Essen. . Nach den Schüssen in Huttrop ist die Sorge vor einer Fortsetzung der blutigen Libanesen-Fehde groß. Das Opfer ist der Bruder verurteilter Mörder.

  • Beschossener Abdulhamid M. ist im April in der City niedergestochen worden
  • Seine Brüder schossen anschließend einen 21-Jährigen auf der Friedrich-Ebert-Straße nieder
  • Die beiden und der Sohn des Beinahe-Opfers von Huttrop wurden zu langen Haftstrafen verurteilt

Nach den heimtückischen Schüssen auf ein libanesisches Paar in Huttrop ermittelt die Polizei Essen in alle Richtungen – doch eine Sorge umtreibt die Essener Mordkommission besonders:

Bislang ist nicht auszuschließen, dass bei dem Mordversuch eines oder mehrerer Heckenschützen am Montagabend auf der Kaisershofstraße ein weiteres Kapitel jener blutigen Fehde libanesischer Familien aufgeschlagen wurde, die mit dem Mord an einem 21-Jährigen im April in der Innenstadt eine bis dahin unvorstellbare Stufe der Gewalteskalation erreichte. Noch ist es ein Verdacht, doch er ist nicht aus der Luft gegriffen.

Mordanschlag und Messerstiche galten Abdulhamid M.

Abdulhamid M. (rechts, am 23. September im Essener Landgericht) wurde am 9. April bei einer Messerstecherei lebensgefährlich verletzt. Am 12. Dezember wurden in Huttrop Schüsse auf ihn abgefeuert.
Abdulhamid M. (rechts, am 23. September im Essener Landgericht) wurde am 9. April bei einer Messerstecherei lebensgefährlich verletzt. Am 12. Dezember wurden in Huttrop Schüsse auf ihn abgefeuert. © Kerstin Kokoska

Denn schnell fanden die Ermittler heraus: Bei dem Mann, der sich am frühen Montagabend mit seiner Freundin (38) vor dem Kugelhagel in ein Mehrfamilienhaus an der Kaisershofstraße entlang der A 40 retten konnte, handelt es sich um Abdulhamid M., der schon einmal zum Opfer eines Verbrechens wurde: Der 44-Jährige war am 9. April auf der Limbecker Straße lebensgefährlich durch Messerstiche verletzt worden.

Diese Bluttat gilt nach wie vor als Auslöser für die letztlich tödlichen Schüsse auf einen 21 Jahre alten Libanesen auf der Friedrich-Ebert-Straße am Abend des 9. April.

Abdulhamid M. ist nach Erkenntnissen der Behörden der Bruder der beiden Täter Mahmoud M. (47) und Mohamad M. (36).

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Sie sind nach dem Mord aus „Blutrache“, so ein Richter, am 9. Dezember erst zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Bei dem mitangeklagten Neffen (21), der wegen Beihilfe zum Mord für siebeneinhalb Jahren ins Gefängnis geschickt wurde, handelt es sich nach Erkenntnissen der Ermittler um den Sohn des 44-Jährigen, dem am Montag in Huttrop aufgelauert wurde.

Männer werden dem „Al Kadi“-Clan zugerechnet

Sie alle werden dem „Al Kadi“-Clan zugerechnet, dem die Polizei kriminelle Machenschaften nachsagt.

Die Tatorte der Libanesen-Fehde am 9. April in der Essener City.
Die Tatorte der Libanesen-Fehde am 9. April in der Essener City.

Ob die im Frühjahr auf offener Straße mit tödlicher Gewalt ausgetragenen familiären Feindschaften tatsächlich der Auslöser für den gescheiterten Versuch eines neuen Verbrechens sind, kann die Polizei noch nicht mit Bestimmtheit sagen.

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Sie trifft zurzeit auf eine Mauer des Schweigens. In dieser Gemengelage ist es für die Ermittler deshalb genauso denkbar, dass der oder die Täter dem 44-Jährigen und womöglich auch seine Begleiterin auf der Kaisershofstraße aus ganz anderen Gründen ins Jenseits befördern wollten.

„Wir glauben, dass der oder die Täter gewartet haben“

Dass jemand die feste Absicht hatte – daran zweifeln die Ermittler nicht. „Wir glauben, dass der oder die Täter gewartet haben“, sagte Polizeisprecher Peter Elke am Mittwoch: „Es könnte ein Hinterhalt gewesen sein. Das Paar wurde hinterrücks beschossen.“

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Wie viele Kugeln abgefeuert worden sind, will die Polizei nicht öffentlich machen. „Es waren mehrere“, so Elke, die in eine Hausfassade und eine Eingangstür einschlugen.

Furcht vor libanesischen Clans

Was auch immer die Ermittlungen der Mordkommission am Ende zu Tage fördern – viele Anwohner der Kaisershofstraße sind nach den Zwischenfällen schockiert.

Ein Familienvater, der seit elf Jahren dort wohnt, traut sich abends nicht mehr vor die Tür. Zu unsicher sei die Situation in dem Straßenzug inzwischen geworden, sagt er. Seinen Namen will er aus Furcht vor den libanesischen Clans in Essen nicht nennen.