Essen. . In den meisten Essener Firmen läuft es. Viele wollen auch neue Mitarbeiter einstellen. Doch an vielen Arbeitslosen geht das vorbei.
Drohende Jobverluste bei RWE, die schwelende Ungewissheit über die Zukunft der Karstadt-Zentrale oder der tiefgreifende Umbau bei Thyssenkrupp nach der Führungskrise: Der Wirtschaftsstandort Essen hat zuletzt eher mit Negativnachrichten bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. „Das tut natürlich weh, aber das sind Entwicklungen einzelner Unternehmen, bei denen auch noch gar nicht feststeht, welche Auswirkungen sie tatsächlich haben“, sagt der Konjunkturexperte der Essener Industrie- und Handelskammer (IHK), Heinz-Jürgen Hacks.
Denn tatsächlich läuft es in der breiten Masse der Unternehmen in der Stadt wirtschaftlich weiter hervorragend. Zumindest ist das das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK, deren Ergebnisse sie am Mittwoch veröffentlichte und die in den Ruhrlagebericht der Kammern im Ruhrgebiet einfließen.
45 Prozent sprechen von einer guten Geschäftslage
Danach sagen 45 Prozent der befragten Unternehmen in Essen, dass ihre derzeitige Geschäftslage gut ist. „Das ist mit einem Plus von acht Prozentpunkten ein kräftiger Sprung nach oben, wenn man dies mit der Umfrage im Frühjahr vergleicht“, sagte Hacks. Überraschender aber sei, dass immerhin jedes vierte Unternehmen einschätzt, dass es in den kommenden Monaten noch weiter bergauf geht. Hacks: „Wenn man weiß, dass Unternehmen eher zurückhaltend mit solchen Aussagen sind, dann ist dieses Ergebnis sensationell.“
Viele Unternehmen wollen auch weiter Mitarbeiter einstellen. „Der Aufbau sozialversicherungspflichtiger Jobs wird anhalten“, prognostizierte Hacks. In den vergangenen zehn Jahren seien in Essen 14 Prozent mehr solcher Arbeitsplätze entstanden. „Das liegt zwar etwas unter dem NRW-Durchschnitt, ist aber dennoch ordentlich“, so der Konjunkturexperte. Er macht unter anderem fehlende Gewerbeflächen dafür verantwortlich, dass sich in Essen weniger neue Unternehmen ansiedeln und somit Arbeitsplätze schaffen als in anderen Regionen.
Problem in Essen bleibt die Langzeitarbeitslosigkeit
Auch der Fachkräftemangel werde spürbarer und bremse die Firmen bei Einstellungen aus. Mehr als jedes zweite Unternehmen habe mittlerweile Probleme, offene Stellen zu besetzen, sagt die IHK. Und dennoch: Trotz der nun seit Jahren gut laufenden Konjunktur hat Essen immer noch eine zweistellige Arbeitslosenquote. „Da müssen wir einstellig werden“, hatte OB Thomas Kufen am Montag auf der ersten Essener Arbeitsmarktkonferenz als Ziel ausgegeben. Aber besonders die Langzeitarbeitslosen profitieren nicht in gleichem Maße von der guten wirtschaftlichen Entwicklung. Rund 70 Prozent der Arbeitslosen in der Stadt seien gering qualifiziert und hätten keinen verwertbaren Abschluss, nennt die Arbeitsagentur einen entscheidenden Grund. Diese Menschen mit Qualifizierungen in den kommenden Jahren wieder fit für den Arbeitsmarkt zu machen, sei deshalb eine Hauptaufgabe.
Kufen appellierte indes an die Wirtschaft, das neue Projekt des sozialen Arbeitsmarktes zu unterstützen und Langzeitarbeitslose einzustellen. Dem städtischen Jobcenter müsse es zusammen mit den Unternehmen gelingen, die 660 vom Bund geförderten Jobs für Langzeitarbeitslose in Essen zu besetzen. „Wir haben lange dafür gekämpft. Wenn wir das nicht ausschöpfen, dann brauchen wir in Berlin gar nicht mehr anzuklopfen“, sagte Kufen.