Essen. Aus dem Plan, die Kliniken im Norden von den Bürgern retten zu lassen, wird nichts: Das Begehren gilt wegen finanzieller Lasten als Sackgasse.
Wer auch immer die beiden Kliniken in Altenessen und Stoppenberg vor der Schließung bewahrt – die Essener Bürger werden es wohl nicht sein. Denn auch im zweiten Anlauf und mit einer geänderten Fragestellung gilt das geplante Bürgerbegehren, das auf einen städtischen Klinik-Betrieb setzt, als unzulässig. Eine entsprechende Position des Rechtsamts wird jetzt durch eine gutachterliche Stellungnahme der Düsseldorfer Rechtsanwalts-Kanzlei Gleiss Lutz gestützt. Und nun?
Nun liegt der Ball wieder im Feld der drei Initiatoren, die von Beginn an betont hatten, sie wollten sich „so leicht nicht geschlagen geben“. Dies aber dürfte umso schwerer fallen, je mehr Zeit verstreicht und je mehr Stationen in Marienhospital und St. Vincenz-Krankenhaus schließen.
Stadt setzt auf externe Gutachter „vor dem Hintergrund der politischen Brisanz“
Anfangs verdächtigten die Begehrens-Befürworter die Stadtspitze, sie wollte die Initiative für ein Direktvotum der Bürger gezielt verschleppen. Ja, der in der jüngsten Ratssitzung erfolgte Ratsbeschluss sei
Eine kleine Gesellschaft mit einem großen Ziel
Eine Frage wie ein Bandwurm: „Soll die Stadt Essen die ,Kommunale Krankenhäuser Essen gGmbH’ gründen und als deren Gesellschaftsgegenstand die Förderung der Gesundheitsversorgung in Essen durch Übernahme (Kauf) und Fortbetrieb der Klinikstandorte und Immobilien (Marienhospital Altenessen, St. Vincenz-Krankenhaus Stoppenberg, Philippusstift Borbeck, Geriatrie-Zentrum Haus-Berge) (...) festlegen?“
So soll das Anliegen des Bürgerbegehrens lauten, ergänzt um den Hinweis, dass dies „unter Aufrechterhaltung des derzeitigen Versorgungsangebotes, bei Erhalt der dortigen Arbeitsplätze inklusive Überleitung der Beschäftigten in den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes“ geschehen solle.
womöglich nichts als ein fieser Trick der großen Ratskoalition aus SPD und CDU, um aus dem Initiativ-Begehren ein sogenanntes „kassatorisches“ Begehren zu machen – mit stark erhöhtem Zeitdruck für die Unterschriftensammlung.
Tatsächlich aber versuchte die Stadt, ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit des geplanten Bürgerbegehrens durch externen Sachverstand zu untermauern – „vor dem Hintergrund der politischen Brisanz des Gesamtthemas und der rechtlichen Unsicherheiten“. Denn eine vergleichbare Rechtsprechung aus ähnlich gelagerten Fällen gebe es noch nicht.
Gutachter: Auch Kauf und Betrieb müssen bei den Kosten berücksichtigt werden
Hintergrund: Im ersten Anlauf sollten die Bürger schlicht ihr Ja-Wort zu einer städtischen Übernahme der drei von Contilia betriebenen Krankenhäuser im Essener Norden geben. Weil dies als unzulässig galt – nicht zuletzt, weil Contilia überhaupt keine Verkaufsabsichten hegt – versuchten es die Initiatoren durch die Hintertür: Hans-Peter Leymann-Kurtz, einst Bürgermeister der Stadt, Verdi-Vertrauensfrau Jutta Markowski (DKP) und Petra Bäumler-Schlackmann, Personalrätin am Essener Uniklinikum, forderten also in einem komplizierten Schachtelsatz-Konstrukt erst mal nur die Gründung einer gemeinnützigen städtischen Krankenhaus-Betriebsgesellschaft.
Die Kosten? Minimal, hieß der schlitzohrige Gedanke, schließlich gehe es ja nur um eine banale GmbH-Gründung. Die Gutachter von Gleiss Lutz aber sind überzeugt, dass neben dem überschaubaren Stammkapital einer GmbH und ein paar Gebühren auch die Kosten eines Kaufs der Kliniken und mehr noch: auch die Kosten für den Betrieb der drei Krankenhäuser ins Auge gefasst werden müssen. Schließlich sei dies ja erstens der eigentliche Gesellschaftszweck und zweitens die Erwartung, die mögliche Unterzeichner aus Frage und Begründung herauslesen dürften.
„Durchgreifende Bedenken“ mit Blick auf das geltende Haushaltsrecht
Und damit würde dann aus einem kleineren fünf- schnell ein siebenstelliger Betrag oder mehr – mit unabsehbaren Risiken, wie man verwaltungsintern fürchtet. Schließlich gelten die Katholischen Kliniken Essen, von denen hier die Rede ist, als hoch defizitär, die Häuser als teils stark sanierungsbedürftig.
Derart weit reichende finanzielle Verpflichtungen dürfe die Stadt in ihrer derzeitigen Finanzlage und mit Blick auf die Auflagen als„Stärkungspakt“-Kommune aber nicht eingehen. Wenn doch, müsste sie die Ausgaben an anderer Stelle durch Einsparungen kompensieren. Deshalb die „durchgreifenden Bedenken“ des Gutachters. Am Montagabend wollten die Initiatoren beratschlagen, wie sie mit dieser Auskunft umgehen wollen.
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