Essen. . In Essen gibt es kaum noch größere Büroflächen zum Mieten. Keine gute Nachricht für Firmen, die sich kurzfristig ansiedeln oder erweitern wollen.

Die wirtschaftliche Dynamik und das Beschäftigungswachstum der vergangenen Jahre haben auch eine Kehrseite: In Essen wird der Büroraum knapp. Vor allem größere, gut ausgestattete Büroflächen werden in diesem Jahr zur Mangelware. „Wir laufen auf eine Vollvermietung zu, denn neue Flächen kommen in absehbarer Zeit kaum dazu“, zeigt sich Markus Büchte, Vorstand des Maklerunternehmens Cubion, besorgt.

Das bedeutet nichts Gutes für den Wirtschaftsstandort: Denn Unternehmen, die sich ansiedeln wollen und somit Arbeitsplätze mitbringen, werden sich schwer tun, passende Flächen zu finden. Und bereits ansässige Firmen, die sich in nächster Zeit erweitern wollen, müssen entweder enger zusammenrücken oder sich notfalls außerhalb der Stadt nach Büros umsehen. Allerdings sieht es in den Nachbarstädten im Revier laut Büchte auch nicht viel besser aus.

Wie sich die Situation am Büromarkt darstellt, zeigen folgende Zahlen: Der Leerstand hat sich binnen eines Jahres fast halbiert. Derzeit stehen in Essen 130.000 Quadratmeter Bürofläche leer. Das klingt erstmals viel – allerdings ist das in etwa die Größenordnung, die im Schnitt in nur einem Jahr in ganz Essen vermietet wird.

Größte freie Fläche: 3300 qm

Außerdem ist in dieser Summe noch eine über 10.000 Quadratmeter große Fläche im ehemaligen Rheinstahlhaus, heute Ruhr-Tower, an der Kruppstraße enthalten. Doch die ist bereits so gut wie vermietet, bestätigte Eigentümer Hubert Schulte-Kemper, Chef der Fakt AG. Noch im Januar soll der Mietvertrag unterzeichnet werden. Über den Mieter schweigt sich Schulte-Kemper weiter aus. Nur soviel: Es handele sich um ein Unternehmen, das von außerhalb nach Essen kommt. Damit werden also auch keine Flächen zur Neuvermietung innerhalb der Stadt frei.

Die größte zusammenhängende Fläche, die der Markt derzeit zu bieten hat, beträgt laut Büchte 3300 Quadratmeter und fällt in die Kategorie „mittlere Qualität“. Wer gute bis sehr gute Büroqualität sucht, für den gibt es zur Zeit nur rund 2000 Quadratmeter, die kurzfristig bezogen werden können.

Die wenigen Flächen treffen zudem auf höhere Ansprüche der Mieter: „Das klassische Büro mit Einzel- und Doppelschreibtisch, Wandkalender und Gummibaum auf der Fensterbank hat ausgesorgt. Flexible Workspaces mit offener Raumgestaltung liegen im Trend. Meeting Points und Glaswände sollen die Kommunikation, den Austausch und damit die Effizienz der Arbeitnehmer fördern. Und ohne High Tech geht fast gar nichts mehr. Glasfaseranschlüsse inklusive Cat-7-Verkabelung sollten vorhanden sein“, sagt Tobias Altenbeck, Mitglied der Geschäftsleitung beim Makler Brockhoff & Partner. Die meisten Büros, die leerstehen, erfüllten diese Standards jedoch nicht.

Kaum Büro-Neubauten in den nächsten drei Jahren

An Neubauten, die meist all dies bieten, kommt in den kommenden drei Jahren dagegen recht wenig dazu. In diesem Jahr sollen rund 29.000 Quadratmeter fertiggestellt werden, allerdings sind dort nur noch 1500 Quadratmeter zu haben. Im nächsten und im übernächsten Jahr gibt es zumindest jeweils 8000 bzw. 8500 Quadratmeter, die nach heutigem Stand noch nicht vermietet sind.

Einzig die Entwicklung in einigen Konzernen ist noch ein Faktor, der den Markt bewegen könnte. Zum Beispiel: Werden durch die Fusion von Eon und Innogy Jobs abgebaut und damit Flächen frei? Was passiert nach der Aufspaltung bei Thyssenkrupp am Standort Essen? Geht die Karstadt-Zentrale nach Köln?

„Expansionskraft wird unterschätzt“

Bleibt schließlich die Frage: Wie konnte es zu einem solchen Nadelöhr bei den Büroflächen kommen? Aus Sicht von Büchte fehlt den Investoren und Finanziers das Vertrauen in den Markt im Ruhrgebiet. Deshalb bauen die allermeisten nur, wenn es schon möglichst viele Mieter gibt, noch bevor der erste Spatenstich erfolgt. Spekulatives Bauen dagegen gab es in Essen in den vergangenen Jahren zu wenig. Auch Schulte-Kemper, der erst die alte Ruhrgas-Zentrale an der Ruhrallee revitalisiert hat und nun das Rheinstahl, sagt: „Die Expansionskraft des Ruhrgebietes wird unterschätzt.“

Beispiele für Unternehmen, die sich in jüngster Zeit in Essen angesiedelt haben: FedEx, Facebook, ADAC, KPMG, Brenntag, RAG

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Der Büroflächenumsatz, also die Summe aller Neuvermietungen, betrug im vergangenen Jahr 151.000 Quadratmeter. Das ist nach 2007 der höchste Wert.

Die Leerstandsquote beträgt 4,1 Prozent nach 7,0 im Jahr davor. Bei 3 Prozent und darunter sprechen Experten von einer Vollvermietung.

Die Durchschnittsmieten kletterten leicht von 11,15 auf 11,29 Euro, wobei im Neubausegment Spitzenmieten von 14,50 Euro aufgerufen werden, mit stark steigender Tendenz.