Essen. Nach dem OB signalisiert nun auch eine klare Ratsmehrheit, einen Krankenhaus-Bau prüfen zu wollen. Bundesgesundheitsminister kommt zum Gespräch.
Die erste Abteilung im Altenessener Marienhospital macht in diesen Tagen bereits dicht. Doch während die einen damit ein langsames „Ausbluten“ jener beiden Krankenhäuser befürchten, die Klinik-Betreiber Contilia im Norden der Stadt in Kürze schließen will, gibt die Mehrheit der örtlichen Politik den Patienten noch nicht verloren, im Gegenteil: Nach Oberbürgermeister Thomas Kufen signalisiert nun auch eine klare Ratsmehrheit, sich notfalls für einen Krankenhaus-Neubau an zentraler Stelle stark machen zu wollen.
Ein entsprechender Antrag der großen Rats-Koalition von SPD und CDU fand gestern die Zustimmung des Essener Bürger Bündnisses und einiger Einzelvertreter im Stadtparlament. Für sie alle ist die Option eines von der Stadt betriebenen Neubaus die letzte Variante, das einst von Contilia betriebene und am Ende
fallen gelassene Neubauprojekt zu retten – wenn auch womöglich in abgespeckter Form.
Die Contilia als Betreiber? „Da wird ja der Bock zum Gärtner gemacht!“
FDP und Grüne enthielten sich der Stimme, Linke und Tierschutz/SLB votierten gar dagegen. Sie störten sich vor allem am Plan der GroKo, neben anderen Akteuren auf dem Gesundheitsmarkt auch den Klinikbetreiber Contilia als möglichen Betreiber eines solchen Krankenhauses ins Auge zu fassen – bei aller Kritik an dessen chaotischen Geschäftspolitik.
Da würde ja, sagte Gabriele Giesecke von den Linken kopfschüttelnd, „der Bock zum Gärtner gemacht“, und auch Karlheinz Endruschat vom Sozial Liberalen Bündnis winkte ab: Contilia habe „jeden Vertrauensvorschuss verspielt“.
OB Kufen ist überzeugt: „Contilia muss am Ende Teil der Lösung sein“
Und doch: Contilia müsse am Ende „Teil der Lösung sein“, betonte Oberbürgermeister Thomas Kufen, nicht zuletzt, weil der Klinikbetreiber nun mal Eigentümer der beiden Immobilien Marienhospital und St. Vincenz-Krankenhaus sei. Hinter diese Erkenntnis stellt der OB seine Wut auf die Konzeptionslosigkeit des Unternehmens zurück, das mit seinem Plan, sich auf das Philippusstift in Borbeck zu konzentrieren und auf die anderen Standorte keinen Gedanken zu verschwenden laut Kufen „nicht im Interesse des Nordens und nicht im Interesse der Stadt“ agiere.
Mehr denn je scheint die Gesprächs-Atmosphäre vergiftet. Umso mehr muss nach Ansicht von Dirk Kalweit von der CDU die Politik aufpassen, dass sie ihre Geschlossenheit im Blick auf die Gesundheitspolitik für den
Initiatoren: Bürgerbegehren zu Kliniken wird verschleppt
Beim ersten, gescheiterten Anlauf für ein Bürgerbegehren in Sachen Klinikschließungen gab es von den Antragstellern durchaus noch Lob für die Stadt.
Doch mittlerweile werfen die Initiatoren dem OB vor, die juristische Prüfung des korrigierten Fragetextes zu verschleppen. Denn seit nunmehr vier Wochen sei die Verwaltung mit der Prüfung befasst.
Dabei gehe es ausschließlich und unmissverständlich nur um die Gründung einer städtischen gemeinnützigen GmbH, die achso heikle Kostenschätzung hierfür sei ein Klacks, sagt die Vertretungsberechtigte Petra Bäumler-Schlackmann.
Norden nicht verliere. Auch bei den Sozialdemokraten hält man sich deshalb mit der Forderung zurück, die Stadt solle selbst unter die Klinikbetreiber gehen: Diese Forderung, die auch das immer noch in Prüfung befindliche Bürgerbegehren erhebt, zählt nach den Worten von SPD-Sprecher Martin Schlauch, zu den Themen, über die man erst reden möchte, „wenn alle anderen Versuche scheitern“.
Fördergelder wofür? Die Stadt will „mitbestimmen, wohin die Mittel fließen“
Womöglich naht ja Vermittlung von allerhöchster Stelle: Am Montag stößt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zur einer OB-Runde mit den örtlichen Akteuren in der Krankenhaus-Landschaft. Schon vor einigen Tagen war NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann eingeschaltet worden. Ziel der Stadt ist es, im Falle einer millionenschweren Investitions-Förderung für die hiesige Klinik-Szenerie „mitzubestimmen, wohin die Mittel fließen“.
Formaljuristisch, so räumt man bei der Rats-GroKo ein, gebe es wohl keine Möglichkeit dort mitzumischen.
Es komme deshalb auf politischen Druck an.
FDP: Contilia geht „mit der Abrissbirne auch durch andere Strukturen“
Der wird zur Zeit auf allen Ebenen entfacht, um die befürchtete Versorgungslücke im Essener Norden schnellstmöglich zu schließen. So hatte die Essener SPD-Landtagsabgeordnete Britta Altenkamp im Rahmen einer Kleinen Anfrage vor wenigen Tagen in Erfahrung bringen können, dass auch im Gesundheitsministerium noch keinerlei detaillierte Projektplanung seitens der Contilia vorliegt.
Ergo, heißt es von dort, gebe es auch keine Entscheidung über eine mögliche Förderung des Vorhabens, um womöglich als eine Art „Dankeschön“ für den massiven Bettenabbau in Altenessen und Stoppenberg die Ausbaupläne am Philippusstift zu bezuschussen. FDP-Sprecher Dr. Karlgeorg Krüger sprach von 70 Millionen Euro, die dabei im Raum stünden. Und dass man sich die Appelle an die Contilia sparen könne, sagte der Ratsherr und Radiologe auch: „Die gehen mit der Abrissbirne auch durch andere Strukturen.“
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