Essen. . Der Vorsitzende des Essener ADFC schießt gegen Politik und Verwaltung: Um den Radverkehrsanteil zu erhöhen, sei viel mehr Anstrengung nötig.
Der Essener Verband des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) wirft der Stadt vor, die Verkehrswende völlig planlos anzugehen. Das vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verhängte Fahrverbot hätte verhindert werden können, wenn Politik und Verwaltung bei Themen wie dem Radschnellweg 1 und dem Ausbau der Nord-Süd-Verbindung entschlossener gehandelt hätten, ist ADFC-Vorsitzender Jörg Althoff überzeugt.
„Wir sehen keinen echten Plan, wie die Stadt ihr selbst gestecktes Ziel von jeweils 25 Prozent Rad-, Fußgänger-, ÖPNV- und Pkw-Verkehrsanteil bis 2035 umsetzen will“, sagt Althoff. Der Ausbau des Radwegenetzes komme viel zu langsam voran. „Die Stadt feiert es als Erfolg, dass sie 500.000 Euro pro Jahr in den Ausbau investiert. In Wirklichkeit ist das ist ein schlechter Witz“, schimpft Althoff, dem ein „großer Aufschlag“ fehlt.
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Vor allem der Ausbau der Alltagsrouten in der Stadt – insbesondere einer schnellen Nord-Süd-Verbindung – müsse oberste Priorität haben. Denn nur so könnten mehr Menschen dazu bewegt werden, für kurze Strecken auf Rad oder E-Bike umzusteigen, sagt Althoff: „Rund die Hälfte aller Autofahrten in Essen werden für Wege unter fünf Kilometer gemacht. Da sehen wir eine große Chance.“ Seit Jahren fordert der ADFC einen mit Pollern geschützten Radstreifen, der den Süden mit dem Norden der Stadt verbindet. Die Verzögerungen beim Ausbau des Radschnellwegs 1 im Eltingviertel sind nach Ansicht Althoffs ebenfalls ein Indiz für mangelnden politischen Willen.
Stadt verweist auf Erfolge
Infoabend in der VHS zu regionalem Radwegenetz
Der Regionalverband Ruhr (RVR) und die Stadt Essen informieren am Mittwoch, 28. November, über den Entwurf eines regionalen Radwegenetzes. Beginn ist um 19 Uhr im kleinen Saal (E.11) der Volkshochschule am Burgplatz.
Ziel ist die Weiterentwicklung des Netzes zum Alltagsradwegenetz, bei dem auch die Pendlerverkehre im Fokus stehen. Lücken im bestehenden Netz der 53 RVR-Kommunen sollen geschlossen werden. Den kompletten Entwurf kann man hier nachlesen.
Von der Stadt wird diese Grundsatzkritik zurückgewiesen: So zählt Stadtsprecherin Silke Lenz Erfolgsgeschichten auf, wie die mehr als 300 für den Radverkehr geöffneten Einbahnstraßen in der Stadt und geplante Radwege wie das ehemalige Rommenhöller Gleis in Rüttenscheid und den Grünzug Zangenstraße zwischen der Nordstadt und Altenessen. Darüber hinaus verbessere die Stadt die Infrastruktur für Radfahrer. Das belegten die neuen Radboxen, die in Kooperation mit der Ruhrbahn angeboten werden.
Außerdem sei Essen die einzige von fünf durch das Bundesumweltministerium ausgewählten Lead Citys, der Investitionen im Fahrradbereich bewilligt worden seien: Von den insgesamt 21 Millionen Euro Fördermitteln vom Bund fließen 500.000 Euro in den Radwege-Ausbau – zusätzlich zu den 500.000 Euro, die im Haushalt der Stadt bereits zur Verfügung gestellt wurden. Der Löwen-Anteil der Bundes-Fördermittel soll für die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs genutzt werden.
„Autofahrern darf kein Platz weggenommen werden“
Was die Stadt als Erfolg verbucht, geht Althoff nicht weit genug: „Das Programm, das die Stadt als Lead City eingereicht hat, ist aus Radfahrersicht gesehen total mutlos.“ Ein Kernproblem sei, dass in Essen dem Autofahrer kaum ein Zentimeter abgeknapst werde.
„Nehmen Sie die Rüttenscheider Straße. Da wird am Stern jetzt sogar ein zusätzlicher Linkssabbieger für Autos gebaut. Dabei ließe sich gerade auf der Rü vielmehr für den Radfahrer tun.“ Die Idee, die Rüttenscheider Straße zu Gunsten von Radfahrern in eine Einbahnstraße umzuwandeln, ist jedoch umstritten.