Essen. Altes Anliegen, neuer Text: Das Bürgerbegehren gegen die Schließung zweier Krankenhäuser fordert nun die Gründung einer städtischen Klinik-GmbH.

Der Versuch, mit Druck aus der Essener Bürgerschaft die geplante Schließung der Krankenhäuser in Altenessen und Stoppenberg zu verhindern, geht in eine neue Runde: Vor einigen Tagen erst war der Vorstoß an formellen wie auch inhaltlichen Hürden hängengeblieben: „Rechtlich nicht zulässig“, beschied OB Thomas Kufen damals nach Beratung mit dem Rechtsamt. Die drei Initiatoren nahmen es sportlich – und legten ihm bereits am Montagabend per E-Mail einen neuen Textvorschlag zur Prüfung vor.

Dass der Oberbürgermeister und seine Rechts-Experten das Begehren im zweiten Anlauf durchwinken, ist keineswegs sicher. Sicher aber ist dies: Der neue, womöglich rechtsfeste Fragetext hat nichts mehr von der Leichtigkeit des ersten Versuchs, sondern nähert sich seinem thematischen Kern per Bandwurmsatz.

Die juristisch ausbaldowerte Formulierung – auch für die Initiatoren eine Zumutung

Und zwar im Wortlaut so: „Soll die Stadt Essen die ,Kommunale Krankenhäuser Essen gGmbH’ gründen und als deren Gesellschaftsgegenstand die Förderung der Gesundheitsversorgung in Essen durch Übernahme (Kauf) und Fortbetrieb der Klinikstandorte und Immobilien (Marienhospital Altenessen, St. Vincenz-Krankenhaus Stoppenberg, Philippusstift Borbeck, Geriatrie-Zentrum Haus-Berge) unter Aufrechterhaltung des derzeitigen Versorgungsangebotes, bei Erhalt der dortigen Arbeitsplätze inklusive Überleitung der Beschäftigten in den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes festlegen?“

Eine echte Zumutung, das wissen die Initiatoren, die sich diesmal von Michael Faber juristisch beraten ließen, einem auf öffentliches Recht spezialisierten Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus der Koblenzer Kanzlei „Martini Mogg Vogt“. Aber vielleicht die einzige Krücke, das drohende Aus für Marienhospital und St. Vicenz-Krankenhaus zu verhindern.

Statt den Kauf zu beschließen, versucht man es durch die Hintertür einer Betreiber-GmbH

Denn diesmal wollen Jutta Markowski, Hans-Peter Leymann-Kurtz und Petra Bäumler-Schlackmann als offizielle Vertretungsberechtigte des Begehrens nicht sofort einen Kauf beschließen lassen, der womöglich

Verteidigt bis heute die umstrittenen Pläne des Klinikbetreibers: Dr. Dirk Albrecht, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Contilia, hier bei einer Rede vor dem Hauptausschuss des Rates.
Verteidigt bis heute die umstrittenen Pläne des Klinikbetreibers: Dr. Dirk Albrecht, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Contilia, hier bei einer Rede vor dem Hauptausschuss des Rates. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

schon daran scheitert, dass Klinikbetreiber Contilia zu einem Verkauf bis dato gar nicht bereit ist. Stattdessen fordern sie einstweilen „nur“ die Gründung einer gemeinnützigen städtischen Klinik-Gesellschaft.

Motto: Ist die erst einmal gegründet, wäre eine politische Lösung womöglich eher zu erreichen. Dass eine solche Forderung genauso gut ins Leere laufen kann wie Versuch Nr. 1, nimmt man mangels Alternativen einstweilen in Kauf.

Linke: Dass Contilia die Idee von Warburg Pincus nicht prüfte, „ist ein Skandal“

Dass sich alle drei Klinik-Standorte im Essener Norden retten lassen, wenn man dies denn nur will, darin fühlen sich die Initiatoren des Bürgerbegehren bestärkt, seit diese Zeitung ein Kauf-Angebot der milliardenschweren Beteiligungsfirma Warburg Pincus enthüllte. Das beweise doch, dass ein Erhalt „selbst für Investoren, die der Erwirtschaftung von Profiten verpflichtet sind, ein gangbarer Weg wäre“.

Die Linkspartei schlägt in die gleiche Kerbe: „Es ist ein Skandal, dass Contilia die Überlegungen von Warburg Pincus offensichtlich noch nicht einmal geprüft hat,“ so die Fraktionsvorsitzende Gabriele Giesecke. „Für uns stellt sich die Frage, ob schlichtes Unvermögen der Geschäftsführung der Grund dafür ist, oder die Absicht, die Contilia-Krankenhäuser in den südlichen Stadtteilen aus der Konkurrenz zu nehmen und zu stärken.“

Prüfung des Begehrens wird mit Blick auf den Zeitplan nicht allzu lang dauern

Es sei gut, dass Oberbürgermeister Kufen zuletzt zugesagt habe, sich für den Erhalt von Notfall- und Bettenkapazitäten im Essener Norden stark zu machen. „Es zeichnet sich aber immer mehr ab, dass die Stadt selbst diese ‚Sache‘ in die Hand nehmen muss“, finden die Linken und werfen mit Blick auf die Gesellschafter der Contilia die Frage auf, „ob bei den Verantwortlichen in Geschäftsführung und Aufsichtsrat noch ein Funken christlicher-katholischer Haltung vorhanden ist“.

Mit der Prüfung des neuerlichen Begehrens-Textes wird sich die Stadtspitze nicht allzu viel Zeit lassen: Schließlich ist die Aufgabe des Betriebs in Marienhospital und St. Vincenz-Hospital spätestens zum Jahresende angekündigt.

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