Essen. Theater und Philharmonie. Nach der vorzeitig beendeten Spielzeit sorgen Wagner, Puccini und die „Dogville“-Uraufführung 2020/21 für Highlights.

TuP trotz(t) Corona heißt derzeit das alles bestimmende Motto von Theater und Philharmonie. Über 50 Auftritte haben die Musiker, Sänger und Schauspieler der Essener Theater und Philharmonie schon im Internet absolviert, seitdem das Corona-Virus den Bühnenbetrieb vollständig stillgestellt hat. Die kurzen Konzerte, Szenen und Lesungen sind freilich genährt von der Hoffnung, statt den kleinen Häppchen bald wieder abendfüllende Kulturkost bieten zu können. So haben Aalto-Musiktheater und Aalto-Ballett am Mittwoch den Spielplan für die Spielzeit 2020/21 präsentiert. Online und mit gebotenem Respekt vor den aktuellen Corona-Auflagen, aber nicht ohne Zuversicht, nach dem Sommer wieder zurück zum künstlerischen Normalbetrieb zu finden.

Ausgefallene Opern-Premieren werden erst in der übernächsten Spielzeit nachgeholt

Hofft, bald wieder Publikum im Aalto-Musiktheater begrüßen zu können: Intendant Hein Mulders.
Hofft, bald wieder Publikum im Aalto-Musiktheater begrüßen zu können: Intendant Hein Mulders. © André Hirtz / FUNKE Foto Services | André Hirtz

Sicher ist schon: Die beiden ausgefallenen Premieren der aktuellen Spielzeit, Verdis „Don Carlo“ und Mozarts „Hochzeit des Figaro“, haben erst in der übernächsten Spielzeit eine Chance, noch einmal auf den Spielplan zu rücken. Das komplizierte Abonnement-Geflecht ließe kurzfristige Veränderungen kaum zu, erklärt Aalto-Intendant Hein Mulders. Der Opern-Chef ist um Optimismus bemüht, will aber auch Flexibilität demonstrieren, um auf weitere Beschränkungen reagieren zu können. So soll es vielleicht schon im Juni probeweise kleine Foyer-Konzerte vor Publikum geben, um zu testen, wie das Angebot angenommen wird.

Ob bei der ersten Spielzeit-Premiere am 26. September dann wieder ein voll besetzter Orchestergraben zu erleben ist? Wagners „Tannhäuser“ ist jedenfalls nicht in Kammerspiel-Version auf die Bühne zu bringen. Auch seien 100 Philharmoniker unter Leitung von Generalmusikdirektor Tomáš Netopil nun mal nicht in großem Abstand auseinanderzusetzen, macht Mulders die Herausforderung der kommenden Monate deutlich. Wie kompliziert sich der Umgang mit Liebe und Trieben nicht nur in Zeiten der Kontaktsperre gestaltet, zeigt der derzeit bundesweit gefragte und bereits mehrfach für den Theaterpreis „Faust“ nominierte Paul-Georg Dittrich in seiner ersten Wagner-Inszenierung. Dittrich will Tannhäuser dabei auf eine Reise durch die Zeit und Kunstgeschichte schicken.

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Die Aalto-Premieren der Spielzeit 2020/21

Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg, von Richard Wagner. Premiere 26. 9. 2020. Regie: Paul-Georg Dittrich, Dirigat: Tomáš Netopil.

Lucrezia Borgia, von Gaetano Donizetti, Premiere: 21. 11. 2020, Regie: Ben Baur, Dirigat: Andrea Sanguineti.

Der Widerspenstigen Zähmung, Handlungsballett von John Cranko, Premiere: 24. 10.

Il Trittico, von Giacomo Puccini, Premiere: 23.1. ‘21, Regie: Roland Schwab, Dirigat: Robert Jindra.

Wilhelm Tell, von Gioacchino Rossini. Premiere: 20. 2. 2021, Leitung: Will Humburg.

Dogville, von Gordon Kampe, Uraufführung: 13. 3. 2021, Regie: David Hermann. Dirigat: Tomáš Netopil.

Passion, Tanzstücke von Jiří Kylián, Roland Petit, Edward Clug, Premiere: 17. 4. 2021

.Die lustigen Weiber von Windsor, von Otto Nicolai, Premiere: 29. 5. 2021. Regie: Bruno Klimek. Dirigat: Friedrich Haider.

Ein echtes „Belcanto-Fest“ soll Gaetano Donizettis „Lucrezia Borgia“ mit Aalto-Bühnenpreisträgerin Jessica Muirhead in der Titelrolle werden. Das Melodrama über die als Giftmischerin und Blutschänderin verrufene Papsttochter und Renaissancefürstin ist erstmals im Essener Opernhaus zu sehen. Ben Baur, der im Aalto bislang als Ausstatter in Erscheinung getreten ist, inszeniert und entwirft auch das Bühnenbild.

Il Trittico: Regisseur Roland Schwab setzt die Aalto-Bühne unter Wasser

Optisch Neues wagt auch Roland Schwab mit „Il Trittico“ (Das Triptychon). Für den Abend mit drei Kurzopern von Giacomo Puccini wird Schwab, zuletzt in Essen für seinen fulminanten „Otello“ gefeiert, die Aalto-Bühne erstmals fluten. „Die ganze Produktion wird im Wasser spielen“, verrät Hein Mulders. Trockenen Fußes kommen die Künstler auf jeden Fall durch die konzertante Aufführung von Rossinis „Wilhelm Tell“, die Will Humburg auf die Bühne bringt.

Szenischer Minimalismus kennzeichnet „Dogville“, das mit Nicole Kidman verfilmte Kinomeisterwerk des dänischen Filmemachers Lars von Trier. Das Essener Opernhaus bringt den Filmerfolg über das Zusammentreffen der verfolgten Grace und der unbarmherzigen Dorfgemeinschaft eines einsamen Rocky Mountains-Kaff nun zum Klingen. Für die lang erhoffte erste Uraufführung seiner Essener Intendanz hat Mulders den in Herne geborenen und lange an der Folkwang Universität tätigen Komponisten Gordon Kampe gewonnen. David Hermann inszeniert, Tomáš Netopil dirigiert.

„Dogville“: Kinomeisterwerk wird zum zeitgenössischen Opernstück

Wasser marsch: Die „Nacht in Venedig“ wurde im Aalto-Theater zum großen Publikumserfolg.
Wasser marsch: Die „Nacht in Venedig“ wurde im Aalto-Theater zum großen Publikumserfolg. © Theater und Philharmonie (TuP) | Jörg Landsberg

Beschwingt ausklingen soll die Saison mit einem Klassiker des deutschen romantischen Repertoires. Bruno Klimek, der Essen bereits eine operettenselige „Nacht in Venedig“ bescherte, inszeniert Otto Nicolais „Die lustigen Weber von Windsor“. Für den Auftritt des Möchtegern-Casanovas Falstaff und seiner emanzipierten Frauenriege kehrt der Erste Gastdirigent Friedrich Haider aufs Pult zurück.

Konjunktur haben in (Nach-)Corona-Zeiten womöglich auch die kleineren Formate. Neben den Matineen und Foyer-Einführungen gibt es unter anderem Nachtgespräche zu ausgewählten Vorstellungen. Außerdem hat das Publikum Gelegenheit zu Probenbesuchen. Schon bestens eingespielte Angebote wie die Klassiklounge, der „Tat Ort Aalto“ oder die beliebte „Teatime“ sorgen für Begegnung im kleineren Rahmen. Und im Café Livres präsentieren sich Aalto-Künstler weiterhin monatlich mit einem Lieblingsbuch.

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Aalto-Ballett bringt Meisterwerke der Tanzgeschichte auf die Bühne

Die 13. Spielzeit des Essener Ballett-Chefs Ben Van Cauwenbergh wird noch einmal eine besondere Herausforderung. Schon jetzt sorgt sich der Intendant nach mehrwöchiger Zwangspause um die Fitness seiner Tänzer. Noch ist das Gruppentraining untersagt. Doch Van Cauwenbergh hofft, bald zumindest wieder in kleineren Einheiten arbeiten zu können, um die Compagnie auf das vorzubereiten, was in der Spielzeit 2020/21 kommt: ein echter Cranko-Klassiker und ein mehrteiliger Abend mit Meisterwerken der modernen Tanzgeschichte.

„Der Widerspenstigen Zähmung“ als amüsanter Geschlechterkampf

Auch im Ballett wird die zuletzt wegen Corona ausgefallene Premiere von „Die drei Schwestern“ wohl auf die übernächste Saison verschoben. Mit „Der Widerspenstigen Zähmung“ bringt die Aalto-Compagnie im Herbst ein weiteres Handlungsballett auf die Bühne, nach „Onegin“ der zweite Cranko-Klassiker. Es sei eine besondere Ehre, ein Stück des legendären Choreografen John Cranko aufführen zu dürfen, freut sich Van Cauwenbergh. Für die Ballett-Version des amüsanten Geschlechterkampfs nach William Shakespeare werden die Tänzer erneut vom ehemaligen Stuttgarter Ballettintendant Reid Anderson unterstützt.

Ein Wiedersehen gibt es in der kommenden Spielzeit mit „Dornröschen“.
Ein Wiedersehen gibt es in der kommenden Spielzeit mit „Dornröschen“. © Handout | Hans Gerritsen

Nach einigen vorwiegend klassisch ausgerichteten Spielzeiten bringt Van Cauwenbergh mit „Passions“ 2021 gleich vier Arbeiten von herausragenden Tanztheater-Schöpfern des 20. Jahrhunderts auf die Bühne. Zu sehen sind zwei Werke von Jiří Kylián, dem bedeutenden Choreografen und ehemaligen Direktor des Nederlands Dans Theaters (NDT). Die Ballettlegende sorgte zuletzt 2016 mit dem Abend „Archipel“ in Essen für Furore. Choreografien von Ballettkoryphäen unterschiedlicher Generationen wie Roland Petit und Edward Clug ergänzen den vierteiligen Abend.

Van Cauwenbergh setzt damit auf eine „gute Mischung“ für Publikum und Tänzer. Dass dazu neben Wiederaufnahmen von Klassikern wie „Dornröschen“ und „Schwanensee“ auch das Chanson-Medley „La vie en Rose“ gehört, ist für Van Cauwenbergh gesetzt: Das ist meine Identität.“ Jede Nummer steht für eine ganz eigene Gefühlswelt.“

Das Konzertprogramm der Essener Philharmoniker folgt.

Festplatz-Abonnentinnen und -Abonnenten des Aalto-Theaters können exklusiv in der Zeit vom 23. April bis 8. Mai 2020 einen Neuabschluss, einen Platztausch oder einen Abonnement-Wechsel vornehmen. Schriftlich an: Theater und Philharmonie Essen, TicketCenter, II. Hagen 2, 45127 Essen, telefonisch unter 0201-8122-200, persönlich an der Kasse im Aalto-Theater, Opernplatz 10 und per E-Mail an: tickets@theater-essen.de. Der reguläre Vorverkauf für die Saison 2020/2021 beginnt voraussichtlich am 9. Mai 2020.