Essen. Es gibt neue Zahlen zur Flüchtlings-Verteilung in Essen, die zeigen: So groß sind die Unterschiede zwischen dem Norden, Süden, Westen und Osten der Stadt nicht.
Die Diskussion um eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge übers Essener Stadtgebiet ist so alt wie die Klage der Bürger nördlich der A 40: „Immer der Norden“, heißt es schnell, wenn es um den Neubau von Zeltdörfern, die Umwidmung von ehemaligen Schulen in Behelfsunterkünfte oder auch die Planung von neuen Standorten zur Unterbringung der Menschen geht. Die oft zitierte soziale Balance ist in der Wahrnehmung vieler schon seit längerem eher eine Schieflage, die den Süden schont und – wie berichtet – zuletzt den Osten der Stadt besonders belastete.
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Doch das Bild hat sich in den vergangenen zwei Jahren arg gewandelt, zeigt eine neue Zusammenfassung jener statistischen Daten, die Sozialdezernent Peter Renzel der Politik am Mittwoch „zur freundlichen Kenntnisnahme“ zur Verfügung stellte, um zu veranschaulichen, wie sich die 132 836 „Einwohner mit Migrationshintergrund“ und die über 9000 „Flüchtlinge in Einrichtungen“ tatsächlich über Essen in Relation zur deutschen Bevölkerung verteilen.
Zahlen sind keine Momentaufnahme
Um es kurz zusammenzufassen: Im Süden der Stadt (Bezirke II, VIII, IX) machen 1967 Flüchtlinge in Unterkünften einen Anteil von 1,3 Prozent an der Gesamtbevölkerung aus, im Norden (V, VI) sind es bei 1962 Neunankömmlingen 1,8 Prozent. Im Westen (III, IV) sind 2294 Menschen untergebracht, was einer Quote von 1,3 Prozent entspricht, im Osten (VII) sind es 1,4 Prozent bei 980 Schutzsuchenden.
Die höchste Dichte von Flüchtlingen (1856) ist im bevölkerungsärmsten Stadtbezirk I, also in Essens Mitte, auszumachen: Sie liegt dort bei 2,8 Prozent. Bis auf diese eine Ausnahme definiert sich die soziale Balance nach den vier Himmelsrichtungen also durch die Stellen hinterm Komma. Die Unterschiede sind, jedenfalls nach dieser Definition, eher marginal.
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Dabei sind die Zahlen nicht nur eine Momentaufnahme, sondern erlauben auch einen Blick in die Zukunft. Denn in der Statistik sind neben bestehenden Unterkünften bereits jene Einrichtungen berücksichtigt, die noch nicht belegt oder noch gar nicht gebaut sind – wie die sechs beschlossenen Dauerstandorte inklusive ihrer Nachverdichtung um 700 Plätze oder alle zehn Flüchtlingsdörfer, auch wenn drei davon noch nicht stehen, die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Fischlaken, die ab Januar mit bis zu 800 Neuankömmlingen belegt wird, oder die LVR-Klinik an der Barkhovenallee in Heidhausen.
Unterschiede zwischen den „fünf Essener Himmelsrichtungen“
Deutlicher als bei den Flüchtlinge werden die Unterschiede zwischen den „fünf Essener Himmelsrichtungen“, so Peter Renzel, beim Blick auf die Zahlen der Nichtdeutschen und Menschen mit einer doppelten Staatsangehörigkeit in Wohnungen. Im Norden ist das fast jeder Dritte, im Süden noch nicht einmal jeder Zehnte. Im Osten stellen die zugewanderten Bürger einen Anteil von rund 23, im Westen von rund 22 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Die meisten Einwohner mit einer Zuwanderungsgeschichte sind im Stadtbezirk I zu finden: 24 824 Menschen kennt die Statistik, was einer Quote von exakt 37 Prozent entspricht.
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Peter Renzel ist klar, dass all diese Zahlen rein technischer Natur sind und letztlich nichts über die „Qualität der Bevölkerungsstruktur“ aussagen. Sind die Menschen gut, böse, arm oder vermögend, eine Bereicherung oder eine Belastung für ihr Quartier, gehen sie einer Arbeit nach oder nicht – all das bleibt offen. Doch interessant genug als Grundlage für künftige Diskussionen ist die Erhebung, die mit dem Amt für Statistik erarbeitet wurde, wohl allemal.