Essen. Einige der vereinbarten neuen Stellen in der Pflege an der Uniklinik Essen sind weiter unbesetzt. Klinikleitung befürchtet „schwere Nachteile“.
Ein Jahr nach dem Ende des langen Streiks beschäftigt die Suche nach Pflegekräften die Essener Uniklinik auch weiterhin. Einen Sommer lang hatten die Pfleger im vergangenen Jahr immer wieder ihre Arbeit niedergelegt. Ihnen ging es nicht um mehr Geld, sie demonstrierten für Unterstützung und personelle Aufstockung. Im September 2018 schlossen alle Beteiligten die Vereinbarung „Entlastung“. Darin steht, dass bis zu 140 neue Stellen in Pflege- und Funktionsdienst sowie weitere 40 Stellen in anderen Bereichen geschaffen werden. An diesem Ziel arbeitet die Klinikleitung nach wie vor.
Gleichwohl: Der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende des Universitätsklinikums sieht die Lage nicht unproblematisch. Prof. Jochen A. Werner sagt: „Das Thema beschäftigt und belastet uns in erheblichem Maße. Der damit einhergehende massive Anstieg der Personalkosten, die in keiner Weise angemessen gegenfinanziert werden, bedeutet schwere Nachteile für die universitären Standorte Essen und Düsseldorf in der NRW-Hochschulmedizin.“ Eine Lösung „für diese Schieflage“ stehe aus.
1000 Euro Belohnung für neue Mitarbeiter
Kliniksprecher Thorsten Schabelon sagt, dass die Zahl der Zeitarbeitskräfte erhöht worden sei, um kurzfristig für spürbare Entlastung zu sorgen. Über viele Wege werde unterdessen nach neuem festen Pflegepersonal gesucht. Mit klassischer Werbung, in Stellenbörsen und Fachzeitschriften, auf Job-Messen und Kongressen, mit Image-Kampagnen und in Kooperation mit der Agentur für Arbeit. Die Uniklinik lässt sich die Suche etwas kosten. Die Rede ist von einem Prämiensystem mit dem Namen „Pflege wirbt Pflege“. Dort würden Kollegen mit bis zu 1000 Euro belohnt, wenn sie neue Beschäftigte für die Pflege werben.
Genaue Zahlen dazu, wie viele Pflegekräfte noch fehlen, bis die vereinbarte Personaldecke erreicht ist, mag die Uniklinik nicht nennen. Das hänge auch damit zusammen, dass die Fluktuation in diesem Bereich sehr hoch sei. In Summe seien die Bewerberzahlen im Vergleich zum Vorjahr deutlich gewachsen, 150 Neueinstellungen und Azubi-Übernahmen seien zu verzeichnen. „Gleichzeitig verlassen uns aber auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Wegen Schwangerschaft, wegen eines Medizinstudiums, um in ein anderes Krankenhaus zu wechseln oder in die finanziell attraktive Zeitarbeit zu gehen“, sagt Schabelon. Mit 380 Ausbildungsplätzen in der Pflege zähle die Uniklinik schon jetzt zu den größten Ausbildern in Nordrhein-Westfalen in diesem Bereich.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf soll gefördert werden
Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern des Universitätsklinikums auf der einen und Personalrat/Gewerkschaft Verdi auf der anderen Seite trifft sich regelmäßig, um die gemeinsam angestrebte Entlastung für das Pflegepersonal zu erreichen. Zudem gibt es einen Schlichtungsrat, so die Uniklinik, in dem sich Vorstand und Verdi abstimmen.
Verstärkung aus Serbien
Bei ihrer Suche nach Pflegekräften schaut die Essener Uniklinik auch über die Landesgrenzen: Mit einem Pilotprojekt soll künftig Unterstützung aus Serbien dazustoßen. Die Region sei bewusst als Partner gewählt worden, weil sie einen Überschuss an Pflegekräften habe.
Etabliert wurde in Essen bereit ein NRW-weit einmaliges Ausbildungsprogramm für Flüchtlinge in der Pflege.
Bei aller Suche nach Verstärkung soll aber auch an die Arbeitssituation für die bereits vorhandenen Mitarbeiter gedacht werden. „Neben den zahlreichen Maßnahmen zur Gewinnung von Pflegefachpersonen liegt unser Fokus auf Mitarbeiterbindung“, so Pflegedirektorin und Vorstand Andrea Schmidt-Rumposch. „Die berufliche Weiterentwicklung und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stehen im Fokus.“
Neben der Essener Uniklinik hatten Pflegekräfte im vergangenen Jahr auch an der Düsseldorfer Uniklinik die Arbeit niedergelegt. Die Gründe für den Streik waren die gleichen wie in Essen. Kürzlich wurde bekannt, dass auch in Düsseldorf bis heute längst nicht alle neuen Stellen in der Pflege besetzt werden konnten.