Die Sommerferien waren relativ gut“, bestätigt auch Johanna Szafarz vom Ghotel. Es seien auffällig viele Holländer und Belgier zu Gast gewesen. Doch seit dort die Infektionszahlen auch wieder steigen und beide Länder zu Risikogebieten erklärt wurden, bleiben auch die Reisenden weg.

Hotels müssen kurzfristige Stornierungen anbieten

Die Hotels bieten ihren Gästen seit Corona Buchungen mit sehr kurzen Stornierungsfristen an. Zimmer können oftmals noch bis 18 Uhr am Anreisetag kostenlos zurückgegeben werden. „Sonst würde ja auch keiner überhaupt buchen“, heißt es. Für die Hotels bedeutet das aber, dass sie dann gar keine Einnahmen haben. „Das macht das Leben wirtschaftlich noch schwerer“, so Emre Sinanoglu.

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Mitten in der Krise hatte der Essener Hof 100.000 Euro in die Renovierung seines Tagungsbereiches gesteckt. „Das war schon vor der Pandemie geplant“, sagt der Direktor. Nun hofft er, dass sich die Investition trotzdem auszahlt. Im Haus könnten mit der neuen Technik nun auch hybride Veranstaltungen stattfinden. Das heißt, dass einige wenige Teilnehmer vor Ort sind und der Rest per Internet sich zuschalten kann. Auch das Hotelzimmer als Homeoffice-Ersatz will Sinanoglu weiter bewerben. In den vergangenen Monaten hätten das einige Gäste durchaus genutzt. „Das ist zwar nichts, was uns tragen kann, aber es ist ein kleiner Lückenfüller.“

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