Essen. . Professoren schwärmen von den Möglichkeiten des Neubaus. Wir haben einen Rundgang durch das neue Quartier-Nord der Folkwang-Uni gemacht.
„Im Gebäude darf nicht mit Tretrollern gefahren werden.“ Der handgeschriebene Aushang in der Pförtner-Loge hat seinen Grund. Die langen, weit gestreckten Gänge der neuen Dependance der Folkwang-Universität der Künste bieten auf den ersten Blick nicht nur für die Augen einen fließenden, schier endlosen Auslauf.
Der annähernd 19 000 Quadratmeter große Neubau der Gestalter-Hochschule, der am 26. Oktober als „Quartier Nord“ offiziell eingeweiht wird, ist das neue architektonische Aushängeschild auf dem Welterbe Zollverein.
Folkwang-Uni: Stahlfassade beeindruckt
Außen beeindruckt die in vier unterschiedlich hohe Kuben aufgeteilte, silbrig-glänzende feuerverzinkte Stahlfassade, innen die besondere Individualität, mit der die Räume auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der angehenden Gestalter zugeschnitten wurden.
Dass sich über das gesamte Gebäude 1030 Fenster in 15 unterschiedlichen Formaten verteilen, zeugt schon davon, dass hier kein Hochschulgebäude von der Stange entstanden ist.
Hohe Räume bieten Platz für Kreativität
Lange Flure, hohe Räume und jede Menge Platz für Kreativität: Die vielen Aus- und Durchblicke bieten den über 500 Studierenden und den rund 70 Lehrenden ab dem Wintersemester immer wieder neue Perspektiven auf den Standort.
An verschiedenen Abzweigungen der langgestreckten Flure wurden von den Architekten sogar bewusst kleine „Umwege“ eingeplant, erklärt Fotografie-Professorin Elke Seeger, die den Blick immer wieder frei geben auf die Nachbarschaft, Stoppenberg, den Doppelbock-Förderturm und den Wagenumlauf.
Folkwang-Uni sucht den Dialog mit der Umgebung
„Universitätsbauten zeigen sich sonst oft viel verschlossener“, erklärt Christoph Dorsz vom Institut für Kunst- und Designwirtschaft beim Blick von der stützfreien, ziehharmonika-artigen Stahlblech-Treppe ins riesige Atrium, von dem im Erdgeschoss die großen, lichten Werkstatträume für Buchbinderei oder Siebdruck abgehen.
Die bauliche Offenheit hat ihren Zweck. Die Folkwang-Uni sucht den Dialog mit der Umgebung. Breite Fensterfronten öffnen sich bewusst zum Stadtteil. Viele erhoffen sich vom Zuzug der Folkwang-Studenten noch einmal eine ganz andere Belebung für den Welterbe-Standort.
Hoffnung auf den „Qualitätssprung“
Nicht nur architektonisch dürfte die neue Uni in den kommenden Jahren dabei eine der landesweit ersten Adressen für Gestalter sein. Insgesamt hat sich das Raumangebot für die angehenden Fotografen, die Industrial Designer, Kommunikationsdesigner und Studenten der Kunst- und Designwissenschaft stark verbessert und dürfte in seinem passgenauen Zuschnitt in der deutschen Hochschullandschaft nicht häufig zu finden sein. „Für uns ist das ein deutlicher Qualitätssprung“, freut sich Elke Seeger über die höhere Zahl der Seminarräume, die neuen Ateliers, Labore und Werkstätten mit ihren Metallfräsen, Drehbänken und dem gewaltigen 3D-Drucker.
Ein Teil der alten Maschinen ist noch mit aufs Zollvereingelände gezogen, rund dreiviertel des technischen Geräts konnten neu angeschafft werden, berichtet Dorsz. Und weil so eine Gestalter-Universität eben nicht nur ein Ort der theoretischen Ausbildung ist, sondern die technische Ausrüstung eines kleinen, mittelständischen Unternehmens ans Netz bringt, wurden allein 275 Kilometer Kabel verbaut.
Erster Rundgang am 26. Oktober
Wenn das neue Hochschulgebäude am 26. Oktober zu den ersten öffentlichen Rundgängen lädt, dann werden die Besucher allerdings auch staunen über die imposanten Tageslichtstudios mit bis zu sieben Metern Deckenhöhe, über speziell eingebaute Lichtschleusen, die zu den Dunkelkammern der Fotografen führen, oder über den Zeichen- und Aktsaal, der im dritten Geschoss Licht und Gedanken zum Flirren bringt.
Und damit im fließenden Raumgefüge niemand die Orientierung verliert, haben die Folkwang-Kommunikationsdesigner natürlich auch für eine optimale Türbeschilderung gesorgt.