Essen. . Die jüngste Erhebung belegt: Kettwig ist stärker von Fluglärm betroffen als noch vor fünf Jahren. Essener Rat diskutiert über Aktionsplan.

Für Anwohner in Kettwig war es bislang ein Gefühl. Eines, das ihnen sagt, die Belastung durch Fluglärm hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Nun haben Betroffene es schwarz auf weiß: Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz hat bei der turnusgemäßen Kartierung von Umgebungslärm festgestellt, dass 2017 größere Teil von Kettwig Fluglärm ausgesetzt waren als noch bei der letzten Bestandsaufnahme im Jahr 2012 (siehe Grafik). In dem betroffenen Bereich bewegt sich der Lärmpegel unverändert zwischen 55 und 60 Dezibel. Eine Belästigung ist das allemal. Als gesundheitsgefährdend gilt Lärm ab einem Tagesmittelwert oberhalb von 65 Dezibel.

Die Landesbehörde spricht mit Blick auf Kettwig von einer geringfügigen Mehrbelastung und nennt dafür Gründe: Flugbewegungen am Flughafen Düsseldorf seien in die Abend- und Nachtzeit, also in die Zeit nach 22 Uhr, verlegt worden. Der internationale Airport werde zudem häufiger von größeren und lauteren Maschinen angeflogen als noch vor fünf Jahren, und dies auch abends und nachts. Und: Die Nordbahn sei während der Nachtzeit weitaus intensiver genutzt worden. Der Flughafen habe dies mit Bauarbeiten auf dem Gelände begründet.

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Die Ergebnisse dienen den Kommunen für die Aufstellung von Lärmaktionsplänen

Umgebungslärm wird im Abstand von fünf Jahren kartiert. Die Ergebnisse dienen den von Lärm betroffenen Kommunen als Grundlage für das Aufstellen von Lärmaktionsplänen. Diese beschreiben, was die Städte gegen Lärmbelästigung zu tun gedenken. Die Stadt Essen hat ihren Aktionsplan im September 2017 verabschiedet. Das Landesumweltministerium verlangt aber, dass Aktionspläne im Hinblick auf Fluglärm bis zum 18. Juli dieses Jahres überprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden. Hintergrund ist eine EU-Richtlinie zum Umgebungslärm, die nun Grundlage für nationales Recht ist.

Aus Sicht der Grünen ist die Gelegenheit günstig: „Die vom Fluglärm am Flughafen Düsseldorf betroffenen Kommunen sollten bei der Lärmminderungsplanung eng zusammenarbeiten“, fordert Grünen-Ratsherr Rolf Fliß für seine Fraktion. Mit einem entsprechenden Antrag wird sich der Rat der Stadt in seiner Sitzung am Mittwoch befassen. Ein koordiniertes Vorgehen bei der Bekämpfung von Fluglärm sei schon deshalb wichtig, da die Möglichkeiten der Kommunen, Einfluss zu nehmen, sehr gering seien. Gemeinsam könnten die betroffenen Städte und Kreise stärker gegenüber der Landesregierung und dem Flughafen auftreten.

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Die EU schreibt keine verbindlichen Grenzwerte vor

In der Tat beschränkt sich der Lärmaktionsplan der Stadt Essen beim Thema Fluglärm im wesentlichen auf Zusagen des Flughafens, unter anderem auf diese, dass im Falle einer Kapazitätserweiterung 21 Millionen Euro für „notwendige Schallschutzmaßnahmen“ investiert werden sollen. Dass die vom Lärm betroffenen Städte durch ein koordiniertes Vorgehen mehr herausholen könnten, scheint aber eine allzu kühne Erwartung. Lärmminderungspläne haben eher einen empfehlenden Charakter. Und anders als beispielsweise bei der Luftbelastung gibt die EU für Lärm keine verbindlichen Grenzwerte vor.

Maßgeblich für den „Schutz gegen Fluglärm“ ist das gleichlautende Gesetz, das verschiedene Lärmschutzbereiche definiert. Die letzte Änderung datiert von 2007, nach zehn Jahren steht nun wieder eine Überarbeitung an. Mit Ergebnissen rechnet das Landesumweltamt nicht vor Abschluss des Genehmigungsverfahrens über eine mögliche Kapazitätserweiterung des Flughafens.