Essen. . Der Erfinder der „City Trees“ behauptet, dass eine grüne Wand so viel Schadstoff schluckt wie 275 Bäume. Das Landes-Umweltamt bezweifelt das.
- Vor und im Essener Hauptbahnhof stehen seit Neuestem zwei Installationen namens „City Tree“, di eneugierig machen
- Der Erfinder der grünen Mooswand behauptet, dass sie so viel Feinstaub schluckt wie 275 Bäume
- Das Landes-Umweltamt zweifelt diese Aussage an und vermisst den wissenschaftlichen Beweis
Zwei Mooswände in der Innenstadt – eine vor dem Hauptbahnhof, die andere drinnen – sollen die Luft so gut reinigen wie 550 Bäume. Die „City-Trees“ genannten Naturwunder haben die Deutsche Bahn, die Stadt Essen und einer ihrer Entwickler, Peter Sänger, vorige Woche vorgestellt (wir berichteten). Was viele Leser wundert: Wie kann eine Mooswand dieselbe reinigende Wirkung wie 275 Bäume haben?
„City Tree“: vier Meter hoch, 14 Quadratmeter Fläche und 1682 kleine Pflanztöpfe
Die vier Meter hohen „City Trees“ haben mehr als 14 Quadratmeter Fläche, die aus 1682 kleinen Töpfen mit jeweils einer Deckpflanze und Moos darunter besteht.
„Die Mooskulturen und die Deckpflanzen teilen sich die Arbeit beim Luftfiltern“, erklärt Peter Sänger vom Berliner Entwickler Green City Solutions das Verfahren: „Das Moos ist elektrostatisch aufgeladen und zieht deshalb Feinstaub-Partikel an. Diese haften auf der Oberfläche und werden Stück für Stück von den Moosen aufgenommen.“
Die Moose sollen 70 Kilogramm Feinstaub im Jahr filtern
So könne man den Feinstaub als Dünger fürs Moos betrachten, da es diesen als Lebensgrundlage benutzt. Die Moose, so Sänger, sollen jährlich etwa 70 Kilogramm Feinstaub aus der Luft filtern – eben so viel wie 275 Bäume.
Die Spezial-Moose seien an die klimatischen Verhältnisse der Stadt angepasst, könnten auch bei viel Sonneneinstrahlung überleben.
Die Deckpflanzen über dem Moos schützen dieses, darüber hinaus filtern sie die Stoffe Kohlendioxid und Stickstoffdioxid aus der Luft. „Durch Tests haben wir herausgefunden, welche Pflanzen die Schadstoffe aushalten, ohne daran kaputt zu gehen“, sagt Sänger.
So sollen die Deckpflanzen die Schadstoffe aufnehmen, in ihre Bestandteile zerlegen und durch normale Photosynthese als Sauerstoff wieder in die Luft abgeben können, wodurch rund 150 Kilogramm Kohlendioxid im Jahr gebunden werden sollen – so die Green City-Rechnung.
Die grünen Wände sollen auch die Luft abkühlen
Ferner sollen die Wände die Luft in der Umgebung herunterkühlen können: Die Pflanzen und Moose nehmen Wasser aus einem Tank auf und verdunsten dieses wieder.
Je größer die Oberfläche, desto kühler die Luft. Durch Tests in der Klimakammer habe man herausgefunden, welche Moose und Pflanzen für welche klimatischen Bedingungen am besten geeignet sind, so Sänger.
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv), Standort Schuir, steht den Mooswänden indes kritisch gegenüber.
„Es gibt bisher keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass die Pflanzen und Moose Feinstaub und Stickstoffdioxid filtern können“, erklärt Sprecherin Birgit Kaiser de Garcia. Die Forschungen von Green City Solutions stützen sich laut Lanuv nur auf Labortests.
Test sollen Wirksamkeit der „City Trees“ beweisen
Auch interessant
Die Firma kündigt eine zweijährige Messaktion ab Mai an sechs „City Trees“ in Italien an, um die Wirksamkeit zu überprüfen. Die Lanuv-Experten sind gespannt. Kaiser de Garcia: „Man sollte besser dafür sorgen, dass nicht so viel Feinstaub und Stickstoffdioxid in die Luft gelangen.“
Finanziert wurden die 25 000 Euro teuren „Stadtbäume“ übrigens von der Deutschen Bahn. Sie möchte damit die „Grüne Hauptstadt Europas“ unterstützen. Bis Oktober bleiben die Mooswände am Hauptbahnhof, dann werden sie in einer anderen Stadt aufgestellt.