Essen. . Auf dem Welterbe Zollverein entsteht die Dependance der Werdener Universität. Studenten können den spektakulären Neubau im Oktober beziehen.
Wer eine Hochschule für Gestalter baut, der entwirft nicht einfach ein Ensemble aus Hörsaal, Seminarräumen und Verwaltungstrakt. Der Neubau der Folkwang-Universität der Künste auf Zollverein wird auch ein Schauraum sein, ein Vorzeigeplatz der guten Form. Nicht nur äußerlich hat das vom Stuttgarter Architektenbüro MGF entworfene Gebäude dabei das Zeug zum Hingucker mit seiner Fassade aus verzinktem Stahlblech und dem in unterschiedlich hohe Kuben aufgeteilten Baukörper, der die Formensprache der Umgebung variantenreich aufnimmt. Auch beim Betreten der Folkwang-Uni wird der Besucher ab dem Wintersemester 2017/18 viel zu sehen bekommen.
Aufhängungen unter der Decke geben die Möglichkeit für luftige Kunst im Bau. Und im riesigen, lichten Foyer werden Bilderleisten bald ihre zugedachte Präsentationsaufgabe übernehmen, von Scheinwerfern wirkungsvoll in Szene gesetzt. Selbst die Flure weiten sich zu großzügigen Schauräumen mit Mittelpodesten zum Zeigen und Verweilen. Die neue Folkwang-Universität auf Zollverein ist schließlich nicht nur ein Ort der Theorie, sondern der kreativen Praxis. Rund 600 Studierende werden hier Industriedesign, Fotografie und Kommunikationsdesign studieren. Auf sie warten nicht nur Zeichensäle, Fotostudio und Dunkelkammer, sondern auch riesige Werkräume beispielsweise für Siebdruck oder Buchbinderei.
Im Sommer beginnt der Umzug
Die offizielle Einweihung am 26. Oktober kann bereits mit gutem Gewissen vermeldet werden, denn die Bauarbeiten sind nicht nur im Zeitplan, man war sogar schneller als gedacht. Am 31. Mai muss Angelika Schmidt vom Projektentwickler Kölbl Kruse deshalb eine Aufgabe abgeben, die sie hörbar mit Begeisterung erfüllt hat. Im Sommer beginnt dann der Umzug und die Einrichtung der Räume und Säle. Mit der Neuansiedlung verbinden viele die Hoffnung, dass die Folkwang-Studenten noch einmal für eine echte Belebung des Zollverein-Geländes und der umliegenden Nachbarschaft sorgen werden.
Nach dem langen Hickhack um die Nutzung des Geländes ging beim Neubau der Uni dabei alles schneller als gedacht. Kein Abstimmungsgezerre, nicht mal Kreuzkröte und Flussregenpfeiffer konnten den reibungslosen Ablauf bremsen. Längst sind die Fenster eingebaut, die Zickzack-Stahltreppen mit der markanten Industrie-Ästhetik hoch gezogen und die Technik im Untergrund verschwunden. 290 Kilometer Kabel wurden verlegt, erzählt Angelika Schmidt. Schließlich ist so eine Gestalter-Uni nicht nur eine digitale Zukunfts-Schmiede, sondern auch noch ein analoger Werkstätten-Betrieb, der Anschlüsse für Dreh- und Fräsmaschinen braucht, Buchbinderpresse oder Schweißgeräte. „Wenige Räume sind gleich“, erklärt Projektleiterin Schmidt, die zusammen mit Bauleiter Klaus Hoffmann vom Dortmunder Generalunternehmer Freundlieb durch die Räume führt. Und meint damit nicht nur den Zuschnitt, sondern auch unterschiedliche Deckenhöhen, Lichtverhältnisse und Spezialeinbauten wie die Lichtschleuse zu den Dunkelräumen der Fotografen.
Während die einen die absolute Finsternis benötigen, werden die andere Räume geradezu geflutet vom Licht. „Das Tageslichtstudio Fotografie wird einer der schönsten Säle“, findet Angelika Schmidt .Und im Zeichen- und Aktsaal in der obersten Etage wird man künftig nicht nur Perspektive und die Linien des menschlichen Körpers studieren, sondern einen spektakulären Ausblick genießen können.
Überhaupt bietet die Uni beim Durchwandern der Räume derzeit eine einzigartige Rundum-Sicht aufs Zollverein-Areal. Begrünte Lichthöfe werden demnächst den Blick freigeben auf Doppelbock und Wagenumlauf. Neben der Funktionalität des Gebäudes, dessen Farbkonzept in Grau-Weiß gehalten wird, soll schließlich auch die Aufenthaltsqualität stimmen. Und dass die Folkwang-Uni kein Neubau von der Stange ist, wird man selbst in den Toilettenräumen sehen. Die Waschbecken kommen von renommierten Industriedesignern. Die gute Form, sie wird den Studenten selbst beim Händewaschen begegnen.