Essen-Kray. Nach der Schließung der Recyclingfirma Richter 2016 geht die PCB-Belastung in Essen-Kray zurück. Mit einigen Ausnahmen, wie neue Werte zeigen.

Die PCB-Belastung in Kray geht insgesamt weiter zurück, gleichwohl bleiben einige Einschränkungen beim Verzehr von Gemüse für die Kleingärtner bestehen. Denn noch sind Werte an einigen Stellen erhöht. Verantwortlich für die Belastung war viele Jahre lang der Schredderbetrieb der früheren Firma Richter. Nach deren Schließung Ende 2016 werden die PCB-Werte weiterhin gemessen, nun liegen neue Ergebnisse zur Immissionsbelastung vor.

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Das 1962 in Kray gegründete Recyclingunternehmen Richter sorgte rund um seine Standorte an der Joachim- und Rotthauser Straße dafür, dass die PCB-Werte mitunter deutlich erhöht waren. Das bedeutete etwa für die Parzellen in den Kleingartenanlagen Bonifacius-Joachim, Essen Kray e.V. und an den Straßen Kruckenkamp, Bonifaciusring und Am Mechtenberg (westlicher Bereich), dass eine Verzehrsempfehlung der Stadt für Gemüse galt.

Verzehrempfehlung gilt für Grünkohl und Blattgemüse wie Endivie, Spinat und Mangold

Die Verzehrsempfehlung für Gemüse trifft in Essen-Kray etwa die Mitglieder der Kleingartenanlage Bonifacius-Joachim.
Die Verzehrsempfehlung für Gemüse trifft in Essen-Kray etwa die Mitglieder der Kleingartenanlage Bonifacius-Joachim. © FUNKE Foto Services | Ann-Christin Fürbach

Grünkohl und andere Blattgemüse wie Endivie, Spinat und Mangold sollten die Betroffenen (darunter 1800 Haushalte) höchstens zweimal in der Woche essen sollten. Grund dafür war, dass PCB zu 90 Prozent über die Nahrung aufgenommen wird. Ihren Protest gegen diese Situation trugen die Menschen auch immer wieder lautstark auf die Straße, es gründete sich die „Bürgerinitiative gegen Giftshredder“, die sich auch mit der Schließung der Firma Richter nicht auflöste.

So halten sowohl die Mitstreiter der Initiative, als auch Vertreter der Bezirksregierung Düsseldorf als NRW-Überwachungsbehörde sowie des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) und des städtischen Umweltamtes den Stadtteil weiter im Blick. Dazu gehören die Messungen der Behörden, deren Ergebnisse aus dem Vorjahr, für die erneut Grünkohlproben genommen wurden, jetzt veröffentlicht wurden.

Untersuchungen an insgesamt zwölf Messstellen

Die PCB-Messungen und Bürger-Information

Im Umfeld der ehemaligen Firma Richter betreibt das LANUV seit Jahren Messstellen zur Überprüfung der Schadstoffbelastung, an denen Grünkohl wegen seiner großen Blattoberfläche als Bioindikator eingesetzt wird.

Da der Gesetzgeber laut Stadt keine rechtlich verbindlichen Grenzwerte festgelegt hat, wird die sogenannte regionale Hintergrundbelastung als Vergleichswert für eine Beurteilung zugrunde gelegt. Für dioxinähnliche PCB wird zudem der „EU-Auslösewert“ herangezogen. Wird dieser überschritten, müssen Ursachen für die hohen, den Hintergrund überschreitenden, Werte ergründet werden und Maßnahmen zu deren Verringerung eingeleitet werden.

Die Ergebnisse der Untersuchungen werden wegen der Coronavirus-Pandemie nicht auf einer Bürgerversammlung präsentiert. Anwohner sowie Verantwortliche der Bürgerinitiative werden vom Umweltamt angeschrieben und informiert, kündigt die Stadt an.

„Diese zeigen erfreulicherweise, dass die Belastungen in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen sind und nur noch an vier von zwölf Messpunkten eine Erhöhung im Vergleich zur Hintergrundbelastung in Nordrhein-Westfalen vorliegt“, erklärt die Stadt dazu. Die Untersuchungen seien an insgesamt zwölf Messpunkten durchgeführt worden. An acht von diesen lasse sich gar keine Erhöhung der PCB-Werte im Vergleich zur Hintergrundbelastung im Ruhrgebiet mehr feststellen.

An vier Stellen bleiben die Werte weiterhin erhöht, die entweder unmittelbar an das ehemalige Betriebsgelände der Firma Richter grenzen oder in der Hauptwindrichtung liegen. Dazu zählen nach wie vor die Kleingärten von Bonifacius Joachim sowie die Straßen Kruckenkamp, Bonifaciusring und Am Mechtenberg. Daher kündigt die Stadt an, dass die jährlichen Untersuchungen an vier Standorten fortgesetzt würden.

Anwohner und Kleingärtner weiter von Verzehrempfehlung betroffen

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Und so bleibt es für Anwohner sowie Kleingärtner in den betroffenen Bereichen dabei, den Verzehr der betroffenen Gemüse und Salate aus eigenem Anbau wie bisher weiterhin zu beschränken.

Mit Blick auf die vielen Jahre sehen Kleingärtner selbst diesen Verzicht gelassen bis wütend darüber, dass das Gift so lange in die Umwelt gelangen konnte. Beim Gemüse im Einzelhandel gebe es auch keine Garantie, lautet ein Argument. Sie seien halt nicht so pingelig, kommentierte ein weiterer Kleingärtner die Situation, mit der sie nun schon so lange lebten. Auf Entwarnung hofften viele Vereinsmitglieder dann doch, auch um frei werdende Parzellen etwa an junge Familien verpachten zu können.

Spielen im Freien laut Stadt unbedenklich

Das Gelände hat die Firma Richter längst geräumt (hier ein früheres Bild), die Anlagen galten als Hauptverursacher für die erhöhte PCB-Belastung in Essen-Kray.
Das Gelände hat die Firma Richter längst geräumt (hier ein früheres Bild), die Anlagen galten als Hauptverursacher für die erhöhte PCB-Belastung in Essen-Kray. © FUNKE Foto Services | Ann-Christin Fürbach

Das Spielen im Freien stelle laut Stadt ohnehin keine Gefahr dar: „Deshalb ist auch der Aufenthalt im Freien unbedenklich. Dies gilt uneingeschränkt auch für Kinder“, heißt es dazu. Bestehen bleibt zudem das Angebot des Gesundheitsamtes an betroffene Bürger: Sie können sich individuell gesundheitlich beraten und untersuchen lassen.

Für das ehemalige Gelände der Firma Richter und das Umfeld erwarte die Stadt, dass in den kommenden Jahren die Belastung auch dort sinken werde, wo die Werte derzeit noch leicht erhöht seien. Und schränkt gleich ein: „Es kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass durch Demontage- bzw. Aufräumarbeiten auf den beiden Betriebsgeländen noch Schadstoffe in geringer Menge freigesetzt werden.“ Das LANUV werde daher an den vier Messstellen in Kray weiterhin PCB im Grünkohl messen, bis auch hier die Werte unauffällig sein würden.