Essen. Pflegekräfte werden gesucht. Deshalb schauen sich Essener Kliniken auch im Ausland um. Doch ein neues Gesetz wird nicht nur positiv gesehen.

In Krankenhäusern und Heimen sind Pfleger ein rares Gut. Viele Personalchefs würden gerne mehr Arbeitskräfte einstellen, doch der Markt scheint so gut wie leergefegt zu sein. Ein überarbeitetes Zuwanderungsgesetz macht es Arbeitgebern nun leichter, qualifizierte Mitarbeiter im Ausland zu finden und nach Deutschland zu lotsen. Von diesen neuen Möglichkeiten hoffen die Essener Kliniken zu profitieren, aber sie sehen auch Probleme, wie eine Umfrage zeigt.

Andrea Schmidt-Rumposch ist die Pflegedirektorin der Essener Uniklinik.
Andrea Schmidt-Rumposch ist die Pflegedirektorin der Essener Uniklinik. © UK Essen | Jan Ladwig

Das Universitätsklinikum hält bereits seit 2018 über die deutschen Landesgrenzen hinweg gezielt Ausschau nach Pflegern. „Sie werden aus Ländern angeworben, die selbst einen Überschuss haben“, sagt Pflegedirektorin Andrea Schmidt-Rumposch. Mit ersten Erfolgen. In den Kreißsälen helfen unter anderem drei Hebammen aus Italien den Babys auf die Welt und auf den Allgemeinpflegestationen sind seit dem vergangenen Jahr drei Gesundheits- und Krankenpflegerinnen aus Mazedonien im Einsatz. Im Frühjahr werden die nächsten zehn Fachkräfte aus Serbien und Bosnien ihre Arbeit im Essener Klinikum aufnehmen.

48 Pflegekräfte werden derzeit im Kosovo auf ihre Arbeit in Essen vorbereitet

Im Herbst 2018 hatte sich die Uniklinik mit der Gewerkschaft Verdi verständigt, 140 zusätzliche Pflegekräfte einzustellen. „Seitdem sind wir verstärkt auf der Suche nach neuen Fachkräften“, sagt die Pflegedirektorin. Seit einiger Zeit werde eine weitere Kooperation angestrebt, um Absolventen aus dem Kosovo für die Essener Universitätsmedizin zu gewinnen. 48 Pflegekräfte befänden sich derzeit im Kosovo in der Ausbildung und sollen ab dem kommenden Jahr in Essen tätig werden.

Annette Aldick, Pflegedirektorin an den Kliniken Essen-Mitte, sieht das neue Gesetz auch kritisch.
Annette Aldick, Pflegedirektorin an den Kliniken Essen-Mitte, sieht das neue Gesetz auch kritisch. © KEM

„Die Kliniken Essen-Mitte (KEM) waren immer schon weltoffen. Unsere Auszubildenden kamen im vergangenen Jahr aus zwölf Nationen“, sagt Annette Aldick, die als Pflegedirektorin in dem evangelischen Haus arbeitet. Den neuen Möglichkeiten auf dem internationalen Arbeitsmarkt stehe sie aber durchaus kritisch gegenüber, denn: „Die Bundesregierung hat durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Bürokratie etwas vereinfacht, aber Länder wie Polen und Spanien klagen ihrerseits über Pflegekräftemangel.“

Kliniken Essen-Mitte setzen auf die eigene Ausbildung

Über 1000 Pflegekräfte seien an den KEM beschäftigt, 15 Stellen in der Regel offen. „Seit Jahren setzen wir auf eine klinikeigene Ausbildung. Wir haben die Ausbildungsplätze an unserer Krankenpflegeschule von 120 auf 163 Plätze im vergangenen Jahr erhöht“, sagt Aldick. Die Devise laute hier: „Unsere eigenen Auszubildenden sind unsere Zukunft.“

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Mit dem neuen Gesetz sollen Fachkräfte aus dem Ausland gelockt werden, nicht nur in der Pflegebranche. Neu ist dabei: Wer noch keinen Arbeitsvertrag hat, aber eine qualifizierte Ausbildung nachweisen kann, bekommt eine Aufenthaltserlaubnis für sechs Monate, um sich eine Stelle suchen zu können.

In dieser Zeit können die Fachkräfte bis zu zehn Stunden pro Woche auf Probe arbeiten oder ein Praktikum absolvieren. Voraussetzungen sind gute Deutschkenntnisse auf B2-Niveau und ausreichend Geld, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Bei der Contilia bewertet man die neuen Chancen, Pflegekräfte zu gewinnen, mit einem entschiedenen „Es ist interessant, aber...“. Zu dem Großverbund gehören Krankenhäuser wie das Elisabeth in Huttrop, aber auch Geriatrie-Zentren und Krankenhäuser in Hattingen und Mülheim. Thomas Kalhöfer aus der Unternehmenskommunikation der Gruppe sagt, man verspreche sich von dem neuen Gesetz einen Abbau von Bürokratie. „Auch vorher konnten Pflegefachkräfte aus Nicht-EU-Ländern anerkannt werden. Allerdings war dies nur mit großem Aufwand möglich. Deshalb erhoffen wir uns jetzt schnellere Verfahren sowie die Entflechtungen unterschiedlicher Zuständigkeiten.“

Contilia-Sprecher: Bewegung ist durchaus erwünscht

In den Einrichtungen der Contilia arbeiteten insgesamt rund 3.000 Pflegekräfte. Diese große Zahl, viele eigene Auszubildende sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten verschafften große Gestaltungsspielräume innerhalb des Verbundes. Kalhöfer spricht von einer „guten Personalsituation“. Dennoch sei Bewegung durchaus erwünscht: „Wir brauchen und wollen immer wieder Pflegekräfte aus anderen Einrichtungen, die uns mit ihren Ideen und Erfahrungen bereichern.“

Bei Pflegekräften aus dem Ausland sei neben der Qualifikation vor allem das Sprachniveau entscheidend. „Es muss so hoch sein, dass die Kommunikation mit Kollegen, Patienten und deren Angehörigen gesichert ist“, sagt Kalhöfer.