Essen/Mülheim. . Die Lärmschutzkommission bestätigt: Die neuen Betriebszeiten am Flughafen Essen-Mülheim haben zu einer Verdichtung des Flugbetriebes geführt.

Blauer Himmel und Sonnenschein – in diesen eiskalten Februar-Tagen herrscht am Flughafen Essen/Mülheim ideales Wetter für Piloten und solche, die es werden wollen. Zum Leidwesen von Reiner Fuchs. Der 59-Jährige wohnt in Haarzopf, nur 800 Meter entfernt. Seit Jahren schon engagiert er sich in der Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm. Als deren Vertreter ist Fuchs Mitglied der Lärmschutzkommission. Jener Institution, die der Geschäftsführer des Flughafens, Günter Helmich, am liebsten auflösen würde. Sie sei ineffizient, das jährliche Zusammenkommen „eine rituelle Veranstaltung“.

Was die Effizienz angeht – Reiner Fuchs würde nicht einmal widersprechen. Aber wo sonst sollen Fluglärm-Gegner ihr Wort führen? Eines kann er dem Streit abgewinnen: Es wird über Fluglärm öffentlich geredet.

Flugschüler finden ideale Bedingungen

Es sind vor allem die Platzrunden der Flugschüler, die Fuchs in Rage bringen. Nach Angaben der Bezirksregierung Düsseldorf können von den etwa 50.000 Starts und Landungen am Flughafen Essen/Mülheim 20.000 dem gewerblichen Schulungsbetrieb zugeschrieben werden. Mit der 1500 langen, 40 breiten und damit völlig überdimensionierten Start- und Landebahn finden Flugschüler auf den Ruhrhöhen ideale Bedingungen vor.

Die Zahl der Platzrunden wird nicht erfasst. Sie dürfte aber um ein Vielfaches höher liegen. Beim Trainieren des Landeanfluges ziehen die angehenden Flugzeugführer ihre Maschine wieder hoch – und drehen einer weitere Runde. „Sie glauben gar nicht, wie sich das anhört, wenn der Pilot wieder Gas gibt“, klagt Reiner Fuchs. Vor allem in den Sommermonaten sei die Lärmbelästigung häufig nicht mehr zu ertragen. Geflogen wird auch an Sonntagen. Der Anwohner spricht von „Terror“.

Anwohner Reiner Fuchs blickt gen Himmel. Seit Jahren engagiert er sich gegen Fluglärm.
Anwohner Reiner Fuchs blickt gen Himmel. Seit Jahren engagiert er sich gegen Fluglärm.

Auch in den Wintermonaten habe sich die Situation verschärft. Dadurch, dass der Flughafen seine Betriebszeiten aus Kostengründen eingeschränkt hat. Seit dem 1. Januar darf zwischen 8.30 Uhr und 18.30 Uhr geflogen werden. Nur noch drei Mal pro Wochen dürfen die Flugschulen den Nachtflugbetrieb üben; die Maschinen können dann bis 21 Uhr in der Luft bleiben. Der Vorteil für den Flughafen: Er muss weniger Personal für die Besetzung des Towers vorhalten.

Die neue Regelung habe zu „einer Verdichtung“ der Flugbewegungen geführt, bestätigt der Vorsitzende der Lärmschutzkommission, Ulrich Langenecker, von der Fachschule für Luftfahrzeugführer (FEL). Denn mehrere Maschinen sind gleichzeitig in der Luft. „Wir reden von zwei bis drei Flugzeugen“, sagt Langenecker. Er sagt aber auch: „Ich hatte davor gewarnt.“ Denn mehr Maschinen am Himmel bedeuten logischerweise mehr Lärm.

Es ist aber nicht nur die Anzahl der Flugzeuge, die Reiner Fuchs umtreibt. Sommers wie Winters sei immer wieder zu beobachten, dass Maschinen weit über die Platzrunde hinaus flögen, über Wohngebiete und die Haarzopfer Mitte hinweg. Laut Ulrich Langenecker kommt so etwas „sehr selten vor“.

Es gibt Gründe, um von der Platzrunde abzuweichen

Die Bezirksregierung lässt auf Anfrage wissen, dass es vielfältige Gründe gebe, aus denen ein Pilot von der Platzrunde abweicht: Sicherheitsaspekte wie das Ausweichen vor einem anderen Flugzeug, Schulungszwecke, etwa das Üben einer Notlandung, aber auch die Geschwindigkeit des Flugzeuges.

Platzrunden würden sehr wohl kontrolliert. Es gebe zwei Mitarbeiter vor Ort, die durch Funkkontakt jederzeit eingreifen könnten. 2017 hat es nach Angaben der Luftaufsichtsbehörde keinen einzigen Verstoß gegeben. Es wurde jedenfalls keiner registriert. Geflogen wird auf Sicht, was eine Kontrolle zumindest bei Nachtflugübungen erschweren dürfte.

Die Luftaufsicht registrierte 2017 keinen Verstoß

Aus Sicht der Fluglärmgegner gehöre der Flughafen längst geschlossen, meint Reiner Fuchs. Ein öffentliches Interesse sei nicht zu erkennen. Der „Zeppelin“ und auch die Segelflieger könnten ja gerne bleiben, meint er. Aber: „Die Platzrunden müssen weg.“

Der Flughafen verweist auf die wenigen Beschwerden über Lärm, den Flugzeuge verursachen; gerade einmal vier seien im vergangenen Jahr eingegangen. Ob die große Mehrheit der Anwohner eine schweigende ist, die sie sich mit dem Fluglärm wohl oder übel abgefunden hat – darüber sagen die Zahlen nichts aus.